Marga Bach, die gutgelaunte Chefin des Mund Art Theaters, steht wegen der Corona-Krise mit ihrem Theater in der Karl-Marx-Allee vor der Pleite.
Marga Bach, die gutgelaunte Chefin des Mund Art Theaters, steht wegen der Corona-Krise mit ihrem Theater in der Karl-Marx-Allee vor der Pleite. Foto: Berliner KURIER / Sabine Gudath

Sie ist bekannt für ihre gute Laune, für den unverwüstlichen Humor, das ständige Lachen – doch inzwischen herrscht bei Marga Bach, die erst vor etwas mehr als zwei Jahren ihr Mundart-Kabarett „Berliner Schnauze“ ins Leben rief, Trauer, Wut, und Hoffnungslosigkeit. Ihr kleines Theater gehört zu jenen, die vom zweiten Corona-Lockdown erneut hart getroffen werden. Kein Geld in der Kasse, eine ungewisse Zukunft, der Schuldenberg, der schon mit der ersten Schließung entstand, wird größer. Nun steht eine Entscheidung an: Fällt die beliebte Icke-Bühne der Pandemie zum Opfer?

Die Stühle stehen, die Lampen leuchten, über dem Tresen verkündet ein Schild: Spritzige Kirschbowle. Eigentlich sieht in der „Berliner Schnauze“, dem kleinen Mundart-Kabarett in der Karl-Marx-Allee, alles so aus wie immer. Und doch ist nichts, wie es war. Auf dem roten Sofa in einer Ecke des Theaters, die große Fensterfront ermöglicht den Blick auf das Leben draußen auf der Straße, sitzt Marga Bach. Schauspielerin, Kabarettistin, seit etwas mehr als zwei Jahren Theaterleiterin. Marga Bach ist eine immer lebenslustige Frau, die Berliner Schnauze ist ihr Metier, auf die Frage nach dem Alter antwortet sie stets mit „kurz vor ranzig“. Doch heute lacht sie nicht, sondern ringt um Fassung. „Ich werde im Dezember meinen Mietvertrag kündigen“, sagt sie. „Wenn es mit Corona so weitergeht wie jetzt, gehe ich mit hohen Schulden in den Ruhestand.“

Es sind Sätze, die an die Nieren gehen, die aber traurige Realität sind. Schon der erste Lockdown hinterließ Wunden, die nicht heilen konnten. „Wir standen kurz vor der Premiere eines neuen Programms, hatten Karten für 11.000 Euro verkauft.“ Dann die Schließung, die Hoffnungslosigkeit. Bach bereitete alles vor, erstellte ein Hygienekonzept, räumte Stühle aus dem Saal, um auf die Zeit vorbereitet zu sein, schuf eine Trödel-Ecke, in der sie alte Kostüme und Krimskrams verkaufte. „Es kommt nichts in die Kasse, aber die Kosten laufen weiter“, sagte sie.

Trauer und Verzweiflung sind der Wut gewichen

Nur kurz konnte der Spielbetrieb nach den Lockerungen wieder aufgenommen werden, inzwischen ist mit dem zweiten Lockdown die Verzweiflung der Wut gewichen. „Die Arbeit der Kultur wird völlig negiert“, sagt sie. „Wir haben doch eine Aufgabe! Wir machen das alles doch nicht, um uns selbst zu beweihräuchern, sondern weil wir die Menschen zum Lächeln bringen wollen.“ Doch nicht nur das Geld fehle, sondern auch eine echte Perspektive. Die Monate zwischen November und März seien die Zeit, in der das meiste Geld verdient wird. „In der Zeit finden auch viele Weihnachtsfeiern statt, Menschen verschenken Tickets zum Fest“, sagt Bach. „Mit den Erlösen überbrücken wir die schwierige Sommerzeit, in der die Leute nicht so gern ins Theater gehen.“

Das kleine Theater in der Karl-Marx-Allee gibt es erst seit etwas mehr als zwei Jahren.
Das kleine Theater in der Karl-Marx-Allee gibt es erst seit etwas mehr als zwei Jahren. Foto: Berliner KURIER / Sabine Gudath

Doch nun sei der November gelaufen. „Und wenn ich nicht weiß, ob ich im Dezember wieder öffnen kann, kann ich auch keine Werbung machen. Außerdem kommen keine Vorbestellungen, weil die Besucher verunsichert sind, und niemand wird Tickets kaufen, um sie zu verschenken.“ Für Marga Bach ist all das nicht nachvollziehbar. „Denn Theater sind bisher nie Infektions-Hotspots gewesen, genauso wenig wie die Gastronomie. Und wir haben uns um alle Hygienemaßnahmen gekümmert.“ Rund 6000 Euro zahle sie monatlich für Fixkosten, außerdem müssen die Mitarbeiter und Künstler bezahlt werden. „Mich selbst bezahle ich schon seit Monaten nicht mehr.“ Sie fühle sich wie an einer Magensonde. „Ab und zu gibt es ein Tröpfchen, aber die Hülle stirbt ganz, ganz langsam ab.“

Die Hilfen seien nur ein Tropfen auf dem heißen Stein

Auch die Hilfen der Regierung könne Bach nur belächeln, sagt sie. Denn die bisherige Unterstützung sei nur ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen – und die Überbrückungshilfe laufe zu langsam an. „Noch wissen wir gar nicht, wo wir die Anträge stellen können.“ Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) war deshalb bereits zunehmend in die Kritik geraten. „Wir lassen in dieser ernsten Lage unsere Unternehmen und ihre Beschäftigten nicht allein“, sagte er. Ein schneller Start der Auszahlung sei für viele Solo-Selbständige und kleine Unternehmen überlebenswichtig. Wirtschaftsverbände hatten ihm aber eine schleppende Umsetzung der Hilfen vorgeworfen, auch der Koalitionspartner SPD machte Druck. Starten soll die Antragsphase erst am 25. November – weil es anders nicht schaffbar ist, geht es vorerst um Abschlagszahlungen. Konkret sollen Solo-Selbstständige eine Zahlung von bis zu 5000 Euro erhalten, Unternehmen bis zu 10 000 Euro.

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Doch 75 Prozent bleiben 75 Prozent, sagt Bach. „Das Geld werde ich nutzen, um einen Teil der Schulden zu zahlen, die in den vergangenen Monaten entstanden sind.“ Sie sieht nur noch eine vage Perspektive. Ihr Theater gründete sie, um den Berlinern einen Platz für ihre Mundart zu geben, den Dialekt der Hauptstadt zu feiern. Der Saal, in dem sich früher das Kabarett „Charly M.“ befand, sei für sie auch ein kleines Wohnzimmer gewesen – und die Erfüllung des Traums von der eigenen Bühne.

Bach, die immer sang und spielte, sagt, sie habe immer geträumt, denn ohne Träume habe man keine Ziele im Leben. „Aber wenn ich mein Leben nicht mehr greifen kann, weil andere darüber entscheiden, habe ich ein Problem. Wir waren so froh, als wir sagen konnten: Wir sind hier und wir sind auch nicht mehr wegzukriegen.“ Noch hoffe sie auf Unterstützung von Seiten des Vermieters. „Sonst werde ich das, was ich geschaffen habe, wieder zerstören müssen.“