Nicht hinter jeder Zeitung steckt ein kluger Kopf: der Angeklagte Nermin M. (44) mit Anwalt.
Nicht hinter jeder Zeitung steckt ein kluger Kopf: der Angeklagte Nermin M. (44) mit Anwalt. Pressefoto Wagner

Er war 90 Jahre alt, als ihn ein falscher Polizist die Treppe hinunterstieß: Willi S., heute 93, und seine Frau (87) kamen als Zeugen ins Gericht – und beeindruckten.

Seinen Gehstock hängte Willi S. an die Stuhllehne, dann ein prüfender Blick zu Nermin M. (44) auf der Anklagebank. War es der eher kräftige Mann mit Bart, der angebliches Falschgeld abgeholt und ihn dann an der Haustür attackiert hatte?

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Willi S. hat die Schockanrufe und dann die schlimme Szene an seiner Haustür in Reinickendorf vor Augen. Doch er konnte dem Täter nicht ins Gesicht sehen: „Er trug eine Corona-Maske und eine Kapuze, war schlank, jung.“ Und sackte 3000 Euro ein.

Der Rentner zur Richterin: „Ein Hauptkommissar vom Betrugsdezernat wurde angekündigt.“

Der 14. Januar 2021. Willi S. und seine Frau Edith (Namen der Opfer geändert) wollten sich gerade bei einem Mittagsschläfchen ausruhen, als das Telefon klingelte. Edith S.: „Eine Männerstimme – ob ich auf der Bank gewesen wäre.“

Ein Lügennetz: Eine Bankmitarbeiterin sei eine Betrügerin, habe ihnen Falschgeld untergejubelt. Edith S. sollte ihr Bargeld aus dem Versteck holen und Geldschein-Nummern vorlesen. Die Seniorin: „Mir wurde es zu viel, ich holte meinen Mann.“

Er nahm den Hörer, hörte: „Packen Sie alles ein, gleich kommt jemand und holt es ab.“ Der Rentner zur Richterin: „Ein Hauptkommissar vom Betrugsdezernat wurde angekündigt.“ Tatsächlich kam kurz darauf gegen 14.45 Uhr ein Mann.

Der zeigte einen grünen Ausweis. Willi S.: „Ich wollte den genauer sehen, er hielt ihn aber fest, dann hat er mich gestoßen.“ Der Rentner stürzte die Treppe zum Keller hinunter. Zum Glück waren es nur wenige Stufen. Er erlitt Prellungen und eine Verletzung an der Hand.

Edith S. aber sicherte eine Spur: Der falsche Polizist hatte die Maske verloren 

Während der Attacke war noch immer ein anderer falscher Polizist am Telefon, gab Anweisungen: „Schildern Sie den Angriff, ich bin die Polizei.“ Doch der hochbetagte S. hatte den Schwindel durchschaut: „Sie sind ein Komplize!“

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Der Täter vor Ort raffte das Ersparte der Eheleute vom Tisch, rannte weg. Edith S. aber sicherte eine Spur: Der falsche Polizist hatte die Maske verloren. Die Seniorin: „Ich holte eine Plastiktüte, nahm einen alten Löffel und packte die Maske ein.“ Es wurde daran eine DNA-Mischspur entdeckt, die zu M. führte. Dieser schwieg im Prozess. Fortsetzung: 13. März.