Sawsan Chebli: „Ich wollte nie so arm sein wie meine Eltern“
Sie hätte es schon als Kind als demütigend empfunden, wenn sie ihre Eltern zum Sozialamt begleiten musste, sagt sie im Interview.

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Die SPD-Politikerin Sawsan Chebli tritt im Berliner Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf als Bundestagskandidatin an – so wie auch Michael Müller, Regierender Bürgermeister und ihr Chef. „Soll ich als Frau den Platz räumen, nur weil ein Mann Anspruch auf das Amt erhebt?“, fragt die 42-Jährige im Bunte-Interview. Und erklärt: „Die Bundestagswahl ist ein demokratischer Wettstreit. Ich bin vor 20 Jahren in die SPD eingetreten, weil ich mithelfen wollte, die Welt ein bisschen besser zu machen. Ich habe erlebt, welchen Einfluss Politik auf ein Leben haben kann. Die Tatsache, dass meine Eltern ihre Heimat verlassen mussten, dass sie 20 Jahre im Flüchtlingslager gelebt haben, dass wir staatenlos waren – all das war das Resultat von verfehlter Politik.“
Auf die Frage, ob sie als Kind den unbedingten Ehrgeiz zum Aufstieg hatte, sagt Chebli Bunte: „Ja, ich wollte nie so arm und abhängig sein wie meine Eltern. Ich wollte eigenes Geld verdienen, um nicht von Sozialhilfe leben zu müssen. Ich habe es schon als Kind als demütigend empfunden, wenn ich meine Eltern zum Sozialamt begleiten musste.“
Mit 12 Geschwistern in 2 Zimmern gewohnt
Im Oktober 2018 geriet Chebli wegen einer Luxusuhr in einen Shitstorm. Mit Hinweis auf ein vier Jahre altes Foto, auf dem sie eine Rolex trägt, wird ihr in den sozialen Medien Verschwendung von Steuergeldern vorgeworfen. Ein Facebook-User postete eine Fotomontage, der zur Folge die Uhr 7300 Euro kostet und schrieb dazu: „Alles was man zum Zustand der deutschen Sozialdemokratie 2018 wissen muss.“
Chebli konterte: „Wer von Euch Hatern (Hassern) hat mit 12 Geschwistern in 2 Zimmern gewohnt, auf dem Boden geschlafen&gegessen, am Wochenende Holz gehackt, weil Kohle zu teuer war? Wer musste Monate für Holzbuntstifte warten? Mir sagt keiner, was Armut ist. #Rolex“
Allerdings bekommt die SPD-Politikerin auch viel Zuspruch. Zahlreiche User beurteilen die Kritik als „typisch deutschen Neid“ oder schreiben, dass bei einem Mann niemand nach der Uhr fragen würde.
Chebli, gebürtige Berlinerin, kommt aus einer palästinensischen Familie. Sie war von 2014 bis 2016 stellvertretende Pressesprecherin des Auswärtigen Amts und ist jetzt Berlins Bevollmächtigte beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales.