Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr am Unfallort an der Bundesallee in Berlin-Wilmersdorf: Hier überrollte am 31. Oktober ein Betonmischer eine Radfahrerin.
Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr am Unfallort an der Bundesallee in Berlin-Wilmersdorf: Hier überrollte am 31. Oktober ein Betonmischer eine Radfahrerin. dpa/Zinken

Er hörte Schreie, sah die Radfahrerin (44) unter einem Betonmischer, stach mit einem Messer auf den Lkw-Fahrer ein und verfehlte das Herz nur knapp. Messer-Mann Alexander B. (48) nun auf der Anklagebank hinter Sicherheitsglas.

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Er gestand: „Ich wollte ihn stechen. Ich dachte, er hätte den Unfall mit Absicht herbeigeführt.“ Das Klappmesser habe er noch vom Frühstück in der Hand gehabt – „Brot mit Nougatcreme“. Er war obdachlos, campierte auf einer Mittelinsel, ist wohl psychisch krank.

Der schreckliche Unfall am 31. Oktober vorigen Jahres: Eine Radfahrerin geriet auf der Bundesallee in Wilmersdorf unter einen Betonmischer. Die 44 Jahre alte Frau blieb regungslos unter dem Lkw liegen. Sie verstarb später im Krankenhaus. Ein Rüstwagen der Feuerwehr, der bei der Bergung der Radfahrerin helfen sollte und den Betonmischer hätte anheben können, steckte minutenlang im Stau – ausgelöst durch Klima-Kleber.

Eine Mittelinsel an der Bundesallee war sein Schlafplatz

Alexander B. wusste nicht, wie es zur Kollision gekommen war: „Ich habe den Unfall akustisch wahrgenommen und wollte wissen, was passiert ist.“ Eine Mittelinsel an der Bundesallee war sein Schlafplatz. Sein Reich im Großstadt-Dschungel. B. zur Richterin: „Seit drei Jahren lebe ich dort.“

Alexander B. (48) auf der Anklagebank hinter Sicherheitsglas.
Alexander B. (48) auf der Anklagebank hinter Sicherheitsglas. Pressefoto Wagner

Ein Mann, der von wirren Gedanken getrieben wird. Seine Ex-Freundin und ein Mann würden ihn übel beklauen, so B. im Prozess – „sie stiehlt mir im Schlaf Samen“. Die beiden würden damit „Menschen züchten“ für üble Machenschaften. Die Ermittler würden nichts unternehmen, er fühle sich allein gelassen, sei wütend.

Ärzte schätzten ein: Glück im Unglück, denn das Messer blieb zwischen den Rippen stecken

Die Richterin: „Was hat der Mann vor dem Stich gemacht?“ Der Messerstecher: „Er hatte die Hände nach oben gehoben, stand da.“ Ob er ihn angesprochen habe? „Nein, habe nicht gefragt, ob es mit Absicht war.“ Bei der Psycho-Gutachterin soll B. von einer „Show“ gesprochen haben, die der Lkw-Fahrer aus seiner Sicht abgezogen haben – „wie ein Halloween-Ritual“.

Fahrer Viktor Z. (64) ist Zeuge und Nebenkläger im Prozess. Zum Unfall mit der Radfahrerin muss er nicht aussagen – in dem Fall läuft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn. Was unmittelbar danach geschah, kann er bis heute nicht begreifen: „Immer wieder taucht die Frage nach dem Warum auf.“

Das Betonmisch-Fahrzeug steht nach dem Unfall mit einer Radfahrerin an der Bundesallee.
Das Betonmisch-Fahrzeug steht nach dem Unfall mit einer Radfahrerin an der Bundesallee. dpa/Zinken

Es war 8.21 Uhr, als Alexander B. auf den Lkw-Fahrer zulief. Viktor Z.: „Er hatte eine Kapuze auf und war schwarz gekleidet.“ Schnell sei der Fremde auf ihn zugekommen – „dann spürte ich einen Schlag, dann Schmerzen.“ Ärzte schätzten ein: Glück im Unglück, denn das Messer blieb zwischen den Rippen stecken.

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B. wurde schnell gefasst, kam dann vorläufig in den sogenannten Maßregelvollzug. Er soll an einer paranoiden Schizophrenie leiden. Die Staatsanwaltschaft hält ihn für gefährlich und strebt seine dauerhafte Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Fortsetzung im Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung: heute.