Die kleinen Kätzchen werden unter schrecklichen Bedingungen transportiert und verkauft.
Die kleinen Kätzchen werden unter schrecklichen Bedingungen transportiert und verkauft. Foto: Stefan Klippstein

Dass es in Berlin große Probleme mit dem Welpenhandel gibt, ist bekannt – aber wussten Sie, dass es skrupellose Tierhändler inzwischen auch auf wehrlose Katzenbabys abgesehen haben? Davor warnt jetzt Tierschützer Stefan Klippstein. Er verfolgte in den vergangenen Monaten die Spur der Kätzchen, die auch in Berlin schamlos verhökert werden – und deckte die perfide Masche der Verkäufer auf.

Schon in den vergangenen Jahren habe er den Handel mit Katzen beobachtet, doch durch Corona hat sich die Lage extrem verschärft. Denn seit im polnischen Slubice, einem der Hauptumschlagplätze für Tierbabys, ein Corona-Ausbruch für Schlagzeilen sorgte, sind Tierhändler hier nicht mehr gern gesehen. „Das Geschäft hat sich damit ins Internet verlagert“, sagt Klippstein.

Seit Jahren setzt sich Tierschützer Stefan Klippstein gegen den Handel mit Haustieren ein.
Seit Jahren setzt sich Tierschützer Stefan Klippstein gegen den Handel mit Haustieren ein. Foto: Berliner KURIER/Sabine Gudath

In den letzten Monaten lag sein Fokus auf dem Handel mit Katzen. „In Berlin gibt es kaum Katzen-Nachwuchs, weil nicht so viele Tiere Freigänger sind. In Polen ist das anders: Hier leben Katzen, oft unkastriert, auf Bauernhöfen auf dem Land“, sagt Klippstein. Die Tiere können sich unkontrolliert vermehren. „Die Bauern wollen die Katzen loswerden, also gibt es zwei Möglichkeiten: Totschlagen oder verschenken.“ Für Tierarzt-Besuche sei der Geldbeutel oft zu klein.

Kunden bekommen Baby-Katzen wie eine Pizza geliefert

Tierhändler nutzen das aus: Sie klappern die Höfe ab, bekommen dort die Katzen-Kinder geschenkt, verkaufen sie dann in Berlin weiter. Preise zwischen 120 und 200 Euro werden aufgerufen. In Berlin seien die Hauptumschlagplätze die Bezirke Neukölln, Reinickendorf, Wedding und Spandau – teilweise werden Hunde und Katzen sogar an U-Bahnhöfen verkauft. „Und inzwischen gibt es sogar Händler, die liefern – man kann sich also ein Katzenbaby wie eine Pizza bestellen.“

Die meisten der Babys werden dadurch zu früh von der Mutter getrennt. „Ich habe das selbst ausprobiert, war auf polnischen Bauernhöfen und habe zweimal Katzen abgeholt. Sie waren alle verwurmt, verfloht, hatten Darmkeime“, sagt Klippstein. Zwar gebe es vereinzelt Grenzkontrollen, durch Corona sogar mehr als vorher. „Aber der Fokus liegt kaum auf Tieren, eher auf anderen Dingen.“ 

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In den Verkaufsangeboten werde noch dazu meist schamlos gelogen. „Es wird vorgegeben, dass die Kätzchen in der eigenen Wohnung liebevoll aufgezogen wurden – doch das ist nicht wahr“, sagt Klippstein. Noch dazu passen die Händler ihre Verkaufstaktiken immer weiter an. „Wenn in Zeitungsartikeln oder im Fernsehen davor gewarnt wird und Tierschützer sagen, die Käufer sollen sich vor einem Kauf das Muttertier zeigen lassen, wird eben ein falsches Muttertier vorgeführt.“

Die Kätzchen werden auf Bauernhöfen in Polen eingesammelt, dann teilweise an Berliner U-Bahnhöfen verkauft.
Die Kätzchen werden auf Bauernhöfen in Polen eingesammelt, dann teilweise an Berliner U-Bahnhöfen verkauft. Foto: Stefan Klippstein

Auch Tierschutzorganisationen warnen vor dem Handel mit den Tierbabys. „Der illegale Tierhandel aus Osteuropa betrifft leider nicht nur Millionen Hunde-, sondern auch Katzenwelpen“, sagt Daniela Schneider, Heimtier-Expertin bei „Vier Pfoten“. Die Kätzchen würden unter grausamen Bedingungen produziert, viel zu früh von ihren Müttern getrennt. „Zum Wohl des Tieres sollten Kätzchen erst mit 12 Wochen von ihren Müttern getrennt werden, doch häufig werden sie schon mit vier oder fünf Wochen weiterverkauft. Zu diesem Zeitpunkt ist weder die Grundimmunisierung gegen Krankheiten abgeschlossen, noch hatten die Kleinen ausreichend Zeit, richtiges Sozialverhalten zu lernen. Die Folge sind schwache, verängstigte Tiere.“

Wer ein Haustier will, sollte lieber ins Tierheim gehen

Die Tierschützer kämpfen schon lange gegen den Handel auf Online-Plattformen. Sie sollten laut Schneider „wirksame Maßnahmen einführen, mit der Händler verifiziert und die Herkunft aller Tiere zurückverfolgt werden kann“, sagt Schneider. Wer ein Haustier möchte, solle sich besser im Tierheim umsehen. „Denn hier kann man das Tier in Ruhe kennenlernen und schauen, ob der Charakter zu einem passt.“

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Auch Klippstein rät zum Tierheim-Besuch. Denn wer eine Katze als Haustier haben will, unterschätzt oft, was für organisierte Geschäftsleute hinter dem Welpenhandel stecken. „Aber es soll in den meisten Fällen einfach schnell gehen. Die Tierheime sind voller Katzen – aber hier ist die Tiervermittlung zurecht oft an Bedingungen geknüpft, die der zukünftige Halter erfüllen muss.“ Die Folgen können verheerend sein. Gefährlich wird es, wenn die gehandelten Katzen an Krankheiten leiden, die sich im neuen Haushalt auf andere Tiere übertragen können. „Man kann in jedem Fall nur davon abraten, ein Tier über Kleinanzeigen-Seiten im Internet zu kaufen“, sagt er.