Nach rassistischem Polizeieinsatz: Opfer fordern rechtliche Konsequenzen, Linke spricht von „Nazi-Problem“
Nachdem ein rassistischer Polizeieinsatz durch ein Video an die Öffentlichkeit kam, werden nun Konsequenzen gefordert.

Es waren Szenen, die man in Diktaturen erwartet, aber nicht in einer Demokratie – und es waren Szenen die einmal mehr zeigen: Die deutsche Polizei hat ein Rassismusproblem. Die Opfer eines rassistischen Polizeieinsatzes in Berlin, der unter der Woche durch ein Video an die Öffentlichkeit gebracht wurde, haben nun Konsequenzen für den betreffenden Polizisten gefordert. Die Eheleute aus Syrien wandten sich am Sonnabend bei einer Pressekonferenz an die Öffentlichkeit.
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Rassistischer Polizeieinsatz in Berlin: Opfer fordern Konsequenzen
„Wir möchten, dass er zur Rechenschaft gezogen wird und im besten Fall nicht mehr im Amt bleibt“, übersetzte ein Dolmetscher die Aussage des 30-jährigen Ehemannes. Das Ehepaar erzählte, die Polizisten hätten bei dem Einsatz am Abend des 9. September keine Rücksicht auf die anwesenden und zum Teil schlafenden drei Kinder genommen. Die Kinder seien schockiert gewesen und hätten nicht verstanden, warum die Polizisten so aggressiv seien.
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Der Linke-Abgeordnete Ferat Kocak sagte: „Wir haben in der Polizei nicht nur ein Problem mit Rassismus, sondern ein Nazi-Problem.“ Der Abgeordnete Niklas Schrader meinte, der Vorfall zeige den „strukturellen Rassismus“ in der Polizei. Erkennbar sei, dass die Polizisten ihre Äußerungen offenbar für normal hielten und keine Angst vor Konsequenzen hätten.
Der Fall kam nur durch in Video, das die Ehefrau und ein Sohn weitgehend heimlich filmten, an die Öffentlichkeit. Experten glauben, dass es viele solcher Fälle gibt. Allein: Unabhänhige Studien zu Rassismus in der Polizei hatte die Politik stets ablehnt. Das Video zeigt, wie zwei Polizisten den Mann im Beisein seiner Familie wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe nach mehrfachen Schwarzfahrens verhaften wollen.
Es kommt zum Streit, alle schreien sich an, ein Kind weint laut, die Polizisten fesseln den Mann. Die Frau sagt, das sei ihre Wohnung. Ein Polizist antwortet: „Das ist mein Land, und Du bist hier Gast.“ Und kurz darauf: „Halt die Fresse, fass mich nicht noch mal an. (...) Ich bringe dich ins Gefängnis.“ Letztlich bezahlte der Ehemann die Geldstrafe von 750 Euro in bar und konnte in der Wohnung bleiben.
Rassistischer Polizeieinsatz: Betreffender Polizist war schon auffällig
Der Polizist sei in den Innendienst versetzt worden, teilte die Polizei mit. „Weitere dienstrechtliche Konsequenzen folgen.“ Außerdem werde auch strafrechtlich ermittelt. Nach Zeitungsberichten war er schon vorher auffällig und wurde einmal strafversetzt. Die Polizisten hatten wiederum das Ehepaar wegen Widerstandes und weiterer Punkte angezeigt.
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Veröffentlicht wurden von der Linkspartei und den Grünen ein etwa fünf Minuten langer Ausschnitt des Videos und ein deutlich kürzerer. Der ganze Film sei allerdings etwa 30 Minuten lang, sagte das Ehepaar. Man wolle diese ganze Fassung aber nicht zeigen, hieß es bei der Pressekonferenz, ohne dass das konkret begründet wurde.
Auf die Frage, wie es zu der Eskalation gekommen sei, antwortete das Ehepaar nicht, auf Rat ihres Anwalts wegen der laufenden Ermittlungen, wie es hieß. Auch einige weitere Fragen wurden nicht beantwortet: ob die Frau den Polizisten tatsächlich anfasste, wie er sagte; warum sie von der Polizei eine Gefährderansprache erhielt; wie lange das Ehepaar schon in Deutschland lebt und welchen Aufenthaltsstatus es hat.
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Die Linke kündigte an, das Ehepaar werde sich mit Bezug auf das Anti-Diskriminierungsgesetz bei der entsprechenden Stelle beschweren. Am Montag soll Innensenatorin Iris Spranger (SPD) im Innenausschuss Fragen zu dem Vorfall beantworten.