Lehrermangel in Berlin: „Knapp wie Goldstaub“
Mit Blick auf die Infektionszahlen wird auch für Berlins Schulen manches einfacher. Ein gravierendes Problem bleibt ihnen aber nach den Sommerferien völlig unabhängig von der Corona-Lage erhalten.

Trotz sinkender Infektionszahlen blicken viele Berliner Schulleiter mit großen Sorgen auf das neue Schuljahr, denn die Lehrer sind rar: „Die wichtigsten Akteure sind und bleiben die Lehrerinnen und Lehrer. Die sind so knapp wie Goldstaub. Und es wird jedes Jahr enger“, sagte die Vorsitzende des Interessenverbands Berliner Schulleitungen (IBS), Astrid-Sabine Busse am Montag.
In vier Jahren fehlen in Berlin fast 10.000 Lehrer
Aus Sicht der Schulleitungen muss etwas geschehen, damit das Problem nicht aus dem Ruder läuft. Eine zentrale Forderung lautet, Lehrkräfte in Berlin wieder zu verbeamten. Andernfalls sei der wachsende Bedarf angesichts der anstehenden Pensionierungszahlen bei gleichzeitig steigenden Schülerzahlen nicht zu decken, argumentierte Busse. Ein Drittel aller Lehrkräfte in Berlin seien 55 Jahre oder älter – viele davon gingen in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand. Laut Busse wird für das Schuljahr 2025/26 ein Bestand von 23.000 Lehrkräften erwartet – bei einem Bedarf von rund 32.860.
Sven Zimmerschied von der Vereinigung der Schulleiter von Sekundarschulen (BISSS) bestätigte, es gebe bereits ein massives Personalproblem. „Es ist dramatisch. Berlin muss endlich wieder verbeamten“, sagte er. Stellen mit klassisch ausgebildeten Lehrkräften zu besetzen, sei schon jetzt oft unrealistisch.
Busse befürchtet gravierende Folgen: „Die Unterrichtsqualität leidet“, sagte die Leiterin einer Grundschule in Neukölln. Dabei sei es ohnehin schwierig genug, die Lernrückstände durch die Pandemie aufzuholen. In Berlin werden Lehrkräfte seit 2004 nicht mehr verbeamtet – inzwischen anders als in allen übrigen Bundesländern.
Verbeamtung in anderen Bundesländern lockt Berliner Lehrer weg
Die Ausbildung von Lehrkräften in der Hauptstadt sei anerkanntermaßen gut, betonte Busse. „Dann kommt der Tag des zweiten Examens und dann sagt uns die Kollegin: ‚Es war schön bei Ihnen, ich bedanke mich, aber ich bleibe nicht in Berlin‘“, erzählte sie von ihren Erfahrungen. Viele junge Lehrkräfte gingen dann einfach ins Nachbarland Brandenburg.
Arnd Niedermöller, neuer Sprecher der Vereinigung der Oberstudiendirektoren (VOB) in Berlin, wies darauf hin, dass Berlin im Gegenteil unbedingt Lehrkräfte aus anderen Bundesländern gewinnen müsse. Die Situation an den Gymnasien sei zwar „ein klein wenig entspannter“. Aber auch dort gebe es Mängelfächer, für die kaum Pädagogen zu finden seien.
Die Stellen mit Quereinsteigern zu besetzen, die ursprünglich nicht auf Lehramt studiert haben, ist aus Sicht der Schulleiter keine optimale Lösung. „Die Schulen sind zum Teil damit überfordert“, stellte Busse fest.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ist inzwischen ebenfalls für die Verbeamtung von Lehrkräften. „Wenn außer Berlin alle anderen Bundesländer verbeamten, muss die Politik sich der Realität stellen“, teilte sie am Montag mit. Das sei bisher am Widerstand der Koalitionspartner gescheitert.