Eine Frau legt am Tag nach der Tat Blumen nieder und gedenkt der Opfer am Babelsberger Oberlinhaus.
Eine Frau legt am Tag nach der Tat Blumen nieder und gedenkt der Opfer am Babelsberger Oberlinhaus. Imago/Martin Müller

Nicht nur die Potsdamer waren entsetzt. Darüber, was im April diesen Jahres auf dem Gelände des Oberlinhauses, einer evangelischen Einrichtung, passierte. In einem Behindertenwohnheim wurden zwei Männer und zwei Frauen getötet, eine weitere Frau wurde schwer verletzt vorgefunden und kam in eine Klinik. Ein halbes Jahr nach der Gewalttat mit vier Toten in einem Potsdamer Wohnheim für Behinderte muss sich eine 52-jährige Pflegekraft wegen Mordes und Mordversuchs von Dienstag an vor Gericht verantworten.

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Laut Anklage soll die 52-Jährige Ende April fünf schutzlose Bewohner mit einem Messer angegriffen und vier von ihnen getötet haben. Eine Frau überlebte nach einer Notoperation. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Pflegekraft die Taten im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen hat. Für den Prozess sind zehn Verhandlungstage bis zum 9. Dezember angesetzt.

„Ich bin froh und erleichtert, dass der Prozess jetzt beginnt“

Die Pflegekraft, die viele Jahre in der diakonischen Einrichtung Oberlinhaus arbeitete, wurde nach der Tat in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Die Tat hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.

„Ich bin froh und erleichtert, dass der Prozess jetzt beginnt“, sagte der Theologische Vorstand des Oberlinhauses, Matthias Fichtmüller. Dies sei wichtig, um den Trauerprozess abschließen zu können. Das Oberlinhaus habe sich im vergangenen halben Jahr auf die Begleitung der Bewohner und des Personals konzentriert. Seelsorgerische Angebote stünden jederzeit zur Verfügung. „Jetzt, wo der Prozessbeginn bekannt geworden ist, wird das Angebot auch wieder vermehrt angenommen“, sagte Fichtmüller. „Ich bin davon überzeugt, dass die Justiz diesen Prozess angemessen zu Ende bringen wird.“

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Verteidiger der 52-Jährigen sieht auch eine Schuld beim Arbeitgeber

Der Verteidiger der 52-Jährigen, Henry Timm, zeigte sich entschlossen. „Sicher ist die Aufarbeitung des Tatgeschehens und der Umstände, die dazu führten, zwingend notwendig“, sagt er. Timm sieht dabei auch eine Mitverantwortung beim Arbeitgeber. „Dies gilt dann, wenn Arbeitgeber nicht davor zurückschrecken, ihre Mitarbeiter über ihre Belastungsgrenze hinaus weiter arbeiten lassen, ohne bei Anzeichen von Überlastung geeignete Maßnahmen zu ergreifen“, sagte Timm.