Teilnehmer einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen stehen auf der Straße des 17. Juni und um die Siegessäule.
Teilnehmer einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen stehen auf der Straße des 17. Juni und um die Siegessäule. Foto: Michael Kappeler/dpa

+++ Update 17.48 Uhr +++

Mehrere Zehntausend Menschen haben an der Siegessäule in Berlin gegen die staatlichen Corona-Schutzauflagen demonstriert. Bei der Großkundgebung am Samstag forderte der Initiator Michael Ballweg von der Stuttgarter Initiative Querdenken die Aufhebung aller zum Schutz vor dem Virus erlassenen Gesetze sowie die sofortige Abdankung der Bundesregierung. Dafür bekam er großen Beifall. Zugleich dankte Ballweg der Berliner Polizei, «die uns ermöglichte, hier friedlich zu demonstrieren».

Polizeisprecher Thilo Cablitz sprach von mehreren zehntausend Teilnehmern der Demo. Die rund zwei Kilometer lange Strecke war mit Demonstranten gut gefüllt. Die Polizei rief die Menschen auf, nicht weiter hinzuzuströmen. Bei Twitter schrieb sie: «Wir stellen fest, dass bei der Demo auf der Straße des 17. Juni die Abstände nicht ausreichend eingehalten werden. Wir fragen derzeit den Versammlungsleiter, ob er unter diesen Umständen seine Versammlung überhaupt beginnen möchte und raten vom weiteren Zuströmen ab.»

Der US-Rechtsanwalt, Umweltaktivist und Impfgegner Robert Francis Kennedy junior, Neffe des US-Präsidenten John F. Kennedy, wandte sich in seinem Redebeitrag gegen den Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes, warnte vor einem Überwachungsstaat und attackierte in diesem Zusammenhang unter anderem Microsoft-Gründer Bill Gates. Unter Verweis auf den berühmten Berlin-Besuch des US-Präsidenten Kennedy im Juni 1963 sagte er, sein Onkel sei damals nach Berlin gekommen, weil in der Stadt die Front gegen Totalitarismus verlaufen sei. «Heute ist Berlin wieder die Front gegen Totalitarismus», fügte er an.

Rangeleien und Angriffe auf Einsatzkräfte der Polizei

Vereinzelt kam es in Berlin zu Rangeleien und Angriffen auf Einsatzkräfte der Polizei. Im Bereich der Reichstagswiese seien Teile der Absperrung umgeworfen worden, twitterte die Polizei. «Es drangen Personen in den gesperrten Bereich vor.» Dagegen sei die Polizei vorgegangen. Polizeisprecher Thilo Cablitz sagte dazu, dass es dort zu Rangeleien gekommen sei. Auf einer Bühne vor dem Reichstag hatte unter anderem der Vegan-Koch Attila Hildmann gesprochen, der immer wieder Verschwörungsmythen verbreitet.

Vor der Russischen Botschaft versammelten sich laut Cablitz rund 2000 Menschen. Dort seien Einsatzkräfte angegriffen worden. Weitere Angaben dazu konnte er vorerst nicht machen. Bereits zuvor hatte die Polizei von Stein- und Flaschenwürfen auf Polizisten im Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen in der Stadt berichtet.

Nach der angeordneten Auflösung eines Protestzugs war die Polizei zu verschiedenen Einsätzen im Stadtzentrum ausgerückt. So legten sich am Samstag auf dem Schiffbauerdamm rund 40 Menschen Boxbandagen an, wie die Polizei berichtete. In der Universitätsstraße seien zudem Hindernisse auf die Fahrbahn gebracht worden. In der Friedrichstraße habe außerdem ein Baucontainer gebrannt, zudem habe es eine Festnahme nach einem Flaschenwurf gegeben. Auf Videos war auch zu sehen, wie die Polizei Demonstranten wegtrug oder abdrängte, die auf der Straße sitzen blieben und nicht freiwillig gingen.

Sitzblockaden auf der Friedrichstraße. 
Sitzblockaden auf der Friedrichstraße.  Foto: Eric Richard

Die Polizei war mit rund 3000 Beamten im Einsatz. Am Nachmittag forderte die Einsatzleitung einen Hubschrauber an. Er sollte ein Livebild übertragen, um einen besseren Überblick über die Situation zu gewinnen.

Am Mittag hatte die Polizei per Lautsprecherdurchsagen mitgeteilt, dass die Demo aufgelöst wird. Laut zweiter Durchsage muss die Demo beendet werden, weil die Teilnehmer „flächendeckend trotz wiederholter Aufforderung“ Hygienevorschriften nicht einhalten. „Alle bisherigen Maßnahmen haben nicht zu einem Einhalten der Auflagen geführt“, teilte die Polizei mit. „Aus diesem Grund besteht keine andere Möglichkeit, als die Versammlung aufzulösen.“

Die Reaktion der Menschen an der Friedrichstraße zur Ankündigung, dass die Demo aufgelöst wird: „Wir bleiben hier!“ und „Wir sind das Volk!“. Ein Demonstrant an der Spitze der Demo beschimpft die Polizisten: „Was Ihr hier macht, übertrifft die Brutalität der Gestapo im 3. Reich.“

Aus Protest gegen die Corona-Politik hatten sich in Berlin-Mitte nach Schätzungen der Polizei fast 18.000 Menschen versammelt.

Die Polizei teilte per Twitter mit, dass die Demo-Teilnehmer mehrfach vergeblich aufgefordert wurden, die Mindestabstände zum Schutz vor Corona-Infektionen einzuhalten. Daher wurde vom Einsatzleiter um 11.32 Uhr das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes „zur Auflage“ gemacht. Die Sprecherin der Polizei sagte da auch, wenn die Abstandsregeln nicht eingehalten werden und dann auch keine Masken getragen werden, wäre es „das letzte Mittel“,  die Versammlung aufzulösen.

Von der Straße Unter den Linden sollte ein Aufzug mit Protestierern durch Berlin zum Tiergarten und bis zur Straße des 17. Juni ziehen.

In der Friedrichstraße sammelten sich Tausende Demonstranten
In der Friedrichstraße sammelten sich Tausende Demonstranten Foto: AFP/MacDougall

Vor dem Brandenburger Tor standen am Vormittag bereits viele Polizisten. Demonstrierende riefen „Tor auf“ und skandierten „Wir sind das Volk“. Eine riesige Deutschlandflagge war auf dem Boden vor dem Brandenburger Tor ausgelegt. Zu sehen waren auch Fahnen im Stil der bei Rechtsextremisten beliebten Reichskriegsflagge. Die Initiative „Querdenken“ plant eine Kundgebung, für die rund 22.000 Menschen angemeldet sind.

Die Berliner Polizei hat sich auf einen Großeinsatz vorbereitet. Eigentlich wollte sie die Versammlungen verbieten, sie unterlag jedoch vor Gerichten. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin gegen die Verbotsverfügung der Polizei wurde in der Nacht zum Sonnabebd bekannt. Insgesamt sollen rund 3000 Polizisten bereitstehen.