So kriegen wir die Wohnungskrise nicht gewuppt!
Typisch Berlin: Neubauziel verfehlt – Politiker zeigen sich trotzdem zufrieden
Auf Tour mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin: Die landeseigenen Unternehmen führen vor, was sie gebaut haben.

Foto: Markus Wächter
Es bleibt dabei. Der rot-rot-grüne Senat erreicht seine selbstgesteckten Ziele im Wohnungsneubau für diese Legislaturperiode nicht. Statt der ursprünglich angepeilten 30.000 Wohnungen werden die sechs landeseigenen Unternehmen im Zeitraum von 2017 bis Ende 2021 nur rund 21.200 Wohnungen fertigstellen. Das sagte der Sprecher der sechs Gesellschaften, Gesobau-Chef Jörg Franzen, am Montag.
Anlass: Der aus dem Amt scheidende Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) hatten zur jährlichen Neubautour durch Berlin geladen, um fertiggestellte Projekte der landeseigenen Unternehmen zu präsentieren. Müller und Scheel lobten dabei die Unternehmen für ihre Leistung, überließen es aber dem Gesobau-Chef, die Nachricht vom nicht erreichten Neubau-Ziel zu verbreiten. Franzen nutzte die Gelegenheit um klarzustellen, dass der Teil der 30.000 Neubauwohnungen, die nicht bis Ende des Jahres fertig werden, zumindest im Bau sein werde. Die versprochenen Wohnungen würden also fertig. Nur eben etwas später.
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Mehr noch: Bis zum Jahr 2026 hätten die landeseigenen Gesellschaften „Projektvolumen“ von mehr als 63.000 Wohnungen in der Pipeline, sagte Franzen. Der Ankauf von Wohnungen komme noch dazu. Stadtentwicklungssenator Scheel hatte schon zu Beginn des Jahres vielfältige Gründe für das Verfehlen der Neubau-Ziele verantwortlich gemacht. Eines der größten Probleme sei gewesen, dass man das Planungsrecht nicht so schnell erhalten habe wie gedacht, sagte er. Scheel nutzte die Neubautour und appellierte an die Bezirke, ein „höchstmögliches Maß an Ermöglichung“ an den Tag zu legen. Im Klartext: Den Neubau mit allen Mitteln zu unterstützen.
Michael Müller verteidigte das Projekt
Die Rundfahrt mit Scheel und Müller führte von einem Projekt der Wohnungsbaugesellschaft Mitte in der Ifflandstraße (140 Wohnungen) über das Quartier der Howoge am Rathauspark in Lichtenberg (387 Wohnungen), das Wohnquartier Gut Alt-Biesdorf der Stadt und Land (515 Wohnungen) bis zu einem Neubau der Degewo in der Bendastraße in Neukölln (69 Wohnungen). Müller verteidigte dabei das Projekt in der Ifflandstraße, das als Nachverdichtung in einem vorhandenen Wohnquartier entstand. Er sprach von einer „durchaus massiven Verdichtung“, bezeichnete den Eingriff aber zugleich als „vertretbar“, weil er für viele Menschen neuen Wohnraum mit sich bringe. Die Nachfrage nach den neuen Wohnungen ist enorm. Bis auf etwa rund 100 Wohnungen im Gut Alt-Biesdorf, die noch nicht fertig sind, und die Wohnungen in der Ifflandstraße, wurden alle Unterkünfte, die auf der Tour angesteuert wurden, bereits vermietet.
Die landeseigenen Unternehmen gehören für den Senat zu den wichtigsten Partnern in der Wohnungs- und Mietenpolitik. Sie errichten 50 Prozent ihrer Wohnungen als Sozialwohnungen zu Mieten um rund 6,50 Euro je Quadratmeter kalt. Die übrigen freifinanzierten Wohnungen dürfen, soweit sie ab 2021 bezugsfertig werden, im Schnitt zu Einstiegsmieten von elf Euro je Quadratmeter angeboten werden.
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Der Regierende Bürgermeister, der die Landespolitik verlässt und bei den nächsten Wahlen für den Bundestag kandidiert, nutzte die Rundreise für eine persönliche Bilanz. „Seit Beginn der Neubauoffensive vor neun Jahren ist es gelungen, den landeseigenen Bestand an Wohnungen um mehr als ein Fünftel – auf rund 340.000 Wohnungen – zu erhöhen“, sagte Müller. Erreicht wurde die Zahl der Wohnungen in Landesbesitz aber nicht nur durch den Neubau, sondern vor allem durch den Ankauf von Wohnungen.
Unternehmen verlangen finanzielle Unterstützung
Gesobau-Chef Franzen erinnerte daran, dass die landeseigenen Unternehmen ihre Aufgaben nur erfüllen könnten, wenn sie genügend Einnahmen erzielen. Der Senatsbeschluss vom 1. Juni, der nach dem Mietendeckel-Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine schrittweise Rückkehr zu den alten Mieten und niedrigere Neuvermietungsgrenzen vorsieht, sei für die Unternehmen ein „Rückschritt“.
In den nächsten Jahren würden den sechs Unternehmen dadurch rund 150 Millionen Euro verloren gehen. In Anbetracht steigender Baupreise müsse über einen wirtschaftlichen Ausgleich gesprochen werden, zum Beispiel in Form einer Förderung des Holzbaues, der jetzt noch teuer sei. Tatsächlich stehen aber erst noch weitere Ausgaben ins Haus. Müller bekräftigte, dass er an dem geplanten Erwerb der rund 20.000 Wohnungen von der Deutsche Wohnen und der Vonovia festhält: „Ich sage ganz klar: Ja, wir können und wir wollen und wir werden.“