Mithilfe einer App wird auf einem Smartphone die Arbeitszeit des Arbeitnehmers erfasst.
Mithilfe einer App wird auf einem Smartphone die Arbeitszeit des Arbeitnehmers erfasst. Photothek/imago

Im vergangenen September erging ein bahnbrechendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts. Es besagt, dass zukünftig nicht nur Überstunden, sondern sämtliche Arbeitszeiten erfasst werden müssen. Sowohl die Politik als auch die Wirtschaft stellen sich nun die Frage, wie dies umgesetzt werden kann. Ideen gibt es bereits.

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Momentan liegt nur ein Referentenentwurf vor, den das Bundesarbeitsministerium im April vorgelegt hat, um das Urteil des Bundesarbeitsgerichts umzusetzen, schreibt der RBB. Dieser Entwurf sei aber eindeutig: „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen“, heißt es darin.

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Eine Zusammenfassung am Ende des Monats ist somit nicht mehr möglich, und die Verantwortung liegt eindeutig beim Arbeitgeber. Es ist klar, dass nun jeder Betrieb eine elektronische Lösung finden muss, um dieser Forderung nachzukommen. Da es sich jedoch nur um einen Gesetzentwurf handelt, findet parallel eine politische Diskussion statt, um die Sinnhaftigkeit und Praktikabilität dieser Maßnahme zu bewerten.

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Stechuhr: Eine kostengünstige elektronische Lösung könnte in Form einer App bestehen

Auch die Wirtschaft ist auf der Suche nach einer Lösung, um das Urteil des Arbeitsgerichts umsetzbar zu machen. Viele Baubetriebe, wie zum Beispiel Bauunternehmen, haben längst die Gewohnheit, die Arbeitszeit ihrer Maurer, Maler und Trockenbauer zu erfassen, da sie nach geleisteter Arbeitszeit entlohnt werden. Eine kostengünstige elektronische Lösung könnte nun in Form einer App bestehen, die vom Potsdamer German Deep Tech Institute entwickelt wurde.

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So lief’s früher: Eine Karte zur Arbeitszeiterfassung wird unter eine Stechuhr gelegt.
So lief’s früher: Eine Karte zur Arbeitszeiterfassung wird unter eine Stechuhr gelegt. Armin Weigel/dpa

Der Berliner Bauunternehmer Eckhard Schulte hat diese App bereits seit einem Jahr auf seinen Baustellen getestet, so der RBB. Seine Mitarbeiter drücken einen Start- oder Stopp-Button und melden sich auch für Pausen ab und wieder an. Schulte betont, dass sich niemand dadurch überwacht fühle: „Das war anfangs natürlich ein Thema. Aber die App überträgt das GPS-Signal nur in dem Moment, in dem sich die Person ein- und ausloggt. Ansonsten werden keine Bewegungsprofile erstellt oder ähnliche Dinge durchgeführt.“ Darüber hinaus funktioniere das GPS nur auf den zugewiesenen Baustellen.

Für Maurer Kevin Jänicke, den der RBB begleitete, beginnt der Arbeitstag normalerweise um sieben Uhr. Wenn er jedoch beispielsweise schon um 6.52 Uhr ankommt und sich einloggt, wird ihm auch diese Zeit vergütet. Sein Chef Eckhard Schulte argumentiert, dass dies auf jeden Fall gerechter ist als die früher üblichen pauschalen Standard-Arbeitszeiten.

Auch Jänicke ist zufrieden damit: „Es ist eine Erleichterung für mich: Ein Knopfdruck, und unser Büro hat sofort Zugriff auf die Daten und kann sie einsehen“, sagte er dem RBB. Zudem führt sein Chef ein weiteres Argument an: Berlin sei die Hauptstadt der sogenannten Teilzeitmaurer, die angaben, nicht in Vollzeit zu arbeiten. Mit einer App könne man nun besser nachverfolgen, wie viel Zeit sie tatsächlich auf den Baustellen verbringen und ob sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind – anstatt möglicherweise illegal schwarz weiterzuarbeiten.

Eckhard Schulte ist einer der wenigen Unternehmer, die sich zum Thema Arbeitszeiterfassung äußern, während die meisten Unternehmen, die dazu befragt werden, lieber schweigen. Dies liegt sicher auch daran, dass eventuelle Entscheidungen immer in Absprache mit den Betriebsräten getroffen werden müssen.

Leitende Angestellte brauchen keine Stechuhr

Zudem haben viele elektronische Zeiterfassungssysteme eine datenschutzrechtliche Komponente, die sorgfältig geprüft werden muss. Die Abgrenzung zwischen Erfassung und Überwachung ist schmal und darf nicht überschritten werden, so der RBB. Der vorliegende Gesetzentwurf ermöglicht es auch, auf die elektronische Erfassung zu verzichten, wenn sich das Management und die Betriebsräte darauf einigen können. Für kleinere Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern soll keine Verpflichtung zur elektronischen Aufzeichnung bestehen.

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Eins scheint allerdings schon jetzt sicher zu sein: Leitende Angestellte werden nicht verpflichtet sein, ihre Arbeitszeiten zu dokumentieren. Da die Regelung zur Arbeitszeiterfassung Teil des Arbeitszeitgesetzes sein wird, sind leitende Angestellte bereits als Ausnahme definiert.

Manager, Chefärzte und Leiter öffentlicher Dienststellen sind zum Beispiel bereits von diesem Gesetz ausgenommen. Auch häusliche Pflege und der liturgische Bereich von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften.