Großeinsatz für Polizei

Kippen Berlins Kieze? Sicherheitsgipfel nach Massen-Schlägerei in Neukölln

In der Nacht musste ein massives Polizeiaufgebot eine Schlägerei in Neukölln beenden. Dabei wurden die Beamten selber angegriffen. Am Freitag soll ein Sicherheitsgipfel von Polizei und Feuerwehr sich mit den Berliner Problemvierteln wie Görlitzer Park, Leopoldplatz und High Deck Siedlung beschäftigen. 

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In Berlin-Neukölln kam es in der Nacht zum Mittwoch zu einer Schlägerei mit etlichen Beteiligten, bei der auch Beamte verletzt wurden. Ein Mann in Badelatschen sitzt in Gewahrsam am Boden. 
In Berlin-Neukölln kam es in der Nacht zum Mittwoch zu einer Schlägerei mit etlichen Beteiligten, bei der auch Beamte verletzt wurden. Ein Mann in Badelatschen sitzt in Gewahrsam am Boden. BK

Neukölln kommt nicht zur Ruhe, sondern wieder in die Schlagzeilen. In der Nacht kam es zu einer ausufernden Schlägerei im Berliner Problemkiez High-Deck Siedlung. Dabei sollen auch Beamte attackiert worden sein.  Eine ganze Hundertschaft rückte aus, um die  Schlägerei zu schlichten.  Auch Einsatzkräfte der Feuerwehr waren vor Ort. Sieben Personen sind verletzt worden. Zwei seien mit Polizeibegleitung ins Krankenhaus gebracht worden, bilanziert die Feuerwehr. 

Ist Berlin eine gefährliche Stadt? Im Großteil der Hauptstadt gibt es wenig Gewaltkriminalität. In einigen Stadtteilen mit sozialen Brennpunkten und viel Nachtleben florieren allerdings Drogenhandel, Taschendiebstähle und auch mal Überfälle. Am Freitag berät der Senat auf einem Sicherheitsgipfel. 

Silvesterkrawalle machten High-Deck-Siedlung in Berlin-Neukölln bekannt

Der Vorfall in der Nacht verdeutlicht das Problem: er ereignete sich in der High-Deck-Siedlung, die schon wegen der Silvester-Krawalle deutschlandweit in die Schlagzeilen geraten war. Damals kam es zu Ausschreitungen, bei denen Beamte angegriffen wurden und ein Bus abbrannte.

Einem „B.Z.“-Bericht zufolge gingen diesmal bei dem Streit