<br>Schülerinnen einer fünften Klasse üben für die Klassenfahrt Rettungsschwimmen.<br>

Schülerinnen einer fünften Klasse üben für die Klassenfahrt Rettungsschwimmen.
Berliner Kurier / Markus Wächter 

Arschbombe, Bauchklatscher, Bahnen kraulen und Tauchen bis zum Grund. Es gibt kaum etwas Besseres, als im Sommer schwimmen zu gehen. Doch wenn die Gluthitze die Menschen in Freibäder und an die Seen lockt, steigt auch die Gefahr für Nichtschwimmer. Geschlossene Hallen und ausgefallener Schwimmunterricht erhöhten in den vergangenen Monaten die Zahl der Kinder, die sich nicht allein sicher über Wasser halten können.

In Berlin könnten zum Endes des Schuljahres geschätzt fast 100.000 Schüler der ersten bis dritten Klassen betroffen sein. Zwar bieten Schwimmvereine und Schulen nun verstärkt Sommerkurse an, und der Senat gibt Geld aus dem Programm „Aufholen nach Corona“ dafür. Doch die lebenswichtige Aufholjagd nach der Corona-Pause dürfte sich in den Becken eher zum Langstrecken-Schwimmen entwickeln.

Guido Kersten ist Präsident der Berliner Wasserratten 1889 e. V., einem von rund 80 Vereinen, die in Berlin Schulkindern das Schwimmen beibringen. Er weiß, dass es schon vor Corona normalerweise etwa vier bis sechs Nichtschwimmer in jeder Klasse gab. Doch die Pandemie habe das Verhältnis umgekehrt, sagt Kersten. „Jetzt sind es vier bis sechs Kinder pro Klasse, die schwimmen können.“

„Im Schuljahr 2019/2020 konnten zwischen 25.000 und 27.500 Kinder nicht ausgebildet werden“, rechnet Kersten. Im folgenden Jahr seien noch einmal 35 000 Kinder dazu gekommen.

Sicher Abtauchen: Schwimmen macht nicht nur Spaß sondern ist lebenswichtig, wenn man ins Wasser geht.<br>
Sicher Abtauchen: Schwimmen macht nicht nur Spaß sondern ist lebenswichtig, wenn man ins Wasser geht.
Berliner Kurier / Markus Wächter

Dabei waren vor der Pandemie die Nichtschwimmerquoten gerade gesunken: von 19 Prozent auf 16,4 Prozent der Schüler, die in der dritten Klasse am Schwimmunterricht teilgenommen haben im Jahr 2019.

Dass zuletzt mehr Kinder Schwimmen lernten, liegt auch am Engagement von Frauen wie Daniela von Hoerschelmann und Nicole Hilarius. Auch in diesem Sommer setzen die Schwimmtrainierinnen alles daran, vielen Kindern das Springen, Tauchen und Schwimmen beizubringen.

Eine dritte Klasse befindet sich gerade im tiefen Becken des Kombibads in der Gropiusstadt. „Die Kinder machen einen Kurs zur Nachschulung“, sagt Daniela von Hoerschelmann. Und auch die Kinder der fünften Klasse einer Grundschule in Rudow wollen noch ein bisschen mehr Routine im Wasser bekommen und Rettungsschwimmen üben, bevor sie demnächst auf Klassenreise gehen. Die Lehrerin hat ein Schwimmprojekt beim Verein Neuköllner Schwimmbär organisiert.

Daniela von Hoerschelmann (l.) und Nicole Hilarius hatten die Idee zum Projekt Neuköllner Schwimmbär.<br>
Daniela von Hoerschelmann (l.) und Nicole Hilarius hatten die Idee zum Projekt Neuköllner Schwimmbär.
Berliner Kurier / Markus Wächter 

Hoerschelmann und Hilarius haben den Projektverein Neuköllner Schwimmbär e. V. gegründet und seither über 8000 Kinder im Wasser begleitet. „Wir gehen immer mit rein“, sagen die beiden Frauen. In diesen Sommerferien werden 1440 Plätze in einwöchigen Kursen vom Schwimmbär vergeben. „Die erste Woche ist schon komplett ausgebucht“, sagt Daniela von Hoerschelmann.

Dennoch sei es eine Illusion, zu glauben, dass jedes Kind in Berlin schwimmen lernt. Das Angebot an Kursen kann noch so ambitioniert sein, alle erreicht man damit nicht. Ein weiteres Problem seien oft die Eltern.

„Wer seine Kinder nicht spielerisch ans Wasser gewöhnt, tut ihnen keinen Gefallen“, so Hilarius. Hart aber herzlich und in den allermeisten Fällen erfolgreich, so kann man ihre Arbeit beschreiben: Erst heute hat wieder ein Mädchen das Bronzeabzeichen erschwommen. Kopfsprung, 15 Minuten am Stück schwimmen. „Die geht nicht mehr unter“, sagt Nicole Hilarius.

Innerhalb einer Woche Schwimmen lernen

Hoerschelmann und Hilarius kennen ihre Pappenheimer. Die Kinder, die noch nie im Schwimmbad waren, die die sich nicht trauen, Wasser ins Gesicht zubekommen. „Innerhalb von einer Woche bringen wir allen das Schwimmen bei.“, sagen die beiden. Einen Hinweis für den Sommer wollen sie den Eltern von Nichtschwimmern noch geben: wer nicht schwimmen kann, den sollte man nicht alleine an einen See lassen. „Das Smartphone ist der größte Feind in dieser Hinsicht“, sagt Daniela Hoerschelmann. Und auch das Seepferdchen-Abzeichen sei längst keine Versicherung, dass ein Kind sicher schwimmen kann. „Das ist ein Motivationsabzeichen, mehr nicht“, so von Hoerschelmann.

Sommerkurse in 12 Berliner Bädern

Damit die Welle von Nichtschwimmern kleiner wird, können sich Interessierte für Sommerkurse anmelden: 17  Schwimmvereine bieten Kurse für über 8.000 Kinder an. Jeder Kurs dauert fünf Tage, jeden Tag 45 Minuten. Sechs Schwimmvereine organisieren inklusive Kurse für insgesamt fast 5.000 Kinder mit und ohne Behinderungen. Alle Kurse sind kostenlos, viele davon sind jedoch schon ausgebucht. Anmeldungen nimmt die Sportjugend im Landessportbund Berlin: www.schwimmkurse-sportjugend.de entgegen.  Im Herbst soll es weitere Nachholkurse geben.