So heiß wird der 1. Mai in Berlin, alle Demos, alle Aktionen
„Revolutionäre Demonstration“ am 1. Mai gegen neuen CDU/SPD-Senat. Im Vorfeld rekrutieren Linksautonome in Neukölln Randalierer und Krawalltouristen.

Insgesamt 30 Veranstaltungen laufen rund um den 1. Mai in Berlin. Allein durch revolutionäre Demonstrationen könnte es an dem heutigen Feiertag wieder reicht heiß hergehen. Die ersten Anzeichen gab es bereits am Vortag am Abend der Walpurgisnacht. Während eine erste Demonstration im Wedding friedlich verlief, gab es während eine Protestzuges in Kreuzberg Krawalle. Flaschen und Böller flogen gegen Polizisten. Es gab Festnahmen. Die Polizei war mit über 3400 Beamten im Einsatz. Am 1. Mai sollen es doppelt so viele Polizisten sein, die teilweise auch aus anderen Bundesländern kommen.
Bis zu 15.000 Teilnehmer erwartet die Berliner Polizei bei der linken und linksradikalen Demonstration am Abend des 1. Mai. Der 1. Mai sei nach wie vor der Symboltag für die linksradikale Szene, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Freitag im RBB-Inforadio. Politische Themen wie hohe Mieten, Ukraine-Krieg, Nahost-Konflikt und Inflation sorgen demnach für eine hohe Teilnehmerzahl.
Silvester 2.0: Jugend in Neukölln soll mit randalieren
Zudem versuche die linksautonome Szene, Jugendliche in Neukölln zur Teilnahme an der Demonstration und möglicher Randale zu bewegen, sagte Slowik. „Man versucht, die oft gar nicht so politische Jugend in Neukölln anzusprechen und sie zum Mitrandalieren aufzufordern.“ Es gebe auch Plakate mit der Aufschrift „Silvester 2.0“. Die Polizei habe bei sogenannten Gefährderansprachen auch Verdächtige aus der Silvesternacht vor der Teilnahme gewarnt.
Eine Zusammenarbeit zwischen Klimaschutz-Demonstranten und Linksradikalen sei hingegen unwahrscheinlich, sagte Slowik. Die Klimaaktivisten hätten immer betont, dass sie friedlich seien.
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Der Feind als Nachbar: Die Kotti-Wache ist Hotspot am 1. Mai
Der Hotspot der diesjährigen linken und linksradikalen Demonstration am Abend des 1. Mai in Berlin ist klar: die neue Polizeiwache direkt am Kottbusser Tor in Kreuzberg. Auf der Karte der Organisatoren sind der Anfangs- und Endpunkt der „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ markiert und als dritter Punkt am „Kotti“ als „Bullenwache“ bezeichnet. Die traditionelle Demonstration linksradikaler Gruppen beginnt wie immer um 18 Uhr, diesmal in Neukölln auf der Hermannstraße, wie das Veranstalter-Bündnis in seinem Aufruf mitteilte.
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Demo endet am Oranienplatz in Kreuzberg
Sie führt dann über Hermannplatz, Karl-Marx-Straße, Sonnenallee und Kottbusser Damm zum Kottbusser Tor und Oranienplatz. Schon im vergangenen Jahr, als die Polizeiwache in dem Hochhaus über der Adalbertstraße noch im Bau war, schützte die Polizei den Bereich besonders mit Gittern und vielen Polizisten.
Auch dieses Jahr ist dort wieder mit Absperrungen zu rechnen. Die Berliner Polizei wird wie jedes Jahr wegen der vielen Veranstaltungen mit insgesamt einigen Tausend Polizisten im Einsatz sein, darunter auch Verstärkung aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei.
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Richter schieben Extra-Schichten am 1. Mai
Auch bei der Justiz gilt der 1. Mai als Großlage, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Beim Bereitschaftsgericht am Tempelhofer Damm sind dann vom 30. April bis 2. Mai in der Regel alle fünf Richterinnen und Richter im Dienst, es gibt eine gesonderte Rufbereitschaft mit jeweils zwei Richtern in der Nacht. Erfahrungsgemäß fällt die meiste Arbeit am 2. Mai an. Da das ein Wochentag ist, ist aus Sicht der Justiz keine weitere Aufstockung nötig.
In den letzten Jahren weniger Krawalle
Seit 1987 kam es am 1. Mai in Kreuzberg bei abendlichen Veranstaltungen und Demonstrationen immer wieder zu Gewaltausbrüchen von Linksautonomen und Straßenschlachten mit der Polizei. In den vergangenen mehr als zehn Jahren beruhigte sich die Lage weitgehend. 2021 endete die Demonstration allerdings bereits auf der Sonnenallee in Neukölln, weil dort zahlreiche Teilnehmer randalierten. 2022 erreichte der Demonstrationszug mit mehr als 10.000 Teilnehmern ohne größere Zwischenfälle den Oranienplatz, wo es kleinere Auseinandersetzungen mit der Polizei gab.
