Ausbreitung wie eine Krake: Kritik an 322 Millionen Euro teurem Neubau für das Finanzministerium
Berliner Abgeordnete: Das Finanzministerium brauche keine zweite Kantine, da doch schon die erste „nicht ausgelastet“ sei.

Das Bundesfinanzministerium plant einen Erweiterungsbau in Berlins Mitte. Für rund 322 Millionen Euro soll gegenüber dem jetzigen Hauptgebäude des Finanzressorts an der Wilhelmstraße ein Gebäude mit Büros für Ministeriumsbeschäftigte entstehen, die bislang auf mehrere, teils angemietete Standorte in Berlin verteilt sind. Außerdem sind Räume für die Bundesfinanzakademie geplant – inklusive Wohneinheiten, Konferenzzentrum und einer weiteren Kantine. Das geht aus einem Antwortschreiben der Parlamentarischen Staatssekretärin im Finanzministerium Bettina Hagedorn auf eine Berichtsanforderung der Berliner Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch (Linke) hervor.
Lötzsch kritisiert die Baupläne. „Erst ein zweites Kanzleramt und jetzt ein zweites Finanzministerium?“, fragt sie. Und gibt die Antwort gleich dazu: „Die Bundesregierung breitet sich in Berlin aus wie eine Krake.“ Das Finanzministerium brauche keine zweite Kantine, da doch schon die erste „nicht ausgelastet“ sei. „Das Ministerium braucht auch kein Kongresszentrum mit 500 Plätzen und 150 Hotelzimmern“, wie geplant, argumentiert Lötzsch. Berlin habe mehr als genug Hotelzimmer und Kongresszentren. „Die Bundesregierung muss in neue Arbeitsplätze investieren und nicht in noch mehr Bürokratie“, so die Linke-Abgeordnete. Das Grundstück an der Wilhelmstraße sei „ideal“ für den Wohnungsbau geeignet. „Nach dem Regierungsumzug von Bonn nach Berlin hieß es, dass die Bundesregierung ihre Wohnung mitbringt. Was ist aus dem Versprechen geworden?“, so Lötzsch.
Ministerium ist bisher auf sieben Standorte verteilt
Mehr noch: „Ich erwarte von der Bundesregierung ein Digitalisierungskonzept“, sagt sie. 80 Prozent der Mitarbeiter des Finanzministeriums hätten in der Pandemie im Homeoffice gearbeitet, nach der Pandemie würden es vielleicht noch 40 Prozent sein. „Wir haben also einen Büroüberschuss und nicht einen Büromangel“, so Lötzsch.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) ist zurzeit auf sieben Standorte in Berlin verteilt. Auf den Hauptsitz, das Detlev-Rohwedder-Haus an der Wilhelmstraße 97 mit 1316 Büros, und das Gebäude Mauerstraße 75 im sogenannten Postblock mit 228 Büros, die sich beide im Bundesbesitz befinden. Hinzu kommen die von Dritten angemieteten Gebäude in der Charlottenstraße 14/15 (155 Büros), die noch nicht bezogene Charlottenstraße 82 (78 Büros), die Leipziger Straße 51 (20 Büros), die Leipziger Straße 126 (161 Büros) und die Markgrafenstraße 58 (99 Büros). Darüber hinaus werden in Bonn zwei Immobilien genutzt, die laut BMF genau wie die von privaten Dritten in Berlin angemieteten Gebäude „perspektivisch aufgegeben werden“ sollen. Insgesamt sind an den verschiedenen Standorten des Ministeriums rund 2150 Mitarbeiter tätig.
Weitere Kosten werden erwartet
Die Bundesfinanzakademie, die an der Wilhelmstraße angesiedelt werden soll, ist Teil der Zentralabteilung im Bundesfinanzministerium und bietet Aus- und Fortbildungsveranstaltungen für Mitarbeiter des höheren Dienstes der Steuerverwaltungen der Länder und des Bundes an. Finanz-Staatssekretärin Bettina Hagedorn verteidigt die Planung für den Akademie-Neubau gegen die Kritik. „Das geplante Konferenzzentrum soll primär durch das BMF für nationale und internationale Aufgaben als Kommunikationsforum genutzt werden“, führt sie in der Antwort an Lötzsch aus. „Der Bau ist aufgrund der knappen Kapazitäten im Detlev-Rohwedder-Haus dringend geboten.“ Aktuell fänden im größten Raum, dem Matthias-Erzberger-Saal, nur bis zu 256 Personen Platz. Die geplanten 150 Zimmer seien für „die Unterbringung der Teilnehmenden an Aus-, Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen der Bundesfinanzakademie“ vorgesehen.
Der Linke-Abgeordneten Lötzsch schwant unterdessen, dass es bei den 322 Millionen Euro nicht bleibt. Denn in den bisher gemachten Angaben zu den sogenannten Kostengruppen seien die Grundstückskosten, die Ausstattung und die Baunebenkosten nicht enthalten. Lötzsch: „Das heißt, der Bau wird wesentlich teurer.“