Schwer krank, aber zurück auf der Bühne

Rainald Grebe: Mit Krankenbett und Sauerstoffzelt in der Waldbühne!

Zwölf Jahre nach seinem ersten „Halleluja Berlin“-Spektakel tritt Rainald Grebe wieder in der Waldbühne auf.  Der KURIER sprach mit dem Liedermacher.

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Rainald Grebe lässig beim Fototermin in der Waldbühne. Hier ist der 52-Jährige am 29. Juli bei seinem einmaligen „Halleluja Berlin“-Konzertspektakel zu sehen.
Rainald Grebe lässig beim Fototermin in der Waldbühne. Hier ist der 52-Jährige am 29. Juli bei seinem einmaligen „Halleluja Berlin“-Konzertspektakel zu sehen.Hannes P. Albert/dpa

Da ist er wieder. Zwölf Jahre nach seinem legendären „Halleluja Berlin“-Konzert in der Waldbühne tritt der Liedermacher und Schauspieler Rainald Grebe (52) erneut an diesem geschichtsträchtigen Ort auf. Nicht allein, Hunderte sind an der Show beteiligt. Wegen Corona musste das Spektakel mehrmals verschoben werden. Grebe hatte zudem einige Schlaganfälle, und er leidet an einer tückischen Autoimmunkrankheit. Vorsichtshalber hat er sich für das Konzert am 29. Juli ein Krankenhausbett und ein Sauerstoffzelt bestellt, erzählt er im KURIER-Interview.

Herr Grebe, zwölf Jahre mussten Sie auf das „Halleluja“-Konzert warten. Wegen Corona und Ihrer Gesundheit. Wie oft haben Sie in der Zwischenzeit das Programm über den Haufen geworfen?

Nun, neues Jahr, neues Glück. Es sind andere Gäste am Start, es gibt ein neues Thema. Es ist also ein anderer Abend als bei unserer Planung vor zwei Jahren.

Aber Sie sind natürlich der Alte. Plaudern Sie aus dem Nähkästchen. Worauf dürfen wir uns freuen?

Natürlich wird man mich zu sehen bekommen. Ich spiele viele Lieder von damals, das ist schon das Zentrum. Gleichzeitig werde ich zurückschauen auf mein Leben, mit ollen Kamellen, wie man so sagt – es wird auch Videos von damals geben. Und dann gibt es Gäste, viele sogar. Zum Beispiel Alligatoah, das ist ein Rapper aus der Jetztzeit, der mit mir einige Lieder spielen wird. Es gibt auch Arrangements mit Streichquartett, da geht es dann darum, alte Sachen neu zu präsentieren, auch mit neuen Instrumenten.

Sänger, Liedermacher, Schauspieler Rainald Grebe am 18.06.2011 bei der einmaligen Sonderschau „Halleluja Berlin“ in der Berliner Waldbühne. Jetzt wiederholt er das Konzert.
Sänger, Liedermacher, Schauspieler Rainald Grebe am 18.06.2011 bei der einmaligen Sonderschau „Halleluja Berlin“ in der Berliner Waldbühne. Jetzt wiederholt er das Konzert.Scherf/imago

Wer ist noch dabei?

Dann erwarte ich den Klavierkabarettisten Bodo Wartke, der ist in der Szene ja ziemlich bekannt. Mit dem sitze ich zusammen am Klavier. Die Berliner Kleinkunstszene wird in der großen Arena zu sehen sein. Und, worüber ich mich besonders freue: Der Chor der Charité kommt.

Das ist ein echter Chor?

Ja, die heißen Singing Shrinks, was so viel bedeutet wie „die singenden Seelenklempner“. Das sind wohl auch Psychologen, die wurden mir empfohlen, und die arbeiten alle im Dunstkreis der Charité – da bin ich ja auch jetzt öfter, das ist ja mein neuer Kiez. Kurzum: Mein Oberarzt hat mir die empfohlen, und da dachte ich, die muss ich haben. Sonst singen sie auf Geburtstagsfeiern, jetzt singen sie in der Waldbühne und sind natürlich ganz aufgeregt.

Sie haben gedacht: Wenn die mich happy machen, können sie auch die Tausenden in der Waldbühne beglücken …

Genau, da können sie Puls messen und MRT machen …

Wie dirigiert man bis zu 300 Leute auf der Bühne?

Das ist natürlich eine Aufgabe. Wir haben die Waldbühne schon einen Tag vorher, was auch selten ist. Wir haben sie also insgesamt zwei Tage und proben den Ablauf mit all den Leuten. Das ist sehr anstrengend, es geht immerhin um ein stundenlanges Programm. Aber darum wirkt es bei der eigentlichen Aufführung am nächsten Tag dann auch alles ganz frisch.

Für den Indianer-Schmuck wurde Rainald Grebe oft angefeindet. Das sei kulturelle Aneignung. Er lässt ihn jetzt bei seinen Konzerten weg.
Für den Indianer-Schmuck wurde Rainald Grebe oft angefeindet. Das sei kulturelle Aneignung. Er lässt ihn jetzt bei seinen Konzerten weg.Paul Zinken/dpa

Zwei Tage Waldbühne, ein Tag nur für die Proben. Das ist ja fast wie bei „Wetten, dass..?“.

Das weiß ich nicht, ich war da noch nie. Jedenfalls ist das bei uns ein echter Kampf. Wir können das natürlich nicht unter Originalbedingungen proben und dürfen auch nicht zu laut sein. Und trotzdem geht das bis in die Nacht rein, das ist schon alles sehr anspruchsvoll. Das wird heiß, richtig heiß – und danach lege ich mich erst mal ab.

Wie lang dauert der Abend?

Vier Stunden!

Sie haben in Berlin Regie gelernt, hilft das?

Auf jeden Fall, das fließt alles mit ein. Unsere Show ist ja auch eine Theatershow mit kleinen Szenen, viel Kram und etlichen Show-Elementen. Das habe ich natürlich schon ein paar Mal gemacht. Ich weiß, wie es ist, mit Massen und Chören umzugehen, deshalb wird das schon irgendwie laufen. Und meine natürliche Autorität trägt mich hoffentlich durch den Abend.

Um welches Thema dreht sich die Show?

Wie heißt das bei den Mexikanern? Día de los Muertos? Darum geht’s, um das Totenfest der Mexikaner. Das habe ich mir als Thema ausgesucht. Das ist die Idee des Abends.

Das klingt aber schwarz …

Im Gegenteil: Man feiert so den Tod und das Leben, und das Ganze ist sehr lustig und bunt, mit vielen Blumen. Natürlich präsentieren wir in einer bunten Tüte auch noch weiteren Kram. Aber das Grundthema ist da und soll in der Show auch immer wiederkehren.

Haben Sie bei der Inszenierung freie Hand, oder sind die Konzertveranstalter durch die Rammstein-Affäre merklich nervös?

Ob ich eine Reihe null habe? Na ja, mich und Rammstein zu vergleichen, da habe ich noch nicht drüber nachgedacht. Selbstverständlich kann man alles vergleichen, aber das? Hm …

Till Lindemann kenne ich nicht, aber ich selbst habe zu Groupies eher ein schüchternes Verhältnis.

Rainald Grebe

Sie kriegen vom Veranstalter keine Fragen gestellt, Auflagen und ähnliches?

Wo die Groupies hinkommen oder so? … Till Lindemann kenne ich nicht, aber ich selbst habe zu Groupies eher ein schüchternes Verhältnis, denn das gibt ja immer nur Probleme. Die erwarten was von mir, was ich gar nicht erfüllen kann. Es ist schon schön, wenn man Leute hat, die einem zujubeln, und wenn sie jung sind, ist das auch schön – es können auch Ältere sein, die jubeln. Die Omas gegen Rechts zum Beispiel, das finde ich gut. Also ich mag das, wenn gejubelt wird, aber zu mehr … Ich bin ja eher im Kleinkunstbereich unterwegs.

Ganz auf Kopfschmuck möchte der Liedermacher Rainald Grebe nicht verzichten. Irgendwas trägt er immer.
Ganz auf Kopfschmuck möchte der Liedermacher Rainald Grebe nicht verzichten. Irgendwas trägt er immer.Roland Owsnitzki/imago

Kleinkunst auf großer Bühne! Und trotzdem geht es auch um andere Riesendinge. Es geht um Ihr Waldprojekt. Heißt: Es geht ökologisch und nachhaltig zu und es darf gespendet werden …

Es muss gespendet werden! Das ist nicht freiwillig. Vom Ticketpreis geht ein Euro automatisch an den Wald. Dabei geht es um einen ökologischen Verein, der hat bei Storkow in der Mark Brandenburg unweit Berlins von einer Waldbesitzerin einen Wald überlassen bekommen. Sie sagte, ich gebe den Wald ab, aber er wird nicht wirtschaftlich verwertet. Dieser Wald ist ein Kiefernwald gewesen. Und daraus machen wir jetzt einen Mischwald, das ist die Aufgabe. Damit haben wir schon vor zwei Jahren begonnen und die ersten Setzlinge sind jetzt schon zwei Meter groß. Dazu wird der Wald eingezäunt, was nicht sehr erotisch klingt, aber so können die Rehe nicht ran.

Sie selbst leben ja mittendrin, in der Uckermark. Hält dieses schöne Stück Natur eigentlich den Zuzug von weiteren Berlinern aus?

Da gibt’s ja nur Berliner. Das ist ja mittlerweile so ein zweiter Prenzlauer Berg.

Wenn jetzt die Lars Eidingers und die ganzen anderen Kunstdödels kommen, dann wird’s schwierig.

Rainald Grebe

Sie meinen, die Ecke könnte durchaus noch ein paar Berliner vertragen?

Na ja, die Ecke ist schon so voll. Die Orte, die noch Orte sind, haben eigentlich kein Problem, Nachwuchs zu bekommen, die sterbenden Brandenburgerinnen und Brandenburger werden ersetzt durch Berliner. Ich war, glaube ich, noch vor der letzten Welle da, das ist schon ein bisschen her, da konnte man sich noch gut ein Plätzchen sichern. Und wenn jetzt die Lars Eidingers und die ganzen anderen Kunstdödels kommen, dann wird’s schwierig (lacht). Die Plätze sind belegt.

Huhu, schon alle da? Rainald Grebe ist auch abseits der Bühne immer für einen Spaß zu haben.
Huhu, schon alle da? Rainald Grebe ist auch abseits der Bühne immer für einen Spaß zu haben.Sabine Gudath

Sie hatten die Gnade der frühen Landlust-Geburt?

Genau! Ich bin ja auch schon ein bisschen älter.

Ihre Autobiografie haben Sie auch schon verfasst, die ist 2021 erschienen. Für viele Fans klang die wie ein Abschiedsbrief. Kam dieses Buch nicht viel zu früh, in der Zwischenzeit haben Sie ja wieder so viel Neues erlebt?

Nö, das Leben ist ja jetzt schon geschrieben und damit ad acta gelegt. Ich bin zwar krank, aber nicht todkrank. Insofern hoffe ich in der Tat, dass ich noch ein bisschen was machen kann.

Sie können ja eine Fortsetzung schreiben …

Das sehe ich eigentlich weniger so, und auch das Abschiedskonzert wird noch ein bisschen aufgeschoben. Ich hoffe wenigstens, dass ich noch ein bisschen auf der Bühne stehen kann.

Wie leben Sie mit Ihrer Krankheit? (Grebe leidet an Vaskulitis, einer Entzündung der Blutgefäße, d. Red.)

Die meisten Patienten werden eingestellt und leben damit recht lange. Ich habe so eine seltsame Unterform, und die Charité findet leider nicht die passende Lösung. Das ist mein Problem. Man weiß nicht genau, wie es bei mir weitergeht. Ich werde von den Ärzten begrüßt und dann wünscht man mir Glück (lacht).

Wie oft sind Sie zur Behandlung in der Charité?

Hängt von den Symptomen ab. So richtig festgelegt ist das nicht. Das nächste Mal muss ich in der Woche nach dem Waldbühnenauftritt hin.

Kann man mit den Symptomen leben?

Es lässt sich damit leben, allerdings spreche ich nicht mehr so deutlich wie früher und ich bin am Taumeln, Gleichgewichtsstörungen sind das. Und es ist ein große Müdigkeit da – für die Bühne nicht so gut.

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Wie lösen Sie das Problem in der Waldbühne, es geht um vier Stunden vor Publikum?

Ich habe da tatsächlich Bammel vor. Aber ich habe ein Team, das mich auch mal auf einer Sänfte über die Bühne trägt, und auch ein Krankenhausbett habe ich schon bestellt. Außerdem: Vier Stunden sind ja auch nicht ganz richtig, denn es gibt Gäste, die auftreten, wo man dann auch mal unters Sauerstoffzelt kann.

Kommt Ihre Familie?

Meine Eltern können nicht mehr so gut laufen, aber die Rest-Familie wird dort sein. Und jetzt muss ich wieder ins Bett!

Das Interview führte Karim Mahmoud.

Tickets für ,,Halleluja Berlin – Das Konzertspektakel“ am 29.07.2023 in der Berliner Waldbühne gibt es ab 58 Euro im KURIER-Ticketshop.