Landwirt Jan-Peter Vogel vom Naturgut Köllnitz am Großen Schauener See kümmert sich um eines seiner Rinder.
Landwirt Jan-Peter Vogel vom Naturgut Köllnitz am Großen Schauener See kümmert sich um eines seiner Rinder. dpa/Pleul

17 Grad, kein Regen, ein Sonne-Wolken-Mix: Der 1. Mai eignet sich prima als Ausflugstag. Wie wäre es mit einem Abstecher ins gut 60 Kilometer von Berlin entfernte Köllnitz? Dort kann man nicht nur angeln, wandern, Wasserbüffel, Rinder und Vögel beobachten, sondern auch hervorragend essen.

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Wie wäre es mit geräuchertem Saibling auf gerösteter Roter Bete mit Meerrettichcreme oder mit saftigem Schmorbraten an glasiertem Senfkohl und gerösteten Karotten? Wer sich diese Gerichte in der Köllnitzer Hofküche schmecken lässt, soll sich sicher sein, dass die meisten Zutaten direkt vor der Haustür geerntet, geschlachtet oder gefangen wurden.

Von der Weide direkt auf den Teller

Feld-See-Weide-zu-Tisch-Küche oder auch neudeutsch „From Farm to Table“ nennt sich das Konzept, nach dem hier nachhaltig und ökologisch gewirtschaftet wird. „Unsere Speisekarte wechselt deshalb auch alle zwei Wochen – je nachdem, was an Lebensmitteln gerade saisonal reif ist“, sagt Chefkoch Stefan Ziegenhagen.

Landwirt Jan-Peter Vogel (v.l.), Küchenchef Stefan Ziegenhagen und Fischer Frederik Buhrke vom Naturgut Köllnitz am Großen Schauener See stehen vor dem Restaurant Köllnitzer Fischerstuben.
Landwirt Jan-Peter Vogel (v.l.), Küchenchef Stefan Ziegenhagen und Fischer Frederik Buhrke vom Naturgut Köllnitz am Großen Schauener See stehen vor dem Restaurant Köllnitzer Fischerstuben. dpa/Pleul

Das zu verarbeiten, was die Natur gerade hergibt, also eine „kulinarische Landwirtschaft“ zu betreiben, werde so noch nirgendwo in Brandenburg praktiziert, sagt Christian Vieth, Geschäftsführer des 150 Hektar großen Naturgutes Köllnitz in Groß Schauen (Oder-Spree). Das kann der Vize-Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL), Gerald Köhler, bestätigen: „Die Verbindung aus Fischerei und ökologischem Anbau vor Ort mit Fokus auf der direkten Nutzung der Lebensmittel im zugehörigen Restaurant ist meines Wissens wirklich einzigartig und trifft den Nerv der Zeit.“

„Manche Besucher, die das Anwesen noch von früher kennen, sind zunächst enttäuscht, dass wir nicht mehr die reine Fischgaststätte sind“, erzählt Vieth. Die angestammte Fischereigenossenschaft Köllnitz hatte das malerisch an der Groß Schauener Seenkette gelegene Areal mit Restaurant, kleinem Hotel und Fischräucherei aus Altersgründen vor fünf Jahren an die Berliner Investorengruppe Artprojekt verkauft.

18 Wasserbüffel, 40 Rinder, 70 Hühner

Seitdem erweiterte Vieth das Anwesen an der Groß Schauener Seenkette gemeinsam mit 24 Mitarbeitern zum Naturgut: Angrenzende Ackerflächen wurden zu Feldern für den Getreide- und Gemüseanbau sowie für eine Gärtnerei mit Gewächshäusern. „1,5 Tonnen Pflanzkartoffeln haben wir in die Erde gebracht. Wir ernten hoffentlich zehn bis zwölf Tonnen, die wir komplett im Restaurant verarbeiten“, macht Vieth deutlich. 110 Obstbäume alter Sorten wurden auf einer Streuobstwiese gepflanzt, dazu 1500 Johannisbeersträucher und 160 Meter Himbeerhecke.

