Fahrlässige Tötung

Rentnerin (84) verliert Kontrolle über ihr Auto und überrollt 73-Jährige

Als das Auto in Berlin-Hermsdorf vorwärts schoss, vergaß die alte Dame das Bremsen. Eine Frau starb an den Unfallfolgen.

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Ute H. (84) musste sich wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten.
Ute H. (84) musste sich wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten.Katrin Bischoff

Eine Rentnerin bretterte in eine Parkbank, verletzte eine andere Rentnerin (73) tödlich. Verwechselte sie das Gas- und Bremspedal? Oder gab es einen technischen Fehler am Auto? Ute H. mit 84 Jahren auf der Anklagebank. Fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung die Vorwürfe. Die Rentnerin aus Hermsdorf zunächst gefasst. Ihre Version: „Beim Starten schoss das Auto plötzlich wie verrückt los.“

Ute H. (84) vor Gericht: „Ans Bremsen habe ich nicht gedacht“

Der 8. Juli 2022. Ute H., damals 83, hatte Einkäufe erledigt. Sie stellte die Tasche in ihren Automatik-Kleinwagen (Baujahr 2007). Ute H.: „Vier Monate zuvor gebraucht gekauft. Ich war regelmäßig damit in Hermsdorf und Frohnau unterwegs.“

Die letzten 70 Meter, die Ute H. am Steuer eines Autos saß. Schnell war Tempo 40 erreicht. Sie verlor die Kontrolle, bretterte auf den Bahnhofsvorplatz in Hermsdorf zu. Eine Augenzeugin schrie: „Die muss besoffen sein.“ Ein Junge entsetzt: „Da fliegt ein Auto.“

Acht bis neun Sekunden hatte sie für eine Reaktion. Doch sie bremste nicht. Ute H.: „Ich sah die vielen Menschen an der Bushaltestelle – da war die Angst, die Menschen zu treffen. Ans Bremsen habe ich nicht gedacht.“

Der Richter: „Wie stehen Sie heute zu der Situation?“ Die Rentnerin schluchzte: „Dass die Frau tot ist – es tut mir so leid, es war keine Absicht, ich kann sie nicht mehr lebendig machen.“ Nie wieder habe sie sich nach der tödlichen Fahrt ans Steuer eines Autos gesetzt. Ute H.: „Ich verzichte freiwillig auf meine Fahrerlaubnis.“

Der Verteidiger: „Sie schickte handschriftliche Briefe an die Angehörigen, setzte sich mit deren Leid auseinander.“ Auch Ute H. sei bei dem Unfall schwer verletzt worden, sie habe sich auch in eine Psychotherapie begeben. Der Anwalt: „Es war ein Unglücksfall, aber müssen wir die Angeklagte bestrafen?“

Die beiden Frauen auf der Parkbank nahe dem S-Bahnhof warteten auf einen Bus. Renate K. (73) auf der einen Seite der zweieinhalb Meter breiten Bank wurde „unter dem Wagen begraben", schilderte ein Polizist. Sie starb im Krankenhaus. Das zweite Opfer, eine damalige Abiturientin, erlitt Prellungen und eine angebrochene Rippe.

Der Richter: „Wer sich ans Steuer eines Kfz setzt, muss es beherrschen“

Ein technischer Fehler am Auto aus Sicht der Verteidigung nicht ausgeschlossen: „Sie sagt, das Auto habe von allein beschleunigt.“ Ein Gutachter sah dafür aber „keine objektiven Anhaltspunkte“. Die Fahrerin hätte die Kollision aus seiner Sicht durch ein Bremsen verhindern können.

Der Staatsanwalt: „Unabhängig vom Alter eines Autofahrers oder einer Autofahrerin – es reicht, eine Sekunde nicht Acht zu gegeben. Hier waren es acht bis neun Sekunden der Fahrt, wo Frau H. nicht optimal reagiert hat.“

So sah es auch der Richter: „Sie schaffte es in der Zeit nicht, die Bremse zu betätigen. Ein Augenblicksversagen.“ Und: „Wer sich ans Steuer eines Kfz setzt, muss es beherrschen.“ Urteil: 1600 Euro Strafe.