+++ Razzia bei den Klima-Klebern +++ Webseite der Letzten Generation abgeschaltet +++ 1,4 Millionen Euro beschlagnahmt +++
Insgesamt wurden 15 Objekte in sieben Bundesländern durchsucht. Die Webseite der Letzten Generation ist auf Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft München beschlagnahmt und abgeschaltet.

Die Webseite der Letzten Generation ist am Mittwochmorgen nicht aufrufbar, sie wurde auf Anweisung der Generalstaatsanwaltschaft München beschlagnahmt und abgeschaltet. Zeitgleich finden in mehreren Bundesländern am Mittwochmorgen Durchsuchungen bei Mitgliedern der Letzten Generation statt. Demnach habe die bayerische Justiz ab 7 Uhr 15 Wohnungen von Mitgliedern der Letzten Generation durchsuchen lassen. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung einer kriminellen Vereinigung.
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Insgesamt wurden 15 Objekte in sieben Bundesländern durchsucht, wie die Behörden mitteilten. Vier Durchsuchungen davon fanden in Berlin statt. Zudem wurden Konten mit 1,4 Millionen Euro beschlagnahmt und Vermögenswerte gesichert.

Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Letzten Generation
Hintergrund der Aktion ist ein Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft, welches sich gegen insgesamt sieben Beschuldigte im Alter von 22 bis 38 Jahren richtet. Gegen diese werde wegen des Tatvorwurfes der Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung ermittelt.
Das Geld aus Spenden, dass die Organisation zur Begleichung von Geldstrafen nutzt, wurde beschlagnahmt, weil es nach Auffassung der bayerischen Staatsanwälte kriminellen Zielen dient. Konkret wird den Beschuldigten zur Last gelegt, eine Spendenkampagne zur Finanzierung „weiterer Straftaten“ für die Letzte Generation organisiert, diese über deren Homepage beworben und dadurch mindestens 1,4 Millionen Euro an Spendengeldern eingesammelt zu haben.
Zwei Klima-Kleber sollen versucht haben, eine Öl-Pipeline zu sabotieren
Zwei Beschuldigte stehen zudem im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Öl-Pipeline vom italienischen Hafen Triest nach Ingolstadt zu sabotieren.
Angesiedelt sind die Ermittlungen bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München betonte aber, dass das nicht bedeute, dass man die Letzte Generation als extremistisch oder terroristisch einstufe. „Wir gehen nach jetzigem Ermittlungsstand davon aus, dass es sich um eine kriminelle Vereinigung handelt – wohlgemerkt nicht um eine terroristische“, sagte der Sprecher. Dies wolle man gerichtlich prüfen lassen.
Auf Twitter reagierten die Aktivisten mit der Forderung, statt ihre Mitglieder lieber Lobbystrukturen zu durchsuchen und fossile Gelder der Regierung zu beschlagnahmen. Die Gruppe Ende Gelände kritisierte auf Twitter, Razzien gebe es bei denen, „die vor der Klimakrise warnen, und nicht bei denen, die dafür verantwortlich sind“.
Die Einschätzung, ob es sich bei der Letzten Generation um eine kriminelle Vereinigung handelt, wird diskutiert. In Potsdam hat das Landgericht zumindest einen Anfangsverdacht zur Bildung einer kriminellen Vereinigung bejaht. In Berlin bewertet die Staatsanwaltschaft das anders.
Juristisch besteht in der Tat bei der Beurteilung ein Interpretationsspielraum. Die Letzte Generation ist nach der Definition von Paragraf 129 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs eine Vereinigung. „Kriminell“ würde aber eine Beteiligung erst dann, wenn „deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist“ (Absatz 1), erklärt Protestforscher Dieter Rucht im Tagesspiegel.
Letzte Generation: Die Klimakatastrophe verhindern
Erklärter Zweck der Letzten Generation sei nicht die Begehung von Straftaten, sondern die Verhinderung einer Klimakatastrophe. Die Durchführung von Protesten inklusive von Blockaden und anderen illegalen Aktionen sei nach dem Selbstverständnis der Gruppe ein probates Mittel, um diesen Zweck zu erreichen, so Rucht.
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Die Klimaaktivisten bewegen sich mit ihren Aktionen und Demonstrationen immer wieder an der Grenze der Versammlungsfreiheit, ein hohes Gut, das in einer Demokratie geschützt werden muss. Die Straßenblockaden der Letzten Generation mögen lästig für viele sein, ob sie eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind, müssen am Ende Gerichte entscheiden.
In München wurde jetzt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, „aufgrund zahlreicher Strafanzeigen aus der Bevölkerung, die seit Mitte des Jahres 2022 eingingen“, wie es vom LKA in Bayern hieß.
Einsatz war nicht die erste Razzia
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Bereits im Dezember 2022 war es zu mehreren Hausdurchsuchungen bei Aktivisten der Letzten Generation gekommen. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten damals elf Wohnungen und Räume von Mitgliedern der Letzten Generation in mindestens sechs Bundesländern durchsucht. Grund dafür waren mehrere Attacken von Klimaaktivisten auf Anlagen der Raffinerie PCK Schwedt, wie die Staatsanwaltschaft erläuterte.
„Von der Überreaktion des Staates haben wir ganz klar profitiert: Wir haben so viel Zulauf wie nie, so viel Aufmerksamkeit wie nie und bekommen so viel Spenden wie noch nie“, sagte damals Jakob Beyer, einer der Betroffenen.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte die Durchsuchungen. „Die Justiz greift durch, das ist das richtige Signal eines wehrhaften Rechtsstaates“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt in Berlin.
Der stellvertretende Vorsitzende der Linken, Lorenz Gösta Beutin, nannte die Razzien völlig überzogen. Die Menschen, die sich der sogenannten Letzten Generation zurechneten, setzten auf friedlichen zivilen Ungehorsam, um auf die Klimakatastrophe und das Versagen der Bundesregierung aufmerksam zu machen.