Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hört auf. 
Senatsbaudirektorin Regula Lüscher hört auf.  Imago/Stefan Zeitz

Die langjährige Senatsbaudirektorin Regula Lüscher (59) hört auf. Der Senat hat am Dienstag beschlossen,  Lüscher zum 31. Juli 2021 in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Das teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen mit. Lüscher, gelernte Architektin und Stadtplanerin, wechselte 2007 aus der Schweiz nach Berlin, wo sie die Nachfolge von Hans Stimmann antrat. Die Stelle der Senatsbaudirektorin und Staatssekretärin soll erst nach den Wahlen wiederbesetzt werden.

„Ich habe die Entscheidung mit Bedacht getroffen und frühzeitig mit dem Regierenden Bürgermeister und dem Stadtentwicklungssenator abgestimmt, dass ich bis Ende Juli bleibe“, sagte Lüscher im Gespräch mit dem KURIER. Bis dahin wolle sie noch einige Themen abarbeiten. „So gibt es in der City-West noch ein paar Baustellen. Außerdem sind beispielsweise noch Fragen zum neuen Stadtviertel auf dem Areal des Flughafen Tegel und zur Gestaltung des Luisenblocks Ost im Parlaments- und Regierungsviertel zu klären“, erklärte Lüscher. „Mir ist wichtig zu sagen, dass es keine Differenzen zwischen dem Regierenden Bürgermeister, dem Senator und mir gibt“, sagte sie.

14 Jahre als Senatsbaudirektorin tätig

„Mehrere Gründe haben mich dazu veranlasst, das Amt zu verlassen“, so Lüscher. „Ich bin jetzt 14 Jahre als Senatsbaudirektorin tätig und habe das Gefühl, dass die Stadt an dem Punkt angekommen ist, den ich mir immer gewünscht habe: mit mehr Gemeinwohl, mehr Architekturqualität, mehr Partizipation und mehr Klimaschutz.“ Sie sei der Auffassung, dass sie die Arbeit „durchaus in jüngere Hände geben“ könne. „Außerdem möchte ich eine Ausbildung im künstlerischen Bereich machen“, sagte sie. Was genau, sei noch nicht spruchreif.

„Ein weiterer Grund ist, dass ich mehr Zeit mit meiner Familie haben will. Ich führe seit 14 Jahren eine Fernbeziehung mit meinem Mann, der in der Schweiz lebt.  Jetzt wollen wir uns wieder stärker nahe sein.“ Schließlich gebe es aber auch gesundheitliche Gründe. „Meinen Berliner Wohnsitz behalte ich“, so Lüscher. „Ich bin schließlich über die Jahre eine Berlinerin geworden. Seit 2016 mit doppelter Staatsangehörigkeit.“

Einsatz für die Ost-Moderne

Lüscher steht für eine moderne Architektur, die sich am Bauhaus orientiert. Historische Rekonstruktionen gehören nicht dazu. Die Gestaltung der Europacity am Hauptbahnhof als gemischt genutztes Stadtviertel mit moderner Architektur fällt in ihre Amtszeit, ebenso wie der Bau zweier Hochhäuser am Breitscheidplatz. Dem Bau weiterer Hochhäuser auf dem Karstadt-Areal am Kudamm lehnte sie dagegen ab – ebenso wie das von ihr berufene Baukollegium, das Lüscher in wichtigen Fragen der Stadtgestaltung berät. Am Alexanderplatz setzte sich Lüscher für den Erhalt von Gebäuden der Ost-Moderne ein. 

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) würdigte Lüscher. „Als Stadtentwicklungssenator habe ich mit Regula Lüscher eine Senatsbaudirektorin an meiner Seite gehabt, die mit viel Erfahrung, Einfühlungsvermögen, kreativen Ideen auch für Prozesse der Beteiligung, viel Charme und Durchsetzungsvermögen in einem manchmal rauen Umfeld gezeigt hat, dass sie ihre Frau steht», sagte er. Gerade in Berlin wolle das etwas heißen. «Ich möchte mich für die vielen anregenden Gespräche, kreativen Ideen und dafür, dass Regula Lüscher einen großen Anteil daran hat, wie sich das Gesicht Berlins in den letzten 14 Jahren entwickelt hat, bedanken», so Müller.

Lob vom Senator, Kritik von Verein 

Ähnlich äußerte sich Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke). «Die Zusammenarbeit mit Regula Lüscher habe ich immer als große Bereicherung empfunden», sagte er. «Sie hat in Berlin ihre Spuren hinterlassen, im Stadtbild und in unserer Verwaltung.» Als Senatsbaudirektorin habe sie sich der Schönheit Berlins verschrieben, ohne dabei das Thema Nachhaltigkeit aus den Augen zu verlieren. «Dass das neue Stadtquartier auf der Fläche des ehemaligen Flughafens Tegel rein aus Holz gebaut werden wird, ist ihr Verdienst», so Scheel.

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Der Verein Berliner Historische Mitte vermisst dagegen bei Lüscher den Einsatz für das alte Berlin. «Leider hat Regula Lüscher bis heute nicht ganz Vokabular und Grammatik von Berlin erlernt oder gar übernommen“, sagte Vereinschefin Annette Ahme. „Die flächenhafte Bebauung Berlins im Mietshausstil zwischen Gründerzeit und Erstem Weltkrieg hat sich als unglaublich nachhaltig, fortschrittlich, klimagünstig und flexibel für alle Lebensformen bewiesen und etabliert, dass man gut daran getan hätte, diese Qualitäten zu betonen, zu schützen und darauf aufbauend weiterzuentwickeln“, so Ahme. „Bis heute vermissen wir den flächendeckenden Schutz dieser Bebauung, die seit den 80er-Jahren in Ost und West neu zurückentdeckt, rehabilitiert und revitalisiert wurde.“ Auch der Schutz des dazu gehörenden Straßenraums mit historischem Pflaster und historischem Mobiliar gehöre hierzu – „damit der Charme von Berlin für ewige Zeiten bewahrt und belebt bleibt“, so Ahme.