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Die Resonanz auf den Köllnitzer Neuanfang sei vielversprechend, meint der Naturgut-Geschäftsführer. „Einmal im Monat bieten wir seit diesem Jahr ein Acht-Gänge-Menü an – es ist immer ausverkauft. Führungen über das Anwesen sind stark nachgefragt und es gibt auch schon Interessenten für die zehn Meter langen Beete zum Selbstgärtnern.“

Ein Idylle: der Blick vom Steg auf den Großen Schauener See
Ein Idylle: der Blick vom Steg auf den Großen Schauener See dpa/Pleul

Landwirt Jan-Peter Vogel ist Herr über die knapp 40 Tiere zählende Fleckvieh-Rinderherde und die bisher 70 Hühner, die entspannt in der Sonne scharren und neugierig an den Zaun kommen, sobald sich Besucher nähern. „Das sollen mal 600 werden, die wir in zwei Hühnermobilen halten wollen. Sie bekommen durch das Umsetzen der mobilen Stallanlage also immer frisches Grün, was sich positiv auf den Geschmack der Eier auswirkt“, erklärt er. Bei dem Federvieh handele es sich um sogenannten Zwei-Nutzungstiere: Sie seien keine reinen Legehühner, ihr Fleisch sei nach dem Schlachten noch gut zu verarbeiten.

Vogel betreut zudem die 18-köpfige Wasserbüffelherde des Naturgutes. Die Tiere beweiden sumpfige Naturschutzflächen rund um die Burg Storkow (Oder-Spree) und auf den Dahmewiesen bei Wildau (Dahme-Spreewald). Insgesamt flossen bereits etwa eine Million Euro in den Aufbau des Naturgutes.

Im Naturgut Köllnitz kann man auch seinen Angelschein machen

Das Restaurant erhielt eine neue Terrasse mit freiem Blick zum Wasser. Das Thema Fisch soll aber auch weiterhin präsent bleiben im Hofladen, in der Räucherei und in der 955 Hektar großen Seenkette, an deren Ufer das Naturgut liegt. „Zander wird am meisten nachgefragt, der hat aber aktuell bis Juni Schonzeit und wird von uns nicht gefangen“, sagt Fischerei-Betriebsleiter Frederik Buhrke.

Frederik Buhrke, Leiter der Fischerei am Großen Schauener See, mit frisch geräucherten Forellen
Frederik Buhrke, Leiter der Fischerei am Großen Schauener See, mit frisch geräucherten Forellen dpa

Neben Fischräucherkursen und Workshops zum fachgerechten Zerlegen von Fisch können Besucher auf dem Naturgut auch ihren Angelschein machen. Noch renoviert wird aktuell das kleine Hotel direkt am Wasser. Mit neun Zimmern und einem größeren Appartement öffnet es wieder Anfang Juni dieses Jahres. Südlich des Naturgutes führt ein Naturlehrpfad der Heinz-Sielmann-Stiftung an den Seeufern entlang bis zu einem Vogelbeobachtungsturm. Auf dem Köllnitzer Gelände finden Besucher zudem eine Ausstellung über die Sielmann-Naturlandschaft.

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FÖL-Vize-Geschäftsführer Köhler hofft, dass das „kulinarische Vorzeigeprojekt“ in Groß Schauen nicht nur Großstädter, sondern auch Ortsansässige anspricht. Davon ist Ellen Rußig, Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Seenland Oder-Spree, überzeugt. Immer mehr Menschen legten Wert auf Regionalität, wollten wissen, woher ihr Essen komme. „Das Naturgut Köllnitz setzt auf Nachhaltigkeit, Ganzheitlichkeit und einen achtsamen Umgang mit den regional vorhandenen Ressourcen. Es stärkt damit die ländliche Struktur und ist ein wunderbares Ausflugsziel auch für Einheimische.“