Letzte Generation will Berlin mit Autos lahmlegen
Nicht nur Klebe-Blockaden sind ab Montag geplant, um die Stadt zum Stillstand zu bringen. Aktivisten wollen mit Leihwagen den Verkehr auf der Autobahn ausbremsen.

Jetzt wird es ernst. Ab Montag wollen über 800 Klima-Kleber Berlin komplett lahmlegen, nicht nur durch Klebe-Aktionen. Die Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ planen, sogar mit Autos den Verkehr auszubremsen.. Auseinandersetzungen drohen, die Lage ist schon jetzt brisant. So gibt es Vorwürfe, dass Polizisten bereits im Vorfeld der großen Protestaktion gewaltsam gegen Aktivisten vorgegangen seien.
Lesen Sie auch: Live-Ticker: Wo die Klima-Kleber derzeit die Stadt blockieren>>
Seit vergangenen Mittwoch haben sich Hunderte von Aktivisten der „Letzten Generation“ in Berlin versammelt. Mit Demonstranten, Klebe- und Sprühaktionen in der Innenstadt lieferten sie schon den ersten Vorgeschmack auf ihre geplanten Blockade-Aktionen ab Montag. Am Sonntag nahmen Aktivisten an einer Fahrraddemo gegen den Ausbau der Stadtautobahn A100 teil. Für 15 Uhr haben die Klima-Kleber vor dem Brandenburger Tor zu einer „Versammlung“ aufgerufen. Nach der Kundgebung wollen sie sich auf die Aktionen der nächsten Tage vorbereiten.
Dabei wenden die Aktivisten eine völlig neue Vorgehensweise an, um nun das gesamte Berliner Stadtgebiet „friedlich stillzulegen“. Nicht nur Klebe-Blockaden sind geplant. Wie schon am Donnerstag etwa auf der Karl-Marx-Allee demonstriert, wenden die Protestler nun eine Art „Schleichtaktik“ an. Mit langsamen Fußmärschen wollen sie den Autoverkehr auf den Hauptstraßen stoppen.
Lesen Sie auch: UPDATE: Schmerz-Video: Hat Polizist einem Klimakleber die Hand angebrochen?>>

Lesen Sie auch: Giffey strahlt – SPD-Mitglieder schwanken zwischen Alk und Austritt >>
Und die Klima-Kleber werden vermutlich auch Leihwagen einsetzen, um auf der Avus und der A100 den dortigen Autoverkehr auszubremsen. Bei diesen Bremsblockaden sollen die Fahrzeuge der „Letzten Generation“ auf allen Fahrbahnen in gleicher Höhe extrem langsam fahren, so alle nachfolgenden Autos und LKW zur „Schleichfahrt“ zwingen. So eine Aktion hatten die Klima-Aktivisten bereits vor Wochen auf der A2 erprobt.
Jetzt auch lesen: Protest gegen Klimacamp – dieses Dorf will abgebaggert werden! >>
Die Stimmung in Berlin ist aufgrund der Aktionen mehr als gereizt. Nicht nur bei den Autofahrern lagen die Nerven bei den ersten Aktionen der Klima-Kleber blank – auch bei der Polizei. Derzeit wird ein Video auf Fehlverhalten der Beamten überprüft, die bei einer Protestaktion am Donnerstag gewaltsam gegen einen Klima-Aktivisten vorgegangen sein sollen.
Neue Gewaltvorwürfe: Polizei-Schmerzangriffe gegen Klima-Aktivisten
In einem im Internet veröffentlichten Video ist zu sehen, wie ein Klima-Kleber auf der Straße des 17. Juni sitzt während ein Polizist mit ihm anspricht und ihn auffordert die Straße zu räumen: „Ich möchte ihnen keine Schmerzen zufügen. Wenn ich ihnen Schmerzen zufüge, wenn sie mich zwingen, werden sie die nächsten Tage, nicht nur heute, Tage, werden sie Schmerzen beim Kauen haben und beim Schlucken.“
Im Video ist zu hören, wie der Polizist sagt: „Dann bitte ich Sie jetzt, rüber zu gehen, sofort. Ansonsten werde ich Ihnen Schmerzen zufügen.“ Der Klima-Kleber antwortet: „Ich sitze hier friedlich und sie wollen mich einfach wegtragen.“ Paar Sekunden später hebt der Polizist mit einem Kollegen den Aktivisten von der Straße.

Im Video ist zu sehen, wie er ihn dabei an Hals und Kinn nach oben zieht. Nach einem Schnitt ist zu sehen, wie die Polizisten versuchen, den Mann von der Straße zu bringen. In deren Folge schreit der Aktivist laut auf. In einem Tweet sprach die Polizei von einer „Zwangsmaßnahme eines Kollegen“, die darauf zu sehen sei.
Am Sonntag äußert sich erstmals die Klima-Gruppe „Letzte Generation“ zu „Schmerzangriffen“ der Polizei. Über Twitter präsentieren sie ein Video, in dem ein Aktivist namens Lennard mit einer eingegipsten rechten Hand gezeigt wird. Er behauptet: „Am Mittwoch hat mir ein Polizist beim Räumen einer Blockade mit einem Schmerzgriff das Handgelenk angebrochen. Das hat mich erstmal wütend gemacht, aber ich bin mir sicher, er hat es nicht mit Absicht gemacht.“
Wo der Vorfall passierte, wird nicht erwähnt. Es handle sich bei Lennard auch nicht um den „Schmerzgriff“-Fall vom Donnerstag, erklärt „Letzter Generation“-Aktivist in der Kommentarspalte. Eine Polizeisprecherin sagt dem KURIER: „Der Tweet ist uns bekannt, wird geprüft.“
Laut den Sprechern der Gruppe „Letzte Generation“ sollen die Aktionen in Berlin auf unbestimmte Zeit andauern. Es liege an der Bundesregierung, die Proteste zu stoppen. Die Aktivisten fordern die Bundesregierung auf, einen Plan zum Erreichen des international angestrebten 1,5-Grad-Ziels vorzulegen, mit dem man die schlimmsten Folgen der Erderwärmung verhindern will.
Das Bündnis fordert zudem einen Gesellschaftsrat mit 160 gelosten Mitgliedern, der das Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Gas in Deutschland bis 2030 konkret planen soll. Außerdem setzt sich die Gruppe für ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf Autobahnen und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket ein.