Möbeltrick: Unternehmen hilft Vermietern, den Mietendeckel auszuhebeln
Ein neues Unternehmen bietet sich als Helfer an, um die Restriktionen des neuen Preisrechts zu vermeiden. Fraglich ist, ob es damit durchkommt.

Der Mietendeckel macht die Wohnungswirtschaft erfinderisch – wenn es darum geht, die Restriktionen des neuen Preisrechts zu umgehen. Zum Beispiel beim Vermieten möblierter Wohnungen. Seitdem der Mietendeckel in Kraft getreten ist, ist es unattraktiv, möblierte Wohnungen zu vermieten. Denn die neuen Mietobergrenzen gelten für die Kaltmiete inklusive aller Zuschläge, also auch der Zuschläge für Möbel. Das führt dazu, dass Vermieter über die normale Miete hinaus praktisch keine Zuschläge mehr kassieren können. Das Unternehmen Mbly will jetzt allerdings ein Modell entwickelt haben, mit dem es „das Vermieten von möbliertem Wohnraum“ trotz Mietendeckel wieder „sorgenfrei und renditestark“ ermöglichen will. So verkündet es jedenfalls auf seiner Homepage.
Und so sieht das Modell aus: Mbly kauft den Vermietern möblierter Wohnungen die Möbel ab und lässt sich anschließend von den Mietern für die Nutzung der Möbel monatlich bezahlen. Mbly selbst bezahlt den Vermietern per monatlicher Ratenzahlung den Kaufpreis. Der Vermieter vermietet seine Wohnung danach korrekt zur Miete, die nach dem Mietendeckel zulässig ist. Den Zuschlag für die Möbel kassiert indes ein anderer, die Firma Mbly. Sie verschafft den Vermietern damit die Möglichkeit, wieder Geld aus den Möbeln zu machen, und verdient daran ebenfalls mit. Und das nicht zu knapp.
Rechnung mit oder ohne Möbelgarantie
Eine auf der Homepage von Mbly veröffentlichte Musterrechnung für eine 50 Quadratmeter große Wohnung zeigt, was bei der Geschäftsidee herausspringt: Vor dem Mietendeckel wären für eine 50 Quadratmeter große Beispiel-Wohnung 1000 Euro monatlich zu zahlen gewesen. Durch den Mietendeckel reduziert sich die Miete auf 548 Euro. Mit der Übernahme der Möbel durch Mbly würde der Mieter neben der zulässigen Miete von 548 Euro weitere 453 Euro für die Möbel an Mbly zahlen. Der Vermieter erhielte von den rund 1000 Euro des Mieters entweder 793 Euro, wenn er zugleich eine Möbelgarantie von Mbly wählt, oder 813 Euro, wenn er auf eine Möbelgarantie verzichtet. Während sich die Einnahmen des Vermieters durch den Mietendeckel um rund 45 Prozent verringern, muss er nach dem Mbly-Modell entweder auf 21 Prozent oder 19 Prozent verzichten – abhängig davon, ob er die Möbelgarantie in Anspruch nimmt oder nicht. Bei Mbly verbleiben nach der Beispiel-Rechnung anteilig entweder 207 Euro oder 187 Euro monatlich.
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In Vermieterkreisen kommt die Idee an. „Das Modell sieht sehr gut aus“, schreibt ein Eigentümer in einem Chat im Internet. „Vielleicht hilft das ja, den Raub der Postkommunisten zu umgehen“, notiert ein anderer.
FU-Professor: Geschäftsmodell ist nicht zulässig
Mbly hat seine Idee zwar „rechtlich prüfen lassen“, wie das Unternehmen auf seiner Homepage schreibt. Dennoch könnte es mit dem Angebot bald vorbei sein. Denn eine „rechtliche Stellungnahme zum Geschäftsmodell der Fa. Mbly“ des FU-Professors Florian Rödl kommt zu dem Schluss, dass das Modell nicht zulässig ist. „Ein Mietvertrag über die Gebrauchsüberlassung von Möbeln, der rechtlich oder auch nur faktisch und zudem wirtschaftlich mit einer Neuvermietung von Wohnraum verknüpft“ sei, verstoße gegen die im Mietendeckel festgelegten Mietobergrenzen, „auch wenn zwar nicht die Wohnungsmiete, wohl aber die Mieten aus beiden Mietverträgen zusammengenommen“ die Obergrenze überschreiten, heißt es in dem Papier. „Soweit diese Grenze überschritten wird, ist die Möbelmiete verboten“, stellt der FU-Professor in seiner Expertise fest, die im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erarbeitet wurde. Mit der Forderung oder Entgegennahme einer verbotenen Möbelmiete mache sich der Möbelvermieter „bußbar, ebenso der Wohnungsvermieter als Beteiligter“. Das örtlich zuständige Bezirksamt sei „befugt, Mbly die weitere Fortführung ihres Geschäftsmodells zu untersagen“.
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Gründer von Mbly sind Urs Möller und Moritz Fröhlich, denen die Idee für das Unternehmen „aus dem Arbeitsalltag als Immobilien-Verwalter“ kam, wie sie auf ihrer Homepage schreiben. Möller verteidigt das Konzept: „Unser Modell ist kein Möblierungszuschlag, sondern eine vom Mietverhältnis unabhängige Dienstleistung“, argumentiert er. Diese sei genauso wenig beschränkbar wie ein Internetanschluss, den der Mieter in den Wohnräumen nutze. „Wir haben unser Modell ausführlich anwaltlich prüfen lassen“, so Möller. „Die Gutachten bestätigen uns, dass Mbly kein Möblierungszuschlag ist, sondern eine zivilrechtliche Vereinbarung mit dem Verbraucher.“
Möller kritisiert den Mietendeckel. Dieser führe dazu, „dass das möblierte Wohnen mutwillig zerstört“ werde. Nach Schätzungen von Mbly umfasst der Markt von möblierten Wohnungen bis zu 200.000 Wohnungen in Berlin. Das Unternehmen gibt an, dass es bereits jetzt – eineinhalb Monate nach Inkrafttreten der zweiten Stufe des Mietendeckels – „Gespräche mit einer dreistelligen Anzahl an Eigentümerinnen und Eigentümern geführt“ habe. „Wir gehen davon aus, dass sich unser Modell bis Ende 2021 auf bis zu 5000 Wohnungen ausweitet“, so Möller.
Ob es dazu kommt, ist fraglich. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zumindest hat die rechtliche Einschätzung des FU-Professors bereits an die Bezirke verschickt, berichtet Behördensprecherin Katrin Dietl – „verbunden mit der Bitte um Beachtung bei der Anwendung“ des Mietendeckels.