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In diesem Jahr schrieben die Veranstalter der 18-Uhr-Demonstration in ihrer Ankündigung mit Blick auf den neuen Berliner Senat: „Wir wünschen der kommenden CDU/SPD-Koalition in Berlin viele medienwirksame Skandale vor ihrem schnellen Ende. Dazu werden wir am 1. Mai beitragen.“
Satire-Demo im Grunewald am Nachmittag des 1. Mai
Schon am Nachmittag des 1. Mai wollen linke Gruppen mit satirisch-bunten Aktionen und Demonstrationen durch den Villen-Stadtteil Grunewald ziehen. In Anspielung an die Demonstrationen um den Kohlebergbau in Lützerath wurde angekündigt, dass Villenviertel Grunewald werde abgebaggert. „Der Wille zur Jacht und die Villen der Macht sind verantwortlich für die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Hier müssen wir ansetzen. Ab jetzt wird die richtige Kohle abgebaggert.“
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Geleitet wird die Aktion von der „RWE – Reichtum wird enteignet“. Ein Video zu dem Protest ist aufgemacht wie Werbefilme der Energie- und Stromkonzerne. Beteiligt an den Aktionen und Demonstrationen sind auch Klimaschutz-Gruppen wie Letzte Generation und Fridays for Future, aber auch die als linksextrem eingestufte Interventionistische Linke.
Gewerkschaften und Parteien demonstrieren ebenfalls
Weitere große Demonstrationen am 1. Mai sind wie üblich von Gewerkschaften und verschiedenen Parteien wie die Linke angekündigt.
Das früher so beliebte Kreuzberger „MyFest“ mit Zehntausenden Besuchern und völlig überfüllten Straßen in Kreuzberg findet nicht statt. Der Bezirk und die Organisatoren stritten sich zuletzt noch.
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Das „MyFest“ war 2003 gegründet worden, um 1.-Mai-Demonstration und Gewaltausbrüche von der Oranienstraße fern zu halten. In den folgenden Jahren wurde das Fest immer größer, den ganzen Tag und die halbe Nacht feierten Tausende Menschen lautstark und hinterließen riesige Müllberge und zerstörte Grünflächen. Die Anwohner waren genervt, der von den Grünen geführte Bezirk wollte die Feierei nicht mehr.

MyFest in Kreuzberg findet wieder nicht statt
Der Veranstalterverein warf Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) in einem offenen Brief „bezirkliche Hinhaltepolitik“ und „fehlende Unterstützung“ vor. Herrmann habe mit „formalen und unglaubwürdigen Finessen“ das Stadtteilfest abgewürgt. Das Bezirksamt erwiderte, der Verein sei nicht bereit gewesen, „das Fest entlang der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu planen“. Erwartet wird aber trotzdem, dass sich zahlreiche Menschen in den Straßen rund um die Oranienstraße zum Trinken, Essen und Feiern versammeln.
Demos am 1.-Mai-Wochenende im Überblick
Bereits am Sonntagabend, dem Vorabend des 1. Mai, ziehen zwei linke Demonstrationen durch die Stadt. Ab 16 Uhr heißt es in Wedding zwischen Seestraße und Pankstraße: „Frieden statt Kapitalismus – Wettrüsten stoppen und Armut beenden“. Abends demonstrieren Frauen in Kreuzberg: „Take back the night. Queer-feministische Demonstration“.
Weitere Demonstrationen u.a. der linksextremen Szene am 1. Mai: 10 Uhr „Rave zum revolutionären 1. Mai. Zur Sonne – zur Freiheit“ (Mariannenplatz); 12 Uhr beginnt das 1.-Mai-Fest der Linkspartei auf dem Mariannenplatz.
Ab 12 Uhr Demonstration und weitere Aktionen von linken Gruppen im Villen-Stadtteil Grunewald: „1. Mai im Grunewald Reichtum wird enteignet“.
16 Uhr, Kundgebung „Gegen Geschichtsklitterung von AfD & Co. – der AfD den 1. Mai vermiesen“ (VVN-BdA Bundesvereinigung, Magdalenenstraße 19, 10365).
18 Uhr, Demonstration linker und linksradikaler Gruppen: „Revolutionärer 1. Mai“ (Hermannstraße/Flughafenstraße–Karl-Marx-Straße–Sonnenallee–Kottbusser Damm–Oranienplatz).
10 Uhr, Treff zur Demonstration und Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Tag der Arbeit unter dem Motto „Ungebrochen solidarisch“ am Platz der Vereinten Nationen, 11 Uhr startet die Demo. Um 12 Uhr findet eine Kundgebung am Roten Rathaus mit Jörg Hofmann, erster Vorsitzender der IG Metall, statt.
In Berlin Hohenschönhausen findet außerdem ab 13 Uhr das Familienfest „Bunte Platte“ für ein weltoffenes und tolerantes Hohenschönhausen satt. Das Familienfest wird vom Verein für aktive Vielfalt organisiert und vom Bezirksamt Lichtenberg aus Mitteln der Bezirklichen Kulturförderung/Netzwerk der Wärme gefördert, Warnitzer-Bogen-Park (Vincent-van-Gogh-Straße/Falkenberger Chaussee, 13057).