Update! Potsdamer trauern um die vier getöteten Heimbewohner: „Wir werden stets mit dieser Wunde leben müssen“.
Die Tat soll eine Pflegerin begangen haben. Die 51-Jährige wurde einen Tag nach der Tat in eine Psychiatrie eingewiesen

Die Potsdamer sind geschockt. Darüber, was am Mittwochabend auf dem Gelände des Oberlinhauses, einer evangelischen Einrichtung, passierte. In einem Behindertenwohnheim wurden zwei Männer und zwei Frauen getötet, eine weitere Frau wurde schwer verletzt gefunden und kam in eine Klinik. Die Polizei nahm eine Mitarbeiterin (51) als Tatverdächtige fest.
Jetzt lesen: Vier Bewohner in Heim getötet: Verdächtige (51) erzählte ihrem Mann von der Tat >>>
Vor dem Oberlin-Haupteingang, an dem sich die Behinderteneinrichtung Thusnelda-von-Saldern-Hausheime befindet, legen Potsdamer am Donnerstag Blumen ab, stellten zwei brennende Kerzen hin. Auf einer Tafel versuchen Oberlin-Mitarbeiter ihre Trauer zu verarbeiten, schrieben darauf: „Warum dürft ihr nicht mehr bei uns sein, mit uns lachen, mit uns weinen, mit uns leben?“

Während die Potsdamer ihre Anteilnahme bekunden, untersuchen Kriminaltechniker am Vormittag im Behindertenwohnheim den Tatort. „In verschiedenen Krankenzimmern einer Station“ habe man die Toten und die schwer verletzte Person gefunden, so Heiko Schmidt, Polizeihauptkommissar der Direktion West. Die Verletzungen aller Opfer sind nach bisherigen Erkenntnissen auf „schwere, äußere Gewaltanwendung zurückzuführen“. Nach KURIER-Informationen wurden schwere Schnittwunden festgestellt.
Gegen 21 Uhr wurde die Polizei alarmiert. Laut KURIER-Informationen war die Tatverdächtige da schon daheim und soll die Tat ihrem Mann gestanden haben, der darauf die Polizei anrief. Bei der Frau handle es sich um eine langjährige Mitarbeiterin des Wohnheimes, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Wilfried Lehmann.
Heimleiterin Tina Mäueler war gegen 21.30 Uhr über das Geschehene informiert worden. In der Einrichtung arbeiten 80 Mitarbeiter. In dem Wohnheim gibt es 65 Plätze, in denen schwer behinderte Menschen leben. Zwei der Opfer waren seit ihrer Kindheit dort untergebracht, sagte Mäueler. Noch in der Nacht kümmerte sich ein Seelsorger um Personal und Hausbewohner.

Inzwischen wurde die tatverdächtige Mitarbeiterin in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Das sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Lehmann nach deren Vorführung beim Haftrichter der Nachrichtenagentur AFP, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Es gebe bei der Frau "entsprechende Hinweise" auf eine psychische Krankheit.
Genauere Angaben zu Tatabläufen und möglichen Hintergründen des Geschehens nannte die Staatsanwaltschaft weiterhin nicht. "Wir stehen noch ganz am Anfang der Ermittlungen", sagte Lehmann. Die Nennung solcher Details könne Täterwissen offenbaren und damit die Ermittlungen gefährden. Aus Ermittlerkreisen hieß es, dass man auch die Tatwaffe noch nicht gefunden hätte. Und bisher habe man bei den Ermittlungen keine Mordmerkmale feststellen können.
Für die Toten ist in zwei Wochen einen Gedenkgottesdienst in der Kirche auf dem Oberlin-Gelände geplant. Es falle schwer das Geschehene zu verarbeiten, sagt Oberlin-Vorstand und Theologe Matthias Fichtmüller. „Selbst wenn der ganze Fall juristisch abgeschlossen ist, werden wir trotzdem stets mit der Wunde leben müssen.“
Am Donnerstagabend gab es in der Kirche eine Andacht für die Toten. Daran teilgenommen haben auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) und der Landesbischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein. Zuvor legten sie vor dem Thusnelda-von-Saldern-Haus Blumen nieder und verharrten dort in einer Schweigeminute, bis sie zur Oberlinkirche gingen. Woidke sagte im Privatsender BB Radio: «Es ist ein schwerer Tag für Brandenburg.»
Zur Andacht wollte auch das Potsdamer Ehepaar Karin (81) und Dieter Hoffmann (84) gehen, das sich seit Jahrzehnten mit dem Oberlin verbunden fühlen. Ein Teil ihrer Lebensgeschichte hängt mit dieser Einrichtung zusammen. „Vielleicht geht uns daher auch das Geschehene sehr nah“, sagen sie. „Wir waren geschockt, als wir die Nachricht hörten.“

Karin Hoffman erzählt, wie sie als Kind im Oberlin jahrelang wegen einer spinalen Kinderlähmung behandelt wurde. „Ich habe die Frauen und Männer, die hier arbeiten stets als freundliche Menschen in Erinnerung behalten“, sagt sie. „Diese Einrichtung leistet Großartiges.“ Ehemann Dieter Hoffmann betreute 30 Jahre lang ehrenamtlich behinderte Bewohner im Oberlin. „Ich habe mit ihnen Schach gespielt, fuhr als Helfer mit den Bewohnern auf Bustouren mit“, sagt er. Es werde vor allem für die Oberlin-Mitarbeiter jetzt schwer werden, das Geschehene zu verarbeiten.