Polizeieinsatz, Strafanzeige gegen Jungen (11)
Jonas hatte im Abteil den Mund-und-Nasen-Schutz heruntergezogen. BVG-Sicherheitsleute holten den Jungen aus der U3. Dann kamen die Beamten.

Wegen Corona ist das Tragen von Schutzmasken in den Fahrzeugen des öffentlichen Nahverkehrs Pflicht. Richtig ist auch, dass dies kontrolliert wird. Fraglich ist jedoch, ob bei diesen Kontrollen immer das richtige Augenmaß bewiesen wird. So kam es am Dienstag auf dem U-Bahnhof Nollendorfplatz zu einem Polizeieinsatz. BVG-Sicherheitsleute hatten zuvor einen elfjährigen Jungen und seine gleichaltrige Schulfreundin aus dem Zug geholt. Der Grund: Der Junge hatte im Abteil seine Maske abgesetzt.
Es ist gegen 17.15 Uhr, als sich der Vorfall ereignet. Jonas (Name von der Redaktion geändert) ist mit der Klassenkameradin in der U3 unterwegs, sie wollen nach einem langen Schultag nach Hause. Das Mädchen trägt vorschriftsmäßig seine Maske. „Mein Sohn hatte seine auf das Kinn heruntergezogen, um sich mit seiner Atemluft die Hände zu wärmen, weil es in dem Zug kalt war“, erklärt seine Mutter Johanna Ehrlein die Situation.

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Die U-Bahn fährt in den Bahnhof Nollendorfplatz ein. Als der Zug steht, hört Jonas ein Klopfen an der Fensterscheibe. Es stammt von einem BVG-Sicherheitsmann, der mit seinen zwei Kollegen auf dem Bahnsteig steht. Laut dem Jungen habe der BVG-Mitarbeiter gesehen, dass er die Maske heruntergezogen hatte. Die beiden Elfjährigen werden aufgefordert, den Zug zu verlassen. Jonas erklärt, dass er beim Aussteigen die Maske wieder richtig aufgesetzt hätte.
Der Junge wird von dem BVG-Mann über die Maskenpflicht belehrt. Wer dagegen verstößt, muss 50 Euro Strafe zahlen. „Bei der Ermahnung hätte man es belassen können“, meint die Mutter. „Schließlich hatten die Sicherheitsleute keine Verbrecher, sondern zwei elfjährige Kinder vor sich.“ Doch es kommt anders.
Der BVG-Mann fordert Jonas auf, sich auszuweisen, so der Junge. Doch ein Elfjähriger hat noch keinen Ausweis. Und er hat auch kein Schülerticket dabei. Jonas ruft mit seinem Handy den Vater an, erzählt, was passiert ist. Der Vater spricht auch mit dem BVG-Mann. „Er bittet freundlich, unseren Sohn nach Hause fahren zu lassen“, sagt die Mutter. „Aber der BVG-Mann erklärt, dass man inzwischen die Polizei gerufen hat, weil Jonas sich nicht ausweisen konnte. Darauf erklärt mein Mann, dass wir Eltern sofort kommen, um Jonas und seine Freundin abzuholen.“
Als die Eltern auf dem Bahnhof eintreffen, ist auch die Polizei mit drei Beamten da. „Wir erhielten für unseren Sohn eine Strafanzeige wegen Verletzung der Maskenpflicht“, sagt die Mutter. „Dazu gab es eine zweite für das Erschleichen von Leistungen. Dabei hatte ich dem Polizeibeamten erklärt, dass Berliner Schulkinder mit der BVG gratis fahren können.“
Eine Polizeisprecherin bestätigte gegenüber dem KURIER den Einsatz. Man wurde von der BVG wegen des Verstoßes der Maskenpflicht gerufen, heißt es nur.

BVG-Sprecherin Petra Nelken stellt den Vorfall etwas anders da. „Die Mitarbeiter haben sich formell richtig verhalten“, sagt sie. Diese müssten der Einhaltung der Maskenpflicht nachgehen, die auch für Kinder ab sechs Jahren gilt. Außerdem habe sich der Junge bei der Belehrung nicht einsichtig gezeigt. Laut Nelken gaben die Mitarbeiter zu Protokoll, dass der Junge erklärt hätte, dass ihn das nicht interessiere. Auch das Telefongespräch mit dem Vater sei anders verlaufen. Ein Wort hätte das andere ergeben. „Die Kollegen holten die Polizei, weil sie sich nicht nachsagen lassen wollten, sie hätten ein Kind terrorisiert“, sagt Nelken. Jonas' Eltern, die übrigens die Maskenpflicht befürworten, bestreiten diese Darstellung.
Die BVG-Sprecherin erklärt, dass aber der Vorwurf des Erschleichens von Leistungen bei Jonas nicht zutrifft, da für Berliner Schüler die Fahrten mit den Öffis gratis sind. „Dennoch muss die BVG auch die Schülertickets kontrollieren“, sagt Nelken. Nicht jedes Kind, das etwa in der U-Bahn sitzt, muss automatisch ein Berliner sein.