Nach KURIER-Recherche

Russland-Sanktionen: Staatsanwalt ermittelt gegen Russisches Haus in Berlin

Hat das Russische Haus gegen die Russland-Sanktionen der EU verstoßen?

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Das Russische Haus steht unter Russland-Sanktionen.
Das Russische Haus steht unter Russland-Sanktionen.Imago/Nikito

Nun also doch! Die Berliner Staatsanwaltschaft hat im Zusammenhang mit den Aktivitäten des Russischen Hauses in der Friedrichstraße ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Geprüft werde, ob der Betrieb des Hauses gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoße, teilte Behördensprecher Sebastian Büchner am Freitag auf dpa-Anfrage mit, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Die Europäische Union hatte im Juli weitere Sanktionen gegen Russland wegen dessen Angriffskrieges in der Ukraine erlassen. Das Russische Haus wird von der Staatsagentur Rossotrudnitschestwo betrieben, die dem russischen Außenministerium untersteht. Sanktionierten Personen, Unternehmen oder, in diesem Fall, staatlichen russischen Akteuren ist es untersagt, Geld zu erwirtschaften.

Betreiber des Russischen Hauses darf keine Einnahmen erzielen

So darf Rossotrudnitschestwo das Russische Haus zwar weiter selbst nutzen. Aber: „Insbesondere dürfen eingefrorene Sachen nicht veräußert, vermietet, belastet oder anderweitig als Einkommensquelle genutzt werden“, so eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. „Verstöße gegen sanktionsrechtliche Bereitstellungs- und Verfügungsverbote können Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten darstellen.“ Im Klartext: Rossotrudnitschestwo darf keinen Cent mehr verdienen und darf nicht mehr über die eingefrorenen Vermögenswerte verfügen. Falls doch, droht ein Strafverfahren.

Das Russische Haus hat in den vergangenen Monaten bestritten, zu Rossotrudnitschestwo zu gehören. Jedoch liegen dem KURIER Screenshots von der Webseite und von früheren Publikationen des Russischen Hauses vor, die eine Zugehörigkeit nahelegen. Das Rechts-Portal LTO hatte in einem Artikel ebenfalls erläutert, dass das Russische Haus zu der Agentur gehört.

Für Filmvorführungen verkauft das Haus mittlerweile laut Angaben im Nachrichtendienst Telegram wohl keine eigenen Tickets mehr. Für Vorführungen eines beliebten Kinderfilms im Konosaal des Hauses verweist es auf externe Partner für einen Kartenerwerb. 

Ukrainer beim Protest gegen ein Fest am Russischen Haus.
Ukrainer beim Protest gegen ein Fest am Russischen Haus.Imago/snapshot

Will das Russische Haus Sanktionen umgehen?

Auch das könnte jedoch illegal sein, wie dem KURIER ein mit den Ermittlungen vertrauter Experte verrät. So könnte es sich durch die ergriffenen Maßnahmen um „Umgehungstatbestände“ handeln. Auch diese wären strafbar.

Wie der KURIER bereits im November berichtete, verbreitet das Russische Haus in Berlin weiter Putin-Propaganda. So wurde in dort gezeigten Filmen, die sich gegen den russischen Angriffskrieg wehrende Ukraine mit Nazideutschland verglichen. Auch hatte eine Recherche der Nachrichtenagentur Reuters ergeben, dass die Mutteragentur des Russischen Hauses kremltreuen Propagandisten Flugtickets für Reisen nach Russland finanziert hatte. Dort sollten sie sich mit anderen Aktivisten treffen. Sie verpassten den Flug jedoch laut Reuters.

Berichterstattung und Anzeige üben Druck auf Behörden aus

Da die Berliner Behörden bei den Ermittlungen lange untätig gewesen sein sollen, hat der Bund die Umsetzung nun einer Behörde des Zolls übertragen. Seit Januar ist die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung für die Russland-Sanktionen zuständig. Auf Anfrage des KURIER zum Fall Rossotrudnitschestwo heißt es aus dem übergeordneten Ministerium: „Zu Einzelfällen nimmt das Bundesministerium der Finanzen keine Stellung.“ Die Behörde ist also mit dem Fall vertraut, äußert sich jedoch nicht konkret.

Um auch die Berliner Behörden, die bei Verstößen gegen die Sanktionen als Strafvollzugsbehörde zuständig sind, anzutreiben, hat bereits im Dezember der frühere Grünen-Politiker Volker Beck Anzeige erstattet. Auf KURIER-Anfrage bestätigte Beck, er wolle mit der Anzeige vor allem etwas gegen die Untätigkeit der Behörden unternehmen. „Es geht darum, die Möglichkeiten der russischen Führung und ihrer Wirtschaft zu schwächen und den Krieg zu beenden“, so Beck. Es sei klar, dass das Russische Haus kein einfaches Kulturhaus sei. „Ziel ist nicht Einrichtungen russischer Kultur zu zerstören“, so Beck.

Es könne nicht sein, dass eine von der EU sanktionierte Kulturdependance in Deutschland Kreml-Propaganda betreibe, während im Krieg in der Ukraine täglich Menschen sterben, so Beck. Geprüft werden müssten auch mögliche Versäumnisse der zuständigen Berliner Behörden bei der Durchsetzung von Sanktionen. Über die Anzeige hatte das juristische Fachportal „Legal Tribune Online“ (LTO) zuerst berichtet.

Mit Material von dpa.