Lächeln ... Die bisherige Regierende Bürgermeisterin und designierte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD), und der voraussichtliche Regierende Bürgermeister, Kai Wegner (CDU), unterzeichneten am Mittwoch den Koalitionsvertrag im Berliner Abgeordnetenhauses. Jetzt muss Wegner nur noch gewählt werden.
Lächeln ... Die bisherige Regierende Bürgermeisterin und designierte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD), und der voraussichtliche Regierende Bürgermeister, Kai Wegner (CDU), unterzeichneten am Mittwoch den Koalitionsvertrag im Berliner Abgeordnetenhauses. Jetzt muss Wegner nur noch gewählt werden. Bernd von Jutrczenka/dpa

Am Donnerstag geht es nun wirklich um die Wurst: Kai Wegner (50, CDU) will sich im Abgeordnetenhaus der geheimen Wahl zum Regierenden Bürgermeister und Nachfolger von Franziska Giffey (SPD) stellen. Und alle sind gespannt, ob er wirklich die Unterstützung vor allem der 34 SPD-Abgeordneten bekommt, nachdem die Basis der SPD nur mit etwas über 54 Prozent einer Koalition mit der CDU zugestimmt hatte. Auch Quertreiber aus der CDU (52 Abgeordnete) sind möglich.

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Die Regeln für die Wahl zum Regierenden Bürgermeister

159 Abgeordnete hat das neue Berliner Parlament, die schwarz-rote Koalition 86. Für die Wahl Wegners wären laut Berliner Verfassung mindestens 80 Stimmen nötig, die absolute Mehrheit.

Sollte Wegner sie nicht im ersten oder zweiten Wahlgang erreichen, könnte er in einem dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit gewählt werden. Das dürfte er aber nicht versuchen, weil dann klar wäre, dass die Koalition ihn nicht trägt.

Was passiert, wenn Kai Wegner nicht gewählt wird?

Was dann geschieht, ist offen: Sowohl Verhandlungen für eine erneute rot-grün-rote Koalition wären denkbar, aber auch Verhandlungen von CDU und Grünen für eine Regierungsbildung.

Beides ist durch das Ergebnis der Wiederholungswahl am 12. Februar möglich: Die CDU hatte mit 28,2 Prozent gewonnen, vor der SPD und den Grünen mit je 18,4 Prozent (und einem hauchdünnen Vorsprung der SPD von 53 Stimmen). Die Linke landete bei 12,2 Prozent, die AfD bei 9,1 Prozent, und die FDP flog mit nur 4,6 Prozent aus dem Abgeordnetenhaus, weil sie die 5-Prozent-Hürde gerissen hatte.

Nur selten gingen alle Stimmen der Koalitionen an ihren jeweiligen Kandidaten

Seit 2001 sind nicht alle Wahlen zum Regierenden Bürgermeister glatt gegangen, und alle Stimmen einer Koalition gingen nur in einem Ausnahmefall an den Kandidaten.

Maurizio Gambarini/dpa
Bei Klaus Wowereit gab's zwei Wahlkrisen

Am 16. Juni 2001 gelang es Klaus Wowereit (SPD) mit Hilfe von PDS (heute: Linke) und Grünen, nach dem Bruch der schwarz-roten Koalition den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen von der durch einen Spendenskandal gebeutelten CDU vorzeitig aus dem Amt zu kegeln. Wowereit wurde dann mit 89 der 92 Stimmen der drei Fraktionen gewählt, bildete einen rot-grünen Minderheits-Übergangssenat.

Nach der nächsten regulären Abgeordnetenhauswahl wurde es schon kniffliger: Am 17. Januar 2002, eine rot-rote Koalition war vereinbart, drohte Wowereit vor seiner Wiederwahl mit Rücktritt. Der für das Amt des Stadtentwicklungssenator vorgesehene SPD-Landeschef Peter Strieder („Ein gutes Pferd springt knapp“)  war durchgefallen, acht Abgeordnete der SPD und der PDS hatten nicht für ihn gestimmt. Er wurde erst nach Wowereits Drohung doch noch gewählt.

Damals (bis 2006) wurden die Senatoren noch vom Parlament gewählt und nicht wie heute vom Regierenden Bürgermeister ernannt. Wowereit selbst wurde mit 74 von 76 möglichen Koalitionsstimmen im Amt bestätigt.

Richtig haarig für ihn wurde es am 23. November 2006, als er zum dritten Mal antrat. Im ersten Wahlgang erhielt er nur 74 Stimmen, 75 wären nötig gewesen, 76 hätten SPD und PDS zusammenbringen können. Im zweiten Wahlgang stimmten dann 75 Abgeordnete für ihn, 74 gegen ihn. Die Sitzung war auch deshalb turbulent, weil Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) Wowereit vorschnell und falsch nach dem ersten Wahlgang zum Erfolg gratuliert hatte.

Bei seiner vierten Wahl am 23. November 2011, jetzt wurde die Koalition rot-schwarz, lief es für Wowereit wieder einfacher, er blieb mit 84 von 86 Abgeordnetenstimmen im Amt. 2014 (F.) gab er es vorzeitig auf.

Gregor Fischer/dpa
So sah es bei Michael Müller und Franziska Giffey aus:

Michael Müller (SPD) gelang es am 11. Dezember 2014, mit 87 zwei Stimmen  mehr zu erhalten als Rot-Schwarz Abgeordnete hatte. Er wurde Nachfolger Klaus Wowereits.

Nach der Abgeordnetenhauswahl 2016, als Müller eine rot-rot-grüne Koalition geschmiedet hatte, sah es nicht mehr so rosig aus: Am 8. Dezember verweigerten ihm vier Koalitions-Parlamentarier die Gefolgschaft, er wurde aber mit 88 Ja-Stimmen deutlich im Amt bestätigt.

Franziska Giffey (SPD), die nach der vermurksten Wahl 2021 angetreten war, weil Müller in den Bundestag wechselte, schaffte es am 21. Dezember im ersten Wahlgang als Chefin der nun rot-grün-roten Landesregierung ins Rote Rathaus – mit 84 von 139 Stimmen. Das war kein tolles Ergebnis, weil gleich acht SPD-, Linke- oder Grünen-Abgeordnete die Gefolgschaft verweigert hatten.

Ihre Zeit im Rathaus ist vorbei, weil es nicht gelang, die rot-grün-rote Koalition nach der Wiederholungswahl im Februar 2023 fortzusetzen.

Ist Kai Wegner zum Regierenden Bürgermeister gewählt, wird er sofort vereidigt

Vorausgesetzt, Kai Wegner wird gewählt (die Sitzung beginnt um 12 Uhr), wird er sofort von Parlamentspräsidentin Cornelia Seibeld (CDU) vereidigt, um seine Dienstgeschäfte aufnehmen zu können.

Die beginnen laut Planung gegen 13 Uhr mit einer Fahrt durch die Innenstadt: Vom Abgeordnetenhaus in der Niederkirchnerstraße geht es mit den künftigen Senatoren ins Rote Rathaus, wo er sie ernennt.

Im neuen Senat stellen CDU und SPD je fünf Senatoren. Das ist der Plan:

  • Stefan Evers wird Finanzsenator in der Nachfolge von Daniel Wesener (Grüne), war zuletzt Generalsekretär der Berliner CDU und Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion.
  • Katharina Günther-Wünsch, Lehrerin und bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, wird Bildungssenatorin anstelle von Astrid-Sabine Busse (SPD).
  • Manja Schreiner, bislang Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg, wird die bislang von Bettina Jarasch (Grüne) geführten Ressorts Verkehr und Klimaschutz verantworten.
  • Joe Chialo, Musikmanager und Rockmusiker, wird Kultursenator anstelle von Klaus Lederer (Linke).
  • Felor Badenberg ist als Justizsenatorin vorgesehen, folgt auf Lena Kreck (Linke). Sie gibt dafür ihr Amt als  Vizepräsidentin des Bundesamts für Verfassungsschutz auf. Die gebürtige Iranerin ist kein CDU-Mitglied.
  • Die bisherige SPD-Regierende Franziska Giffey wird Wirtschaftssenatorin und folgt auf Stephan Schwarz (parteilos, für SPD). Sie soll zugleich als Bürgermeisterin eine Stellvertreterin von Wegner sein.
  • Arbeits- und Sozialsenatorin wird Cansel Kiziltepe, bisher Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesbauministerium und Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete. Sie folgt auf Katja Kipping (Linke)
  • Iris Spranger bleibt Innensenatorin. Sie ist neben Giffey das einzige Mitglied der Landesregierung, das schon dem alten Senat angehörte.
  • Ina Cyborra wird Senatorin für Gesundheit und Wissenschaft anstelle von Ulrike Gote (Grüne). Die Historikerin und Archäologin ist Vize-Landesvorsitzende der SPD.
  • Christian Gaebler folgt als Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen auf Andreas Geisel (SPD). Der Ingenieur war langjährig Staatssekretär in verschiedenen Senatsverwaltungen, zuletzt im Ressort, das er leiten soll.

Der neue Senat kann nur bis Herbst 2026 im Amt bleiben. Dann wird wieder regulär gewählt

Nach etwa anderthalb Stunden wird der neue Senat dann wieder im Parlament ankommen, wo Wegners Regierungsmitglieder vereidigt werden. Schließlich geht es dann zur konstituierenden Sitzung des Senats erneut ins Rathaus, Wegner und seine Truppe legen los.

Viel Zeit haben sie nicht, um an der Bewältigung der Probleme Berlins zu arbeiten: Obwohl die Chaos-Wahl vom September 2021 im Februar 2023 wiederholt werden musste, endet die Wahlperiode wie ursprünglich geplant 2026.