Die nette Toilette

Schnapsidee? Bezirk bezahlt Wirte, damit sie ihre Klos für alle öffnen

Dank eines umfangreichen Netzwerks an „netten Toiletten“ müssten dann praktisch keine neuen Toiletten mehr gebaut werden.

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Wer dringend muss, ist froh, wenn er dieses Zeichen sieht. In Berlin soll es jetzt mehr Toiletten geben.
Wer dringend muss, ist froh, wenn er dieses Zeichen sieht. In Berlin soll es jetzt mehr Toiletten geben.Panama Pictures/imago

Die neueste Schnapsidee gegen Wildpinkler kommt jetzt aus Berlin-Pankow. Dort schlagen Politiker vor, Gastronomen und Einzelhändlern eine Entschädigung zu zahlen, wenn sie Klos für alle öffnen. Das Ganze nennt sich „Die nette Toilette“. Ob sie der in Berlin üblichen Wildpinkelei den Garaus machen kann, ist allerdings fraglich.

Die Pankower Grünen haben den ehrgeizigen Plan, Berlin möglichst schnell mit zahlreichen kostengünstigen öffentlichen Toiletten auszustatten. Diesen Vorschlag legt die Grünen-Fraktion Pankow in der bevorstehenden Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vor. Um dieses Vorhaben zu realisieren, müsste das Land Berlin dem Programm „Die nette Toilette“ beitreten. Aber was verbirgt sich hinter diesem Konzept?

Eine „nette Toilette“ bezeichnet eine Toilette in Gaststätten oder Geschäften, die für jedermann zugänglich ist, unabhängig davon, ob man Kunde ist oder nicht. Unternehmen, die eine „nette Toilette“ zur Verfügung stellen, erhalten von der Stadtverwaltung eine monatliche Entschädigung in Höhe von 60 bis 100 Euro.

Monatliche Toiletten-Entschädigung in Höhe von 60 bis 100 Euro

Die Standorte dieser „netten Toiletten“ werden durch einen roten Aufkleber mit einem freundlichen Lächeln gekennzeichnet, der gut sichtbar an der Tür angebracht ist. Zudem kann man in der „nette Toilette“-App nachschauen, wo sich solche Toiletten befinden.

Jan Drewitz, der ordnungspolitische Sprecher der Pankower Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, erklärt: „Durch die Einführung der ‚netten Toilette‘ könnten wir in Berlin und Pankow sofort eine große Anzahl neuer öffentlicher Toiletten zu einem äußerst günstigen Preis erhalten. Oftmals bitten Nicht-Gäste in Gaststätten sowieso um die Nutzung der Toilette, und durch die ‚nette Toilette‘ könnten Gewerbetreibende nicht nur Zuschüsse vom Land Berlin erhalten, sondern auch neue Kunden gewinnen. Eine Win-win-Situation für Berlin und Pankow.“

Zusätzlich würde die „nette Toilette“ finanziell Sinn ergeben: Der Bau einer herkömmlichen öffentlichen Toilette in Berlin kostet durchschnittlich 135.000 Euro, während die jährlichen Betriebskosten für eine einzelne öffentliche Toilette, die von der Firma Wall betrieben wird, in Berlin bei über 35.000 Euro liegen. Im Gegensatz dazu würden die jährlichen Kosten für eine „nette Toilette“ nur zwischen 720 und 1200 Euro betragen.

Die „nette Toilette“ ist gut und kostengünstig

Drewitz fährt fort: „Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass man für den Preis einer herkömmlichen öffentlichen Toilette etwa 50 ‚nette Toiletten‘ bereitstellen könnte. Dank des umfangreichen Netzwerks an ‚netten Toiletten‘ müssten praktisch keine neuen Toiletten mehr gebaut werden. Die ‚nette Toilette‘ könnte somit kostengünstig ein flächendeckendes Netzwerk von gepflegten öffentlichen Toiletten in Pankow schaffen. Eine echte Erleichterung, nicht nur für den Haushalt.“

Bereits 321 Städte in Deutschland, der Schweiz und Österreich nehmen an diesem Programm teil, und in Aalen, wo die „nette Toilette“ seit 2000 existiert, hat sich das Konzept so bewährt, dass die Stadt alle herkömmlichen öffentlichen Toiletten schließen konnte. Drewitz fügt hinzu: „In Berlin benötigen wir natürlich weiterhin öffentliche Toiletten, die rund um die Uhr geöffnet sind, aber dies ist zweifellos ein wegweisendes Konzept. Darüber hinaus sind Toiletten ein entscheidender Faktor für die Inklusion älterer Menschen. Oft bleiben ältere Menschen aus Angst vor fehlenden Toiletten in ihrer Nähe zu Hause oder wagen sich nicht aus ihrem Viertel heraus. Das darf nicht geschehen.“

Ob die Wildpinkelei damit beendet werden kann, ist unklar. Denn gerade im Bereich von Spätis wird gut und gern gegen Bäume und in Hauseingänge gepinkelt. Spätis sind für Toiletten oft zu klein, bei Geschäften und Restaurants sieht das natürlich anders aus.

Mehr Informationen zum Projekt „Die nette Toilette“ finden Sie auf der Website.