Die einstige Chefin des RBB: Wird Patricia Schlesinger nun endgültig gefeuert.
Die einstige Chefin des RBB: Wird Patricia Schlesinger nun endgültig gefeuert. epd/Christian Ditsch

Heute ist der Tag der Entscheidung. Der Rundfunkrat traf sich am Nachmittag zu einer Sondersitzung zu der Affäre um die zurückgetretene ARD-Chefin und RBB-Intendantin Patricia Schlesinger (61). Das Gremium sollte darüber beraten, ob die TV-Frau, der man Vetternwirtschaft vorwirft, nun endgültig aus dem Sender fliegt. Die Frage stellt sich, ob Schlesinger noch eine hohe Abfindung kassieren wird.

Am Abend vermeldete dpa dann unter Berufung auf Insider-Informationen, dass das Aufsichtsgremium Schlesinger mit sofortiger Wirkung von ihrem Posten abberuft. Damit wird formal die Vertragsauflösung in die Wege geleitet. Eine Bestätigung des Senders lag zunächst nicht vor.

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Die Vorwürfe gegen Schlesinger sind noch ungeklärt. In der Affäre ermittelt sogar die Generalstaatsanwaltschaft sowie eine externe Anwaltskanzlei. Nun trifft sich seit Montag (16 Uhr) der Rundfunkrat, um über eine Vertragsauflösung zu beraten. Das Gremium (30 Mitglieder) ist per Staatsvertrag in der Lage, eine Intendantin oder einen Intendanten des öffentlich-rechtlichen Senders abzuberufen. Dazu braucht es eine Zweidrittelmehrheit.

Im Raum steht die Frage, ob es zu einer fristlosen Kündigung, wie es Landespolitiker und auch der Deutsche Journalisten-Verband fordern, kommt – und wie es um eine mögliche Abfindung steht. Erik Stohn, Rundfunkratsmitglied und brandenburgischer SPD-Landespolitiker sagt, er habe eine klare Erwartungshaltung, dass das Gremium Schritte zur sofortigen Trennung von Schlesinger ohne Abfindung einleitet.

RBB-Rundfunkratsmitglied fordert: Schlesinger soll keine Abfindung bekommen

Auch der  Vorsitzende des Deutsche Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall, befürwortet die fristlose Entlassung der zurückgetretenen RBB-Intendantin. Dieser Schritt wäre „in der erdrückenden Lage sicher der bessere Weg“. Überall erklärt, ständig würden „neue Details“ aus Schlesingers „mutmaßlich luxuriösen Treiben auf Kosten von Beitragszahlenden und letztlich auch auf dem Rücken der Mitarbeitenden und des Programms bekannt“. Die „Reihe der offenbar gut belegten Vorwürfe“ müsse „eine Mahnung sein, jetzt nicht die falschen Weichen zu stellen“.

Freie Mitarbeiter protestieren vor Beginn der Sondersitzung des RBB-Rundfunkrats mit Plakaten und Schildern vor dem Haus des Rundfunks.
Freie Mitarbeiter protestieren vor Beginn der Sondersitzung des RBB-Rundfunkrats mit Plakaten und Schildern vor dem Haus des Rundfunks. dpa/Monika Skolimowska

Neben umstrittene Beraterverträge für ein RBB-Bauprojekt, einen teuren Dienstwagen für Schlesinger, Essen mit Gästen in ihrer Privatwohnung auf Sender-Kosten mit angeblich falschen Rechnungen geht es in der Affäre auch um eine kräftige Gehaltserhöhung auf 303.000 Euro plus Bonus-System, die sich die einstige Intendantin genehmigt haben soll. Auch ein London-Trip Schlesingers wurde hinterfragt. Die einstige RBB-Chefin bestreitet die Vorwürfe.

Nach der Abberufung durch den Rundfunkrat am Montag  müsste jetzt in einem nächsten Schritt der Verwaltungsrat aktiv werden und die Beendigung des Dienstvertrages mit Schlesinger vollziehen. Dort geht es dann auch um die konkreten Modalitäten und Themen wie Abfindung oder Pensionsansprüche. Ein Zeithorizont für den möglichen zweiten Schritt des Verwaltungsrats ist nicht bekannt.

Am Dienstag wird sich zudem der für Schlesinger eingesprungene geschäftsführende Senderchef Hagen Brandstäter (Verwaltungsdirektor) den Fragen des brandenburgischen Landtags zu der RBB-Affäre stellen. Es ist Woche zwei seit ihrem Rücktritt als RBB-Intendantin. Im Juli hatten Schlesinger sowie Gremienvertreter eine Einladung des Landtags ausgeschlagen, was Empörung ausgelöst hatte. Brandenburg hat derzeit die Rechtsaufsicht über den RBB.

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RBB-Affäre: Schlesinger verliert weiteren Posten

Am Wochenende hatte Schlesinger einen weiteren Spitzenposten verloren. Sie muss jetzt auch ihren Sitz im Aufsichtsrat bei der ARD-Filmtochter Degeto räumen. Diese ist eine der wichtigsten Unternehmen in der ARD. Sie erwirbt Filme, Serien, beteiligt sich an ihnen oder gibt diese in Auftrag, die später im Programm der ARD-Sender zu sehen sind. Dazu gehören einige „Polizeiruf 110“-Folgen, Donna-Leon-Krimis, die Co-Produktion „Babylon Berlin“ und Beteiligungen an Kino-Filmen wie „Die Päpstin“. Seit 2019 leitete Patricia Schlesinger den Aufsichtsrat bei der Degeto.

Im Fall Schlesinger spielt auch der ebenfalls zurückgetretene RBB-Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf eine Rolle.  Auch er wies Vorwürfe zurück. Zudem geht es um fragwürdige Aufträge für Schlesingers Ehemann und Ex-Spiegel-Journalist Gerhard Spörl bei der Messe Berlin, wo der Chefkontrolleur ebenfalls bis zu seinem dortigen Rücktritt Aufsichtsratschef war.