Kreuzberger Kiezkneipe geräumt: Die Polizei kam mit Vorschlaghammer und Kettensäge
Kurz nach acht Uhr erschien die Gerichtsvollzieherin, um den Schlüssel abzuholen und an den Eigentümer zu übergeben.

Sie kamen mit Vorschlaghammer und Kettensäge: Begleitet von Protesten hat die Polizei am Donnerstagmorgen die alternative Kiezkneipe „Meuterei“ in Kreuzberg geräumt. Zwei Frauen wurden dabei aus dem Haus gebracht. Die linke Szene hatte Protestaktionen im ganzen Stadtgebiet angekündigt. Wie die Polizei twitterte, wurden Nebeltöpfe und Feuerwerkskörper gezündet. Eine Demonstration zog am Morgen mit rund 400 Teilnehmern vom Kottbusser Tor in Richtung Reichenberger Straße.
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Kurz nach acht Uhr erschien die Gerichtsvollzieherin, um den Schlüssel abzuholen und an den Eigentümer zu übergeben. „Die Räumung des Objektes ist plangemäß verlaufen“, sagt Polizei-Sprecherin Anja Dierschke. Größere Zwischenfälle gab es demnach nicht.

Die Betreiber der „Meuterei“ teilten kurz darauf mit, dass ihre Räume um 8.18 Uhr mit „einem massiven Bulleneinsatz entrissen“ wurden. „Wir sind wütend. Wütend darüber, dass über Jahre aufgebaute rebellische & solidarische Kiezkultur immer wieder zerstört wird“, heißt es in der Mitteilung. Verantwortlich dafür seien Polizei, Investoren, Justiz und Politik. Lebens- und Wohnräume in Berlin würden gezielt für Profite zerstört werden. Der „Berliner Charme“, womit die Stadt beworben wird, sei von Menschen geprägt worden, die nun verdrängt werden, so die „Meuterei“-Betreiber.

Die „Meuterei“ war weiträumig abgesperrt. Die Demonstranten standen hinter Gittern. Die Stimmung dort war aufgeheizt, es flogen vereinzelt Böller, nebeltöpfe wurden gezündet. Sie waren schwarz gekleidet und riefen Slogans wie „Kneipen denen, die darin saufen“. Auf einem Transparent hieß es: „Die Zeichen stehen auf Sturm“. Auch die Nachbarn beteiligten sich an der Demonstration, sie schlugen mit Kellen und Pfannen auf die Fensterbänke. Zudem waren die Linken-Politiker Hakan Taş und Pascal Meiser vor Ort.
Die Räumung hatte bereits im Vorfeld zahlreiche Proteste ausgelöst
Die Kneipe wurde vorher so gut wie leer geräumt. Nur zwei Barhocker, ein Aschenbecher mit Selbstgedrehten auf dem Tresen und eine Flasche mit Mundspülung blieben wie Requisiten zurück. Ein letzter Gruß an den Eigentümer wurde auf eine Wand gesprüht: „nenadic ist 1 Schwein“.
Die Räumung hatte bereits im Vorfeld zahlreiche Proteste und Aktionen ausgelöst. Rund 1100 Beamte waren im Einsatz, schon am Mittwoch wurden die angrenzenden Straßen in einen Sperrbezirk verwandelt. Zwölf Demonstrationen waren angemeldet. Die Räumung der „Meuterei“, deren Mietvertrag abgelaufen war, gilt in der linken Szene als Symbol für die Verdrängung der alternativen Orte in Berlin.

Bereits in der Nacht gingen laut Polizei acht Autos an vier Orten in Flammen auf: in Mitte, Prenzlauer Berg, Lichtenberg und Reinickendorf. Vor dem Ordnungsamt Reinickendorf brannten Reifen, die Fassade des Gebäudes wurde beschädigt. Ein Zusammenhang mit den linken Protesten werde geprüft. Das Landeskriminalamt ermittelt, ein Zusammenhang mit den linken Protesten wird geprüft, ein Bekennerschreiber gibt es noch nicht. 15 bis 20 Leute hätten am Kottbusser Tor versucht, ein Transparent auf der Straße auszurollen, so die Polizei. Dies wurde demnach gestoppt.

Nach dem Brand von zwei Porsches in Mitte hat die Polizei in der Nähe drei Verdächtige wegen einer anderen Sachbeschädigung festgenommen. Das Trio wurde beim Besprühen einer Wand erwischt. Beweismittel seien beschlagnahmt worden. Die Tat soll politisch motiviert gewesen sein. Bei den Verdächtigen handelt es sich um zwei 34 und 40 Jahre alte Frauen sowie einen 43 Jahre alten Mann, wie die Polizei mitteilt. Ob sie zwei Luxusautos in der Hannoverschen Straße und in der Neuen Schönhauser Straße angezündet haben, wird untersucht.

Im Frühjahr wird in Berlin mit weiteren Auseinandersetzungen um Symbole der linken und linksradikalen Szene gerechnet. Im April könnte die Auseinandersetzung um das besetzte Haus „Rigaer 94“ in Friedrichshain eskalieren. Dann naht schon der 1. Mai mit Ankündigungen von Protesten in Kreuzberg.