Nach der Kartoffelbrei-Attacke auf Millionen-Monet: Museum Barberini öffnet wieder – und DAS sind die neuen Vorschriften für Besucher
Die Attacke auf ein Monet-Bild in Potsdam löst eine breite Debatte über den Schutz von Kunst aus.

Die Kunstwelt ist aufgeschreckt: Immer neue Angriffe auf wertvolle Bilder machen Museen Angst. Auch die Besucher sind von den Sinnlos-Attacken der selbst ernannten Klimaschützer abgestoßen. Eine Woche nach der Kartoffelbrei-Attacke auf ein mehr als 100 Millionen Euro teures Gemälde konnte am Montag wieder Monets „Getreideschober“ im Museum Barberini bestaunt werden – die Besucher mussten dafür aber härtere Sicherheitsprozeduren über sich ergehen lassen.
Vor gut einer Woche hatten Klimaaktivisten den Millionen-Monet mit Kartoffelbrei beworfen, passiert ist dem Kunstwerk hinter Glas dabei nichts. Es kann wieder mit seiner „leuchtenden Farbigkeit“ beeindrucken, wie es in der Beschreibung an der Wand heißt.
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Das Barberini in Potsdams schloss nach der Attacke, um über höhere Sicherheitsvorkehrungen zu beraten. Am Wochenende gab es dann in Berliner Museen neue Störmanöver, die Unverständnis in der Politik auslösten.
Museum Barberini: Alle Taschen und Jacken müssen in die Schließfächer und zur Garderobe
In Potsdam beobachtete Museumsdirektorin Ortrud Westheider bei der Wiedereröffnung am Montag das große Besucherinteresse. „Es ist ein besonders schöner Moment“, sagte sie. Dabei waren die Besucher längst nicht nur von der Kunst der Impressionisten angezogen, sondern buchten Führungen durch die neue Surrealismus-Ausstellung mit Werken etwa von Salvador Dalí, Max Ernst oder René Magritte. Er sei doch nicht nur wegen des einen Monets hier, erzählte ein Besucher. Zahlreiche Touristen standen schon vor der Öffnung in der Schlange vor dem klassizistisch-barocken Gebäude.
Zuerst aber hieß es nach den neuen Sicherheitsbestimmungen, dass alle Taschen und Jacken in die Schließfächer und zur Garderobe müssen. Zudem gibt es laut Direktorin auch mehr Sicherheitspersonal. Vor allem hinter den Kulissen wurde über mehr Schutz beraten, die Schritte sollen nicht öffentlich werden. In Abstimmung mit Kollegen etwa in London und Amsterdam sei ein ganzes Bündel an Maßnahmen entstanden, sagte Westheider.

Nach der Attacke im Barberini, seit seiner Eröffnung 2017 ein Publikumsmagnet, war die Verunsicherung groß. „Dieses Ereignis trifft uns wie ein Schock. Wir müssen über die Fragilität der unersetzlichen Kunstwerke aufklären und damit einer Bagatellisierung solcher Vorfälle entgegentreten“, sagte Westheider. Das Museum tauschte sich rasch mit Leihgebern der Gemälde aus. „Glücklicherweise wurde keines der Werke zurückgefordert.“
In der Alten Nationalgalerie löste eine Aktion einen Polizeieinsatz aus
Doch bleibt ein Risiko, dass Museen weiterhin Ziel von Aktivisten werden. Am Wochenende klebten sich zwei Frauen auch im Berliner Museum für Naturkunde an die Haltestangen eines Dinosaurierskelettes. In der Alten Nationalgalerie löste eine Aktion einen Polizeieinsatz aus: Das verglaste Gemälde „Clown“ von Henri de Toulouse-Lautrec wurde mit einer Kunstblutflüssigkeit beworfen. Klimaaktivisten sollen damit (anders als mit der Aktion im Museum für Naturkunde) aber nichts zu tun haben.
Die Aktionsgruppe „Letzte Generation“ will mit ihren Störmanövern vor allem Aufmerksamkeit erreichen, ist empört, dass, wie sie sagen, ein Kunstwerk wichtiger sei als die Zerstörung des Planeten. Sie nutzen dafür die Macht klassischer Bilder – und produzieren unter großer Aufmerksamkeit neue. „Wir müssen uns Aktionen überlegen, die nicht ignoriert werden können“, sagte Jakob Beyer, der zu der Gruppe gehört, dem ARD-Kulturagazin „ttt - titel, thesen, temperamente“.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth bezweifelt, dass Angriffe auf unersetzliche Kunstwerke wirklich mehr Aufmerksamkeit für den Kampf gegen den Klimawandel bringen. „Wenn die Aktionen in dieser Form weitergehen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis tatsächlich ein Kunstwerk unwiederbringlich beschädigt wird“, hieß es in ihrer Stellungnahme.
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Der Gründer des Museums Barberini, der Kunstmäzen Hasso Plattner, dem die große Impressionisten-Sammlung gehört, sieht eine Gefahr, dass Ausstellungen mit Leihgaben künftig schwieriger möglich sind.

Aber kann der Angriff auf den wertvollen Monet, der für sein Gespür für Landschaften berühmt ist, womöglich auch eine Debatte über den Klimaschutz beleben? Die frühe Umweltschutzbewegung beginne in dieser Zeit des 19. Jahrhunderts, und die impressionistische Malerei thematisiere auch schon die Umweltverschmutzung, etwa wenn Monet den Smog von London male oder auch ein Stahlwerk zeige, sagte Westheider. „Die Impressionisten zeigen keine unschuldigen Landschaften.“
Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke): Das ist eine Sache für die Strafverfolgungsbehörden
Es solle thematisiert werden, inwiefern impressionistische Bilder auch Quellen für die Klimaforschung sein können. „Seit einiger Zeit sind wir schon mit Klimaforschern und Kunsthistorikern von Philadelphia bis Potsdam im Gespräch.“ Daraus könnten sich Veranstaltungen, vielleicht auch Ausstellungen entwickeln, kündigte die Direktorin an.
Das Berliner Museum für Naturkunde möchte sich trotz der Klebe-Aktion von Klimaaktivistinnen weiter für einen offenen Austausch einsetzen. „Wir bieten sehr viel Dialog an. Wir haben jahrelang jeden Freitag mit Fridays for Future gearbeitet. Dabei gilt: Recht und Gesetz setzen Grenzen. Bei jedweden Aktionen“, sagte der Generaldirektor des Museums, Johannes Vogel. Strengere Sicherheitskontrollen solle es trotz des Vorfalls in seinem Haus nicht geben.
Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hat die Angriffe von Klimaaktivisten auf Kunstwerke verurteilt. „Ich habe dafür null Verständnis“, sagte er am Montagnachmittag. Die Aktivitäten der Protestgruppe „Letzte Generation“ in den Museen bereiten ihm nach eigenen Angaben erhebliche Sorgen.
Er könne die Dringlichkeit des Anliegens verstehen, man habe nicht mehr viel Zeit, um die Klimaprobleme in den Griff zu bekommen. Er glaube aber, dass dieses Agieren kontraproduktiv sei. Kunst zu gefährden, halte er für verantwortungslos, sagte Lederer. Und mit Verantwortungslosigkeit verantwortliches, politisches Handeln einzufordern, sei absurd.
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Lederer kritisierte, die Aktionen seien eine Art Alltagssport geworden. In Potsdam habe man großes Glück gehabt, dass die Substanz durch eine bestimmte Rahmung nicht in das Bild eingedrungen sei. Wenn in Zukunft gefordert sei, Museen zu Hochsicherheitstrakten hochzurüsten, würden die Hürden für einen Museumsbesuch noch weiter steigen.
Ressourcen würden dann für das fehlen, wofür sie eigentlich gebraucht würden, nämlich für die Vermittlung. Man sei in keiner Weise in der Lage, Museen vor solchen Übergriffen zu schützen, warnte Lederer. Er könne nur hoffen, dass ein Stück weit Reflexion erfolge. Alles andere sei eine Sache für die Strafverfolgungsbehörden.