Für 830 Millionen Euro
Schwedischer Investor will fast 4000 Wohnungen in Berlin kaufen
Der Vertrag wurde schon unterzeichnet. Doch die Bezirke können noch eingreifen. Sie haben für etwas mehr als die Hälfte der Häuser ein Vorkaufsrecht.

Die Tinte unter dem Kaufvertrag ist trocken - ob der Mega-Deal wie geplant zustande kommt, ist aber offen. Das schwedische Wohnungsunternehmen Heimstaden Bostad will in Berlin für rund 830 Millionen Euro 130 Immobilien mit 3902 Wohnungen, 208 Gewerbeeinheiten und 321 Parkplätzen erwerben. Das geht aus einer jetzt verbreiteten Mitteilung von Heimstaden hervor. Die genauen Adressen der Immobilien teilte Heimstaden nicht mit. Auf Anfrage der Berliner Zeitung erklärte das Unternehmen aber, dass die Häuser unter anderem in den Bezirken Mitte, Pankow, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg liegen.
Da sich etwas mehr als die Hälfte der Häuser laut Heimstaden in Milieuschutzgebieten befindet, ist noch unklar, ob diese Immobilien von dem schwedischen Unternehmen übernommen werden können. Denn in Milieuschutzgebieten haben die Bezirke ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Verhindern kann ein privater Erwerber die Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn er sich schriftlich zur Einhaltung besonderer Mieterschutzvorschriften verpflichtet und beispielsweise auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verzichtet. Abwendungsvereinbarung wird eine solche Verpflichtung genannt.
Für die Ausübung des Vorkaufsrechts hat der Bezirk zwei Monate Zeit. Wenn die Bezirke das Vorkaufsrecht anwenden, machen sie dies meist zu Gunsten einer landeseigenen Gesellschaft oder einer Genossenschaft. Das Problem: Die Kaufpreise sind mitunter so hoch, dass sich niemand mehr findet, zu dessen Gunsten der Bezirk das Vorkaufsrecht ausüben kann. Deswegen gibt es private Erwerber, die keinen Grund mehr sehen, eine Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen. Manche Häuser geraten deshalb ohne zusätzlichen Schutz in neue Hände. Dann gilt aber immer noch der normale Milieuschutz.
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Der tägliche Wohn-Wahnsinn in Berlin
Eines der größten europäischen Wohnungsunternehmen
Heimstaden ist mit rund 100.000 Wohnungen in sechs Ländern eines der führenden europäischen Wohnungsunternehmen. Hinter Heimstaden stehen als Eigentümer und Anteilseigner europäische Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen. Den Abschluss der Transaktion in Berlin erwartet das Unternehmen im vierten Quartal 2020 oder im ersten Quartal 2021.
Heimstaden antwortet auf Fragen, etwa dazu, für wie viele Wohnungen die Mieten nach der zweiten Stufe des Mietendeckels abgesenkt werden müssen, nur allgemein. So erklärt das Unternehmen, Heimstaden respektiere „ausdrücklich alle Vorschriften und Rechte zum Mieterschutz“ und habe „die Rahmenbedingungen in Berlin vor dem Kauf gründlich geprüft und berücksichtigt“. Der Erwerb der Wohnungen durch Heimstaden werde „keine negativen Veränderungen für die Mieterinnen und Mieter mit sich bringen.“
Heimstaden habe eine langfristige Anlagestrategie ohne kurzfristige Gewinnerzielungsabsicht. Das Unternehmen kaufe die Häuser nicht, um sie wieder zu verkaufen. „Sollten Immobilien in Eigentumswohnungen aufgeteilt werden, bedeutet dies nicht, dass wir diese veräußern“, so ein Unternehmenssprecher. „Wenn wir in einzelnen Fällen Wohnhäuser verkaufen, befinden sich diese in Gegenden, in denen wir nicht genügend Häuser haben, um unseren Kunden einen angemessenen Service zu liefern, der unseren Standards entspricht“, so der Sprecher.
Senatsverwaltung appelliert an Verantwortung des Käufers
Der geplante Wohnungsverkauf ist einer der größten Deals in Berlin in diesem Jahr. Wenke Christoph, die neue Staatssekretärin für Wohnen in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung appelliert an den künftigen Eigentümer: „Mit dem Erwerb von 3900 Wohneinheiten geht für Heimstaden auch die Übernahme von Verantwortung für den Berliner Wohnungsmarkt einher“, sagt sie. „Ein erster Schritt um dieser gerecht zu werden, wäre der Abschluss von weitgehenden mieterschützenden Abwendungsvereinbarungen für die in Milieuschutzgebieten liegenden Liegenschaften.“
Das Bezirksamt Neukölln prüft in einem Fall die Ausübung des Vorkaufsrechts, wie Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) sagt. „Wir stehen mit den betroffenen Mietern als auch den anderen Bezirken im regen Austausch“, sagt Biedermann. „Unser Ziel ist und bleibt es, Verdrängung zu verhindern.“ Es bleibe abzuwarten, ob Heimstaden seiner Ankündigung einer mieterfreundlichen und nachhaltigen Strategie auch Taten folgen lasse.
Mieterverein: Erwerb heizt Diskussion um Verlängerung des Mietendeckels an
Für den Berliner Mieterverein (BMV) macht der Verkauf klar, dass die Argumentation, Berlin werde durch den Mietendeckel für Investoren uninteressant, nicht greife. Wobei sich der Mieterverein Zurückhaltung durchaus gewünscht hätte. Dass Berlin weiterhin für Investoren interessant sei, liege daran, dass deren Blickwinkel auf einen längeren Zeitraum als die fünfjährige Geltungsdauer des Mietendeckels ausgerichtet sei.
Der Mietenstopp sei wegen der längeren Investitionsperspektive und der Befristung bis zum 31. Dezember 2021 - ab 2022 dürfen Vermieter die Miete in bestimmten Fällen um bis zu 1,3 Prozent erhöhen - ebenso wenig ein Hindernis wie die nur in Teilen wirksame Mietabsenkung überhöhter Mieten ab 23. November dieses Jahres. Ein Investment in der vorliegenden Größenordnung könne nur auf das Ende des Mietendeckels setzen, sagt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild: „Vermutlich ist den Investoren nicht klar, dass sie gerade durch den Erwerb die Diskussion um die Verlängerung des Deckels anheizen.“