Löwin in Berlin: Hinter der Suche nach der Raubkatze steckt ein echter Skandal
Deutschland hat gelacht über das Berliner Sommer-Theater – doch ein Randaspekt der Suche nach der vermeintlichen Löwin regt manche besonders auf.

Mensch, was haben wir gelacht! In der vergangenen Woche wurde Berlin mal wieder zum Mittelpunkt weltweiter Aufregung – und kurz danach zum Mittelpunkt des Spotts. Der Grund: Zwei Tage lang suchten die Behörden am südlichen Stadtrand nach einer Löwin. Eine Löwin? Als ich morgens die Nachricht auf mein Smartphone bekam, musste ich mir erst einmal verwundert die Augen reiben. Ich fühlte mich wie im Dezember 2022, als es hieß, der Aquadom sei geplatzt. Es gibt Meldungen, mit denen rechnet man einfach nicht. Womit ich auch nicht rechnete: Dass die eigentlich brisante Nachricht der ganzen Löwen-Geschichte völlig ins Hintertreffen geriet.
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Die Löwin von Kleinmachnow ist inzwischen ein Berliner Sommermärchen
Die Löwin von Kleinmachnow hat inzwischen den Status des „Berliner Sommermärchen“. Zwei Tage lang war die Stadt in heller Aufregung, dann wurde klar, dass es sich bei dem Tier, dass sich da im dunklen Wald an einem Baum gerieben hatte, vermutlich doch nur um ein Wildschwein handelte. Kot- und Haarproben, die am „Tatort“ entdeckt wurden, bestätigten den Verdacht. Nur ein paar Löwen-Gläubige wollen ihre Raubtier-Bastion ungern verlassen – sie glauben an Verschwörungen. Zum Beispiel, dass die Regierung das Tier absichtlich aussetzte, um im Rahmen des großen Ablenkungsmanövers heimlich ein Gesetz durchzuwinken.
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Ob es nun eine Löwin war oder nicht: Die Geschichte brachte vielen Menschen in Berlin und außerhalb etwas Sommer-Spaß. Dabei ist das eigentliche Problem der Meldung ein ganz anderes – und darüber wird mir persönlich zu wenig gesprochen: Wie kann es sein, dass Menschen auf ihren Privatgrundstücken Löwen halten? Als wie selbstverständlich darüber berichtet wurde, dass das ja in Brandenburg beispielsweise erlaubt sei und es tatsächlich so sei, dass es im Bundesland private Halterinnen und Halter gibt, dachte ich, ich höre nicht richtig. Dass darüber gesprochen wird, als wäre es normal, grenzt für mich an einen Skandal.
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In der Vergangenheit bin ich immer wieder über Geschichten aus diesem Bereich gestolpert, die mich ratlos machten. Als ich etwa mal eine Not-Station für gerettete Tiere in Brandenburg besuchte, stieß ich dort auf die Geschichte eines Affen, der aus einer Plattenbau-Wohnung befreit wurde – er wurde hier in einem Kinderzimmer gehalten. Ist denn das die Möglichkeit? Und bei der Arbeit mit Tierschützern sind exotische Tiere auch immer wieder ein Thema. Der illegale Handel blüht auch hier.
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Tierschützer: Tschechien ist ein Hotspot des illegalen Handels mit Tigern
Ein Hotspot ist etwa Tschechien, teilt die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ mit. Heute wird beispielsweise die Tigerin Charlota von einem Zoo in Tschechien zu einer Wildtier-Station der Tierschützer in Maßweiler gebracht. Das edle Tier wurde schon 2022 aus privater Haltung beschlagnahmt, danach im Zoo untergebracht. Schon 2018 wurde außerdem aufgedeckt, dass es einen blühenden Handel zwischen vietnamesischen Tiger-Händlern und Dealern in Tschechien gab.
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Ich frage mich ja generell, was es Menschen gibt, solche Tiere zu halten. Empfinden sie eine bestimmte Art von Macht, wenn sie in einem Zwinger im eigenen Garten diese beeindruckenden und zugleich bedrohlichen Tiere zähmen? Oder empfinden sie es als Genugtuung und Belustigung, wenn ein kleiner Affe im Kinderzimmer eines Plattenbaus hausen muss – fernab von allem, was man als „artgerecht“ bezeichnen könnte? Ich habe für Menschen, die so etwas machen, kein Verständnis – denn exotische Tiere gehören in die freie Wildbahn und nicht aufs Privatgrundstück.
Deutschland ist einer der größten Umschlagplätze für exotische Tiere
Deutschland ist laut „Vier Pfoten“ weltweit einer der größten Umschlagplätze für exotische Heimtiere. Hier funktioniert der Handel über Online-Plattformen und Tierbörsen, die Preise seien oft günstig. Beratung und Aufklärungen seien hingegen Fehlanzeige, bemängeln die Tierschützer.
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„Jährlich werden in Deutschland so hunderttausende Wildtiere als exotische Heimtiere zum Verkauf angeboten. Neben Tier- und Artenschutzaspekten sowie Gefahren für die heimische Biodiversität birgt die private Haltung von Wildtieren hohe Risiken für die öffentliche Sicherheit und Gesundheit.“ Welche Aufregung herrscht, wenn eine solche Haltung außer Kontrolle gerät, konnte man bei der Berliner Löwin sehen. Und so lustig alles ist: Wir können froh sein, dass die Raubkatze doch nur ein Wildschwein war.
Florian Thalmann schreibt jeden Mittwoch im KURIER über Tiere.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com