Regierungschef Woidke ruft Bürger zu Unterstützung gegen Corona-Krise auf. Koalition hält weitere Beschränkungen für möglich
Die Lage ist in einigen Krankenhäusern mehr als dramatisch.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die Bürger angesichts der immer größeren Belastung der Krankenhäuser in der Corona-Krise um Unterstützung gebeten. „Jeder Einzelne von uns kann mit seinem Verhalten und muss auch mit seinem Verhalten dazu beitragen, dass wir auch diese vierte Welle der Pandemie möglichst gut überstehen“, sagte Woidke am Donnerstag in einer Sondersitzung des Landtags in Potsdam. Die Lage sei in einigen Krankenhäusern mehr als dramatisch.
Das Land hat mit seiner Sieben-Tage-Inzidenz den dritthöchsten Wert im Ländervergleich. Die Zahl neuer Corona-Ansteckungen je 100.000 Einwohner in einer Woche stieg auf 655,7. Damit liegt Brandenburg noch vor Bayern. Das geht aus Zahlen des Robert Koch-Instituts hervor. Nur Sachsen (1074,6) und Thüringen (773,2) haben einen höheren Wert.
Seit Mittwoch schärfere Regeln
Seit Mittwoch gelten schärfere Regeln in Brandenburg mit einem weitgehenden Lockdown für Ungeimpfte. Die 2G-Regel mit Zutritt nur für Geimpfte und Genesene ist von Gaststätten, Theatern, Kinos und Freizeitbädern auf den Einzelhandel (mit Ausnahmen), Friseurläden und Sporthallen ausgedehnt. Weihnachtsmärkte sind zu. In Hotspots ab einer Inzidenz von 750 gibt es für Ungeimpfte Ausgangsbeschränkungen. Der Gesundheitsausschuss des Landtags billigte die neuen Regeln einen Tag nach dem Inkrafttreten mehrheitlich.
Die Schließung der Weihnachtsmärkte sei dem Kabinett schwergefallen, sagte der Regierungschef. „Wir alle vermissen es, auf den Weihnachtsmarkt zu gehen.“ Woidke sagte den Händlern Unterstützung zu. Es sei nötig, Abstand zu halten und Kontakte zu beschränken. Das Wichtigste aber sei: „Wir müssen uns so schnell wie möglich impfen lassen.“ Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sagte, die Nachfrage nach Impfungen sei riesig. In Brandenburg sind 61,8 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.
Die rot-schwarz-grüne Koalition hält weitere Beschränkungen für möglich. „Ein vollständiger Lockdown in fast allen Lebensbereichen ist unvermeidlich, wenn es uns nicht gelingt, das Infektionsgeschehen in den kommenden Wochen einzudämmen“, sagte SPD-Fraktionschef Daniel Keller. Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann sagte, er sei nicht sicher, ob die Maßnahmen reichen werden. Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke wurde deutlicher: „Wir werden mit diesen Maßnahmen – und das ist jetzt eindeutig klar, nicht durch die Pandemie kommen.“
AfD zieht Vergleich mit der Apartheid
AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt sprach von Hetze gegen Ungeimpfte und verglich die Regeln mit der rassistischen Apartheid. „Sie errichten ein Apartheid-Regime, das Geimpfte von Ungeimpften trennt“, sagte Berndt. Keller wies den Vergleich zurück. „Das mit der Apartheid, mit dem systematischen Rassismus in Südafrika geschichtlich zu vergleichen, ist ein Unding.“ Vor dem Landtag nahmen mehrere Dutzend Menschen an einer Demo gegen die Beschränkungen teil, der AfD-Fraktionschef war dort auch Redner.
Immer mehr Regionen mit Inzidenzen über 750
Die Zahl der Hotspot-Regionen wächst. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Donnerstag nicht nur in den Kreisen Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Spree-Neiße und Dahme-Spreewald über 750, sondern laut Gesundheitsministerium auch in Frankfurt (Oder) und dem Kreis Teltow-Fläming. Nach fünf Tagen über dem Wert gibt die Kommune Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr bekannt. Die Zahl neuer Corona-Ansteckungen je 100.000 Einwohner in einer Woche ist in Elbe-Elster mit 1474 am höchsten.