Naturschutz
Pankower Amt zerstört Fledermausquartier – Nabu erstattet Anzeige
Weil die Grünflächenämter der Bezirke wiederholt gegen das Naturschutzgesetz verstoßen, fordert der Nabu die Berliner auf, zu melden, wenn Bäume mit Höhlen gefällt werden.

Das Grünflächenamt in Pankow steht seit Wochen in der Kritik. Ein Kahlschlag auf einem beliebten Spielplatz sorgte für Empörung bei Anwohnern. Ebenso das wiederholte Fällen gesunder Bäume, das robuste Vorgehen gegen Grün im Bezirk. Im Dezember kappten Mitarbeiter nun die Spitze einer Linde im Pankower Bürgerpark und beschädigten dabei ein Fledermaus-Winterquartier. Der Naturschutzbund Berlin erstattete jetzt Anzeige gegen das Amt.
Dass die Krone der Linde runter musste, scheint unstrittig. „Der Vorgang betrifft eine am Pankeweg befindliche Linde, die einen Stammriss und Faulstellen in der Krone aufwies“, heißt es in einer Stellungnahme des Pankower Baustadtrats Vollrad Kuhn. Die Fäulnis sei soweit fortgeschritten gewesen, dass der Baumkontrolleur eine Fällung für notwendig erachtete. Für die Parkbesucher auf dem Pankeweg bestand eine entsprechende Gefahr. Doch im Zuge der Baumpflegemaßnahme sägte das Straßen- und Grünflächenamt Pankow ein Winterquartier streng geschützter Fledermäuse an, so der Vorwurf des Nabu. Noch Tage zuvor hatten Naturschützer mindestens acht Große Abendsegler gezählt, eine streng geschützte Fledermausart, die in einem Spalt im Baumstamm Winterschlaf hielten.

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„Da für die Beschädigung des Quartiers offenbar keine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vorlag, handelt es sich um einen klaren Verstoß gegen § 39 und § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes“, sagt Rainer Altenkamp, der Vorsitzende des Nabu Berlin. Nach dem Gesetz dürfen Fledermausquartiere nicht beschädigt werden und die Tiere vor allem im Winterschlaf nicht erheblich gestört werden. Deshalb habe der Nabu Berlin nun Anzeige gegen das Straßen- und Grünflächenamt Pankow erstattet.
Gerade hatte der Nabu eine Schulung gegeben
„Der Vorgang ist umso haarsträubender, als der Nabu Berlin das Grünflächenamt wiederholt auf das Fledermausquartier hingewiesen hat“, sagt Altenkamp, „zudem haben wir die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Amtes gerade erst bei einer Schulung im November 2020 über die Rechtslage informiert.“ Dass das Amt von den Fledermäusen wusste, bestätigt auch Kuhn.
Die Baumkrone wurde bereits am 10. Dezember 2020 gekappt. Bei einer Begehung Ende Januar stellten die Umweltschütter fest, dass der Hohlraum im Stamm nach oben offen und damit ungeschützt gegen Nässe war. Zu diesem Zeitpunkt war nur noch ein Großer Abendsegler im Quartier auszumachen. Was aus den restlichen Tieren wurde, ist unklar. Direkt nach den Arbeiten und auch bei einem weiteren einem Ortstermin mit dem Nabu habe man kein Durchdringen von Wasser feststellen können, wendet Vollrad Kuhn ein. „Die Lebensstätte wurde nicht beeinträchtigt oder angesägt.“ Inzwischen sei auf Bitte des Nabu , eine zusätzliche Abdeckung der Schnittstelle erfolgt. Im Mai soll der mehrere Meter hohe Baumstubben einen Deckel erhalten, damit er auch in Zukunft als Winterquartier für Fledermäuse dienen kann.
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„Eine Störung im Winterquartier ist für Fledermäuse besonders gefährlich, da sie beim Aufwachen Fettreserven verbrauchen, die sie für den Winterschlaf dringend benötigen“, erklärt Altenkamp. Wie alle Fledermäuse steht der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) in Berlin auf der Roten Liste und ist streng geschützt.
Immer wieder Verstöße gegen Naturschutzgesetz
Leider ist der Zwischenfall keine Ausnahme, heißt es in einer Mitteilung des Nabu. Bereits im Jahr zuvor war im Pankower Bürgerpark ein benachbarter Baum mit ähnlichem Hohlraum gefällt worden, der wahrscheinlich ebenfalls Fledermäuse beherbergte.
„Wir beobachten immer wieder solche rechtswidrigen Aktionen seitens der Berliner Grünflächenämter, und zwar keineswegs nur in Pankow“, klagt Altenkamp. So wurde im Mai 2020 am Kreuzberger Landwehrkanal eine Weide mit einer Buntspechthöhle gefällt. Dabei stürzten die Jungvögel in den Kanal und konnten nur durch das schnelle Handeln von Anwohnern gerettet werden. In diesem Fall hatte ein Baumgutachter sogar vorher auf die Spechthöhle hingewiesen und gefordert, einen Artenschutzexperten hinzuzuziehen – offensichtlich vergeblich.
Nabu will rechtswidrige Baumfällungen anzeigen
„Da die Einhaltung des Naturschutzrechts durch die Grünflächenämter derzeit offensichtlich nicht gewährleistet ist, wird der Nabu Berlin in Zukunft jeden derartigen Verstoß anzeigen“, sagt Altenkamp. „Wir bitten deshalb die Bürgerinnen und Bürger uns zu informieren, wenn Bäume mit Höhlen gefällt werden.“
Im Bezirksamt rechnet man indes auch in Zukunft damit, „dass im Zusammenspiel von durchzusetzender Verkehrssicherheit einerseits und gleichzeitigem Artenschutz andererseits keine vollständige Problemfreiheit erreicht werden kann.“
Die Pankower Parkanlagen besäßen die höchsten Artendichten neben Naturschutzschutzgebieten, so Kuhn weiter. „Alle Mitarbeiter kennen das Bundesnaturschutzgesetz und richten ihre Arbeit selbstverständlich daran aus.“ Bei Fragen ziehe man Artenschutzexperten des Umwelt- und Naturschutzamtes zu Rate und greife bei Bedarf zusätzlich auch auf externe Expertise zurück. „Auch mit den Umweltschutzverbänden haben wir teilweise schon zusammengearbeitet und würden uns sehr freuen, diese Kontakte auf einer partnerschaftlichen Ebene weiter festigen zu können“, so Kuhn. Das klingt nach der Bitte um Abrüstung im Rechtstreit.