Justizvollzugsanstalt Moabit: In dem Gefängnis sind unter anderem Männer in Untersuchungshaft untergebracht.
Justizvollzugsanstalt Moabit: In dem Gefängnis sind unter anderem Männer in Untersuchungshaft untergebracht. dpa/Paul Zinken

Klingt unglaublich, ist aber leider wahr. Weil die Berliner Justiz nicht aus dem Knick kam, mussten in diesem Jahr in Berlin schon sieben Verdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen werden.

Ihre Verfahren dauerten einfach zu lange, wichtige Fristen, die Staatsanwaltschaft und Gerichte einhalten müssen, verstrichen.

Bereits 2021 kamen nach Angaben der Senatsjustizverwaltung acht Verdächtige aus vier Verfahren frei. Und dabei ging es nicht um „kleine Fische“ und leichte Vergehen. Es ging um Vorwürfe wie etwa Drogenhandel, Bedrohung mit gefährlicher Körperverletzung oder schwerer Bandendiebstahl mit Steuerhehlerei. Hintergrund für die Entlassung aus der U-Haft ist die Verletzung des sogenannten Beschleunigungsgebots in Haftsachen. Danach muss die Justiz alles tun, um das Hauptverfahren möglichst schnell zu beginnen.

Es klemmt in der Justiz: In Deutschland kamen 66 Verdächtige frei

Bundesweit sind im vergangenen Jahr mindestens 66 Verdächtige deswegen freigekommen, wie aus Angaben der Deutschen Richterzeitung hervorgeht. Davon hatten Schleswig-Holstein und Sachsen mit je elf Haftentlassungen die höchsten Zahlen gemeldet. 2020 waren es demnach bundesweit 40 Entlassungen, 2019 mit 69 noch etwas mehr als 2021. Aufwendige Verfahren und hohe Arbeitsbelastung vieler Gerichte und Staatsanwaltschaften werden vom Deutschen Richterbund (DRB) als Gründe angeführt.

In Berlin wurde laut Justizverwaltung 2020 lediglich ein Mensch aus der Untersuchungshaft entlassen, weil sein Verfahren zu lange dauerte. 2019 waren es zehn und im Jahr zuvor 15 Verdächtige.

Typische Gründe für so eine Haftentlassung seien „Einzelfälle organisatorischen Verschuldens im Bereich der Ermittlungsbehörden“, hieß es von der Justizverwaltung. Als Beispiele nannte ein Sprecher etwa, dass die Begutachtung eines Beschuldigten übersehen worden sei oder dass Termine unnötig spät festgesetzt worden seien. 2019 sei in einem Fall ein Zusammenhang mit der Belastung aufgrund einer unzureichenden personellen Ausstattung des Landgerichts Berlin genannt worden, hieß es. Dort sei Abhilfe geschaffen worden.