CDU-Chef Friedrich Merz keilte gegen die SPD zurück.
CDU-Chef Friedrich Merz keilte gegen die SPD zurück. Chris Emil Janßen/Imago

Die CDU musste nach der Beinahe-Wahl eines AfD-Kandidaten zum Landrat im Landkreis Oder-Spree in Brandenburg heftige Kritik einstecken. Nun keilt CDU-Parteichef Friedrich Merz gegen die Kritiker, vor allem aus der SPD zurück.

„An die Adresse von Lars Klingbeil will ich deutlich sagen: Ich verbitte mir Unwahrheiten von einem SPD-Vorsitzenden, in dessen Reihen ein Ex-Bundeskanzler geduldet wird, der vor einer Woche mit dem AfD-Vorsitzenden Chrupalla in der russischen Botschaft gefeiert hat“, so Merz auf einer Pressekonferenz am Montag.

CDU-Chef Merz verbreitet Unwahrheit über Wahlempfehlung

Merz bezeichnete die Vorwürfe Klingbeils als glatte Unwahrheit. „Es hat an Ort und Stelle eine klare Empfehlung der  CDU, des Kreisverbandes, des Kreisvorsitzenden, des Landratskandidaten gegeben, den SPD-Kandidaten zu wählen“, behauptet Merz.

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Das stimmt jedoch nicht. So hatte die CDU zwar aufgerufen, zur Wahl zu gehen. Doch der CDU-Kreischef und Landtagsabgeordnete André Schaller hatte vor der Wahl explizit keine Wahlempfehlung für den SPD-Kandidaten geben wollen. „Eine Wahlempfehlung geben wir nicht“, sagte er den Potsdamer Neuesten Nachrichten noch am Donnerstag.

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Immerhin hatte sich aber der unterlegene CDU-Kandidat für eine Wahl des SPD-Kandidaten Frank Steffen ausgesprochen. „Unser Kandidat im ersten Wahlgang, Sascha Gehm, hat sich für die Stichwahl klar positioniert und den SPD-Kandidaten sogar in seinen Podcast eingeladen, um für ihn Werbung zu machen“, sagte Gordon Hoffmann, Generalsekretär der Brandenburger CDU.

Frank Steffen (l., SPD) und Rainer Galla (AfD) gingen in die Stichwahl. Der SPD-Kandidat gewann knapp.
Frank Steffen (l., SPD) und Rainer Galla (AfD) gingen in die Stichwahl. Der SPD-Kandidat gewann knapp. Bernd Settnik/Patrick Pleul/dpa

Klingbeil hatte CDU heftig attackiert

Zuvor hatte der SPD-Bundesparteichef Lars Klingbeil der CDU schwere Vorwürfe gemacht. „Eigentlich war ich immer davon ausgegangen, es gibt einen Konsens unter den demokratischen Parteien, dass wir die Spielräume der AfD nicht erweitern werden, dass wir uns klar positionieren, dass wir die Brandmauer hochhalten gegen die AfD“, sagte er am Montag.

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Die CDU habe sich aber weder vor Ort noch auf Landesebene und „erst recht nicht durch Friedrich Merz auf der Bundesebene“ positioniert, kritisierte Klingbeil. „Ich kann nur appellieren an die Union, nicht weiter mit dem Feuer zu spielen und an jeder Stelle darauf zu achten, dass die Brandmauer gegen rechts weiter besteht“, sagte der SPD-Chef.

Auch Politikforscher sieht „verhängnisvolles Signal“ der demokratischen Parteien

Auch der Politikforscher Gideon Botsch sprach von einem „verhängnisvollen Signal“. „Was ich wirklich sehr fatal finde, ist, dass wir – anders als in Cottbus bei der Oberbürgermeisterwahl vor einigen Monaten – keine gemeinsame Mobilisierung der demokratischen Parteien hatten“, sagte der Politikprofessor an der Universität Potsdam am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

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„Der Effekt, einen AfD-Kandidaten zu verhindern, ist in dieser Wahl offensichtlich nicht eingetreten“, stellte er fest. „Das hatten wir bei den letzten Wahlen in den ostdeutschen Ländern relativ oft, dass die Menschen mobilisiert wurden, um eine AfD als stärkste Kraft zu verhindern, und das auch getan haben.“

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CDU-Landeschef Jan Redmann räumte Fehler ein. „Wir alle haben die Stichwahl unterschätzt“, sagte er am Montag auf Anfrage. Das Wahlergebnis müsse ein Weckruf sein. „Einfach nur Unterhaken gegen die AfD ist zu wenig, um sie klein zu kriegen.“ Es gebe eine Entfremdung zwischen der Politik und den Menschen vor Ort, konstatierte Redmann. „Wir müssen dem Frustrationsverstärker AfD ein pragmatisches, positives Angebot entgegenstellen“, forderte er.