Wolfgang Stumph wird 75 Jahre alt. 
Wolfgang Stumph wird 75 Jahre alt.  Foto: Imago

Wolfgang Stumph kommt wie ein Kumpel rüber. Offenherzig. Einer, der sich den Mund nicht verbieten lässt. Er gilt als Prototyp des Sachsen. Und er gehört zu Deutschlands beliebtesten Volksschauspielern. Am Sonntag wird er 75. Sein größtes Geschenk: Am Vorabend gibt es einen neuen „Stubbe“.

Ruhestand – den kennt er nicht. Und stehen zu bleiben ebenso nicht. Stumph: „Ich bin eher im Unruhezustand. Ich trete schon kürzer und mache weniger, das versuche ich schon Jahre“, sagt er und lacht, fügt hinzu: „Nichtstun sieht anders aus.“

2020 drehte Stumph seinen fünften Dokumentarfilm. Und den „Stubbe“, jene Krimireihe, die 2014 nach der 50. Folge mit dem Titel „Mordfall Maria“ eigentlich beerdigt worden war. Die Reihe endete mit der Pensionierung des Kommissars und dem Auszug seiner Tochter Christiane (gespielt von Stumphs Tochter Stephanie). Stumph: „Eigentlich erzählt die ‚Stubbe‘-Reihe eine Familiengeschichte eines ganz normalen Kriminalkommissars.“ Seit 1995 werde der private und berufliche Weg dieses Kommissars bis 2020 widergespiegelt. Christiane Stubbe verließ im 50. „Stubbe“-Film als selbstständige Journalistin mit einem Kleinstkind und einem Freund das Elternhaus.

„Viele – nicht nur die Fernsehzuschauer, auch die Macher dieser Reihe – waren neugierig auf den weiteren Weg dieser Fernsehfamilie in der freiwilligen Sendepause“, erzählt Stumph. „Das zweite ‚Stubbe‘-Special zeigt, dass die Katze das Mausen nicht lassen kann und der Täter immer an den Tatort zurückkommt. In diesem Fall ist das Stubbe selbst, der, wie ich auch, nun im Unruhestand ist. Er ist mit seiner Lebensgefährtin nach Dresden zurückgezogen.“ Und dann muss er auch noch beweisen, dass er Opa sein kann. Zu sehen ist das am Sonnabend um 20.15 Uhr im ZDF.

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Dresden ist auch Stumphs Wahlheimat. Dort lebt er seit seinem ersten Lebensjahr. Geboren ist er am 31. Januar in Wünschelburg, Kreis Glatz, heute Radkow, Polen. Seinen Vater lernte er nie kennen, er galt seit Ende des Zweiten Weltkriegs als verschollen. Kurz nach Stumphs Geburt wurde die Familie aus Schlesien vertrieben – Wolfgang Stumph zog mit seiner Mutter und Großmutter nach Dresden. Er ging dort zur Schule, machte eine Lehre als Kesselbauer und später studierte er Ingenieurpädagogik. Als Student gründete er das Amateur-Kabarett Die Lachkarte in Dresden. Später stand er auf der Bühne des Dresdner Kabaretts Die Herkuleskeule.  So ist seine Paraderolle, die des kleinen Mannes entstanden – eben eines prototypischen Sachsen, der es versteht, hinter einfachen Sätzen Systemkritik zu verbergen.

Auch nach der Wende ging es für ihn weiter. 1991 gelang ihm der große Durchbruch mit „Go Trabi Go“ – als Deutschlehrer Udo Struutz, der auf den Spuren Goethes mit seinem Trabant nach Italien reist.

Der „Stubbe“ gehört längst zu seiner Familie. Die Serie gibt es seit 27 Jahren. Stephanie Stumph war neun, als sie das erste Mal für die Krimireihe vor der Kamera stand.

2014 gingen beide ihre eigenen Wege, nun standen sie wieder gemeinsam vor der Kamera. Wolfgang Stumph: „Meine Tochter und ich hatten 2014 gemeinsam entschieden, neue, eigene Wege zu gehen. Aber ebenso übereinstimmend entstand nun auch die Sehnsucht, ein Stückchen Lebensgeschichte wie auch persönliche Erfahrungen der vergangenen Jahre im ‚Stubbe‘ weiterzuerzählen.“

Das Besondere für Stumph am „Stubbe“

Die neue Geschichte hat einen nicht erst seit Corona ernsten Hintergrund. Christianes Recherchen beleuchten die Situation in einem Pflegeheim. Stumph: „Wir haben immer versucht, in den Filmen ein gesellschaftliches Spiegelbild zu zeichnen.“

Als der Stoff mit Regisseur Peter Kahane entwickelt wurde, sei Corona noch kein Thema gewesen. Stumph: „Aber die Wichtigkeit der Pflegeberufe in den Mittelpunkt zu stellen, war uns schon damals ein Anliegen. Wir wollten einerseits die Achtung vor deren Leistung zeigen, aber auch die möglichen Fehler in den Strukturen offenlegen.“

Stumph weiter: „Eigentlich müsste man jetzt gleich mit der Arbeit am nächsten Film über genau die Zeit beginnen – was passiert mit den Menschen, verändert sich der Zusammenhalt, was ist mit unserer Empathie und Solidarität für andere geworden?“

Gerade das sei das Besondere am „Stubbe“ der vergangenen Jahre gewesen, so der Schauspieler. „Wir haben über die Jahre immer wieder Geschichten und Themen aufgegriffen, mit denen die Menschen ihre eigenen Lebensabschnitte in Verbindung bringen konnten. Hüben wie drüben, oder umgekehrt.“

In seinen Filmen taucht Wolfgang Stumph inzwischen als Koproduzent auf – auch, weil er schon immer mitredet. Und die Namen seiner Rollenfiguren beginnen nach wie vor meistens mit „St“ – wie Stankoweit, Stille oder eben Stubbe. Der Schauspieler grinst: „Es muss immer etwas von meinem ‚Stumph-sinn‘ dabei sein, damit es eine wirkliche ‚St‘-Figur wird.“

Das sei seine Homestory: „Eine Langzeitstudie mit mir und meiner Zeit. So ticke ich oder so könnte ich auch ticken. Wir sind in einer Transformationszeit, in der die digitale Revolution einen großen Anteil hat. Unsere Erde ist nicht mehr so riesengroß und vieles ist doch so weit weg.“

So ticke ich eben.

Wolfgang Stumph

Er habe sich immer persönlich einbringen wollen, das sei auch der Sinn seines Kabarettisten-Daseins gewesen. Stumph: „Kabarett kann man nicht vorspielen, das ist eine Haltung. Sich damit öffentlich zu machen, bringt Verantwortung mit sich. Auch als Schauspieler gibt es mal Stolpersteine. Na und. Ganz schön wird’s nie, obwohl ich immer will, dass es schön wird.“

Und wie feiert er seinen Geburtstag? „Eine große Party fällt leider wegen Corona aus, also werde ich dieses Jahr auch nicht älter.“ An seinem 70. hatte er sich ein Boot gemietet. Das fällt nun ins Wasser.