Korruptionsprozess: Die Angeklagten Imran S. (46, weißes Hemd) und Shible H. (30, blaues Hemd) stehen am Montag in Berlin vor Gericht.
Korruptionsprozess: Die Angeklagten Imran S. (46, weißes Hemd) und Shible H. (30, blaues Hemd) stehen am Montag in Berlin vor Gericht. KE.

Mit einer „Tante“ vom Amt ging es wie geschmiert zu einem scheinbar legalen Aufenthalt. Nun stehen eine Frau und zwei Männer wegen Korruption vor Gericht.

Es geht um Aufenthaltstitel im Reisepass für indische, türkische, libanesische und pakistanische Staatsbürger. Zehn Fälle von Juli 2018 bis Mai 2019 sind angeklagt. Die „Kunden“ sollen bis zu 15.000 Euro gezahlt haben.

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Nun auf der Anklagebank: Elvira Z. (38), damals in einem Bürgeramt tätig, Gastronom Imran S. (46) und Gastronomie-Angestellter Shible H. (30). Weitere mutmaßliche Komplizen sollen beteiligt gewesen sein. Es geht um den Verdacht der besonders schweren Bestechlichkeit beziehungsweise der bandenmäßigen Bestechung und Urkundenfälschung. H. wird Beihilfe vorgeworfen.

Ein Schwindel, der an einen Diebstahl anknüpft: Es wurden Blanko-Aufenthaltstitel genutzt, die einige Zeit zuvor in Berliner Behörden gestohlen worden waren.

In den Reisepass eines „Kunden“ wurde erst ein Blanko-Etikett geklebt und ausgefüllt. Mit dem echten Pass und dem falschen Titel ging es dann zunächst zur jeweiligen konsularischen Vertretung. Der alte Pass wurde als beschädigt vorgelegt, ein neuer beantragt. Mit beiden Pässen seien die Fälscher dann ins Amt.

„Tante“ vom Amt unterstützte die Reisepass-Mafia

Elvira Z. soll in acht Fällen die Übertragung des Aufenthaltstitels vorgenommen haben. Die Anklage: „Im Wissen über den fehlenden Aufenthaltsstatus.“ Sie habe jeweils 5000 Euro als Lohn kassiert.

Blanko-Etiketten sorgten damals immer wieder für Zweifel in Bürgerämtern. Ermittlungen liefen an. Im Februar 2020 kam es zu einer Razzia. Wohnungen wurden durchsucht, zwei Haftbefehle vollstreckt.

Für einen Monat saß Elvira Z. in U-Haft. In ihrer Wohnung soll relativ viel Bargeld gefunden worden sein. Über ihre Verteidiger wies sie nun die Vorwürfe in einem kurzen Satz zurück: „Ich sitze zu Unrecht hier.“ An einem der nächsten Tage will sie mehr sagen.

Gastronom S. gab zu, einige Kunden vermittelt zu haben – „ich wollte helfen“. Über seinen Gast B. sei er in die Sache verwickelt worden – „er erzählte, er könne an Aufenthaltstitel kommen“. Und B. habe ihm angeboten: „Ich könnte vielleicht Kunden vermitteln.“ Als einer seiner pakistanischen Verwandten dann Probleme mit dem Aufenthalt in Deutschland hatte, „fiel mir B. ein“.

Reisepass-Mafia ließ sich immer öfter erwischen

Nur ein kleiner Helfer will der Gastronom gewesen sein. S.: „Wie es ablief, hörte ich nur aus Erzählungen.“ Da habe es eine Frau gegeben in einem Bürgeramt. In den Berichten sei nur von „Tante“ die Rede gewesen. Man habe gesagt: „Die Tante wird es schon machen.“ Er selbst wisse nur: „Sie hat einen kleinen Hund und wohnt in Reinickendorf, gesehen habe ich sie nie.“

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Der Gastronom gab eine zweite Vermittlung zu – „einen Mitarbeiter aus einem anderen Lokal“. Er habe für so einen hergestellten Kontakt 500 Euro bekommen. Es sei nicht lange gelaufen: „Es gab dann immer öfter Probleme, weil Kunden erwischt wurden.“ Er bedauere sein Verhalten – „bin erleichtert, dass es vorbei ist“.

Mit dem mutmaßlichen Komplizen B. als Zeugen geht es am Mittwoch weiter.