Neukölln hat als erster Bezirk einen Leitfaden für den Umgang mit Obdachlosen veröffentlicht
Auf Friedhöfen, in der Nähe von Schulen, Kitas und Spielplätzen sollen Obdachlosen-Lager, die für Probleme sorgen, schneller geräumt werden.

In Neukölln gibt es „ohne Ende Orte“ mit Problemen, sagt Neuköllns Sozialstadtrat Falko Liecke. Obdachlose campieren etwa neben dem Zaun einer Schule, neben Kitas und auf Friedhöfen. Drogenkonsum im öffentlichen Raum ist ein längst sichtbares Problem in Berlin geworden.
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Schutzwürdige Orte: Schulen, Kitas, Friedhöfe, Spielplätze
In Neukölln sollen Obdachlose nun an bestimmten Orten angesprochen werden und bei Problemen nicht mehr geduldet werden. Ein Leitfaden zum Umgang mit Obdachlosen auch an besonders schutzwürdigen Orten wurde jetzt veröffentlicht.
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Immer mit im Blick: das Hilfsangebot, welches den Menschen auf der Straße gemacht werden soll. Aufsuchende Sozialarbeiter sollen in jedem Fall Alternativen zum Schlafen auf der Straße zeigen. „Wir kommen da nicht mit der Polizei und räumen die Menschen ab und kippen sie am Stadtrand ab“, so Neuköllns Sozialstadtrat Falko Liecke in einem Interview mit Radio eins. Manchmal müsse man die Menschen aber mit Nachdruck ansprechen, aber immer verbunden mit einem Hilfsangebot.
Obdachlosigkeit auf den Straßen sichtbarer
Schätzungen gehen davon aus, dass 10.000 Menschen in Berlin auf den Straßen leben. Die sichtbare Obdachlosigkeit nimmt zu. Man müsse die Belange der Obdachlosen ernst nehmen, aber auch die der Menschen die im Bezirk leben, sagte der CDU-Stadtrat.
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Der Leitfaden regelt den Umgang mit Obdachlosen und beinhaltet etwa auch Angebote zu Selbsthilfe:
Das Bezirksamt Neukölln unterstützt etwa dabei, Ausweisdokumente für eine Rückkehr in das Herkunftsland zu erhalten. „Ein mittelloser Verbleib in Deutschland ist aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu vermeiden“, heißt es im Leitfaden. Das Bezirksamt Neukölln bekenne sich weiterhin zum Ausbau der Straßensozialarbeit, denn die Obdachlosigkeit und damit verbundenen Probleme nehmen zu.
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Bei einer nötigen Räumung solle immer auch ein Angebot für eine angemessene Unterkunft gemacht werden. Die Kältehilfe etwa soll als Regelangebot auch ganzjährig Notübernachtungen und den begleiteten Zugang in die sozialen Sicherungssysteme anbieten.
An diesen Orten gibt es oft Probleme mit Obdachlosen
Besonders belastet gelten in Neukölln die Karl-Marx-Straße / Anzengruberstraße, der Weichselplatz, das Maybachufer auf Höhe Thielenbrücke, der Hermannplatz, der Anita-Berber-Park,, die Kirchgasse / Karl-Marx-Straße, Thomashöhe und Umgebung des S- und U-Bahnhofs Neukölln.

„Diese und weitere kurzfristig oder saisonal, teilweise regelrecht dauerhaft genutzten Aufenthaltsorte führen in so gut wie jedem Fall zu Konflikten mit der Wohnbevölkerung“, heißt es im Leitfaden. Anwohner beschweren sich regelmäßig über Lärm, Verschmutzung, zurückgelassene Drogenkonsumutensilien. Auch reichten die Beeinträchtigungen in Einzelfällen bis in die private Nutzungssphäre hinein, wenn Hauseingänge, Treppenhäuser, Mülltonnenplätze, Innenhöfe betroffen sind.
Friedhöfe, Kitas, Schulen, Spielplätze
Besonders angstbeladene Konflikte gebe es in den Fällen, in denen Kinder unmittelbar betroffen sind, beispielsweise bei Obdachlosigkeit in unmittelbarer Nähe zu Schulen und Kitas, auf Spielplätzen, dem Schulweg, im öffentlichen Nahverkehr oder in Grünanlagen.
Erst Hilfsangebote für Obdachlose, dann Räumung
Pauschale Lösungen könne es mit Blick auf die unterschiedlichsten Probleme nicht geben. Dennoch definiert der Leitfaden besonders schützenswerte Orte, eine Räumung soll dort schnellstmöglich erfolgen. Auf Friedhöfen, Kinderspielplätzen und der Umgebung von Spielplätzen, bei Kitas und Schulen werden Obdachlose nicht mehr geduldet. Entsprechende Hinweise sollen bei Bedarf auch in der Herkunftssprache übermittelt werden.
„Nicht alle Betroffenen wollen die Hilfeangebote des Bezirks annehmen“, sagt Sozialstadtrat Falko Liecke (50, CDU) der B.Z. Der Politiker: „Die sogenannte freiwillige Obdachlosigkeit auf unseren Straßen und Grünanlagen kann deswegen nicht völlig unreguliert bleiben.“