Rassismus-Eklat in der U2
Rabiate Fahrkartenkontrolle: BVG muss Fahrgast Schmerzensgeld zahlen
Der Berliner Opernsänger Jeremy Osborne wehrte sich nach dem Übergriff, das Amtsgericht spricht ihm 1000 Euro zu.

Ein Oktoberabend im Jahre 2020, in der U2 am Alexanderplatz. Vier Fahrkartenkontrolleure gegen einen Fahrgast. Jeremy Osborne (36), Opernsänger an der Deutschen Oper – und schwarz. In Berlin gibt es immer wieder Zwischenfälle bei Fahrkartenkontrollen, Beschwerden über rabiate BVG-Mitarbeiter. Auch diese Kontrolle eskalierte und landete vor dem Amtsgericht Mitte – und erstmals wurde die BVG von einem Gericht zur Schadensersatzzahlung an einen Fahrgast wegen Diskriminierung verurteilt.
Lesen Sie auch: Preisexplosion in deutschen Pflegeheimen: Bis zu 21,5 Prozent teurer>>
Jeremy Osborne hatte der BVG vorgeworfen, im Oktober 2020 am U-Bahnhof Spittelmarkt von Ticketkontrolleuren diskriminiert und angegriffen worden zu sein, berichtet die Berliner Zeitung. Der 36-Jährige saß in der U2 Richtung Alexanderplatz, als vier Kontrolleure in Zivil zustiegen und nach seinem Fahrschein fragten.
Osborne besaß eine Monatskarte, wollte aber erst die Dienstausweise der Kontrolleure sehen, die ihn daraufhin kurz nach dem Halt am Bahnhof Klosterstraße aufforderten, am Alexanderplatz die Bahn zu verlassen.
Meistgelesen
Blick in die Sterne
Laut Horoskop: Diese Sternzeichen schweben im Oktober auf Wolke sieben
Das geht aber schnell
Schnellstart bei „Hochzeit auf den ersten Blick“: Hier geht es schon ums Baby
Blick in die Sterne
Tageshoroskop für Montag, 2. Oktober 2023 – für alle Sternzeichen
Wegen Umzug ins Olympiastadion
Hertha-Ultras sticheln gegen den 1. FC Union!
Garage für 139.000 Euro
Der tägliche Wohn-Wahnsinn in Berlin
Rezept des Tages
Cremige Kürbissuppe: Dieses Herbst-Rezept ist ein Muss
Es kam zum Streit, wie er der Berliner Zeitung berichtet. Der gebürtige Amerikaner sagt, die Kontrolleure hätten ihn als „Schwarzkopf“ bezeichnet und erklärt, „Black Lives Matter“ sei nur eine Ausrede und in Deutschland habe er sich zu benehmen. Einer habe ihn auf eine Metallbank gestoßen, seine Schrammen an Unterarm und Oberschenkel habe er im Krankenhaus behandeln lassen müssen.
Opernsänger Jeremy Osborne hätte beinahe seine deutsche Staatsbürgerschaft wieder verloren
Die BVG-Kontrolleure, angestellt beim Subunternehmen B.O.S, erklärten hinterher, alles sei andersherum gewesen. Osborne habe sie wegen ihres türkischen Migrationshintergrunds als „Ausländer“ und „Rassisten“ beschimpft. Sie gaben laut Berliner Zeitung gegenüber ihrem Arbeitgeber an, Osborne habe sie provoziert, seinen Fahrschein nur langsam gezeigt, sei ihnen nach der Kontrolle zurück in die U-Bahn gefolgt, habe andere Fahrgäste vor den Kontrolleuren gewarnt, einen ihrer Kollegen bespuckt und aus der Bahn gezerrt. Als sie ihn „fixieren“ wollten, habe er dem Kollegen ins Gesicht geschlagen.
Lesen Sie auch: In Hellersdorfer Pflegeheim: Pfleger vergewaltigt Behinderte>>
Daraufhin erstatte die BVG Anzeige gegen Osborne. Das hätte beinahe dazu geführt, dass der 36-Jährige seine erst gerade zuerkannte deutsche Staatsbürgerschaft wieder verlor. Denn: Keine Staatsbürgerschaft bei laufendem Ermittlungsverfahren. Doch die BVG ließ die Anzeige zwei Monate später wieder fallen.
Osborne erhielt die Staatsbürgerschaftsurkunde zurück, beschloss trotzdem, sich zu wehren, schrieb Beschwerden an die Ombudsstelle des Senats, das Antidiskriminierungsnetzwerk ADNB und verklagte seinerseits die BVG wegen Diskriminierung. Jetzt kam es zum Prozess gegen die Berliner Verkehrsbetriebe.

An mehreren Verhandlungstagen befragte das Amtsgericht drei der Kontrolleure und sichtete Aufnahmen der Überwachungskameras und von Osbornes Handy. Jeremy Osborne sagt, die Kontrolleure hätten sich in Widersprüche verstrickt, wie die Berliner Zeitung berichtet. „Erst hieß es, der Kontrolleur sei ins Gesicht geschlagen worden, dann war nur noch von einem Versuch die Rede.“ Die Frau, die den Feststellungs- und Versäumnisbericht für das Subunternehmen unterschrieben habe, hätte sich nicht mal mehr an ihre Unterschrift erinnern können.
Das Amtsgericht verurteilt die BVG zu einem Schmerzensgeld von 1000 Euro
Claite Lops, Osbornes Anwältin, sagt, die Sicht ihres Mandanten sei vom Gericht als glaubhaft und bewiesen angesehen worden, die Videos hätten seine Version bestätigt. „Dass es sich um rassistische Beleidigung handelt, die den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, wurde klar festgestellt.“
Deshalb verurteilte das Amtsgericht die BVG zu einem Schmerzensgeld von 1000 Euro. Jeremy Osborne sei durch die rassistischen Beleidigungen der Kontrolleure in seinem „allgemeinen Persönlichkeitsrecht“ verletzt worden, erklärt seine Anwältin Claire Lops in der Berliner Zeitung. Dieses Recht sei im Grundgesetz verankert.
Lesen Sie auch: Die Berliner Qual mit der Wahl: Bald muss noch mal gewählt werden>>
Senatorin Cansel Kiziltepe, zuständig für Arbeit, Soziales, Gleichstellung und Diskriminierung, sagt, sie begrüße, „dass das Gericht die rassistische Diskriminierung von Herrn Osborne und die daraus resultierende schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung klar benannt und verurteilt hat“.
Die BVG gibt zu dem Fall bisher keine Stellungnahme ab. BVG-Sprecher Markus Falkner erklärte gegenüber der Berliner Zeitung: „Da das Urteil vom 11.07. noch nicht rechtskräftig ist, können wir derzeit kein Statement abgeben und bitten hierfür um Verständnis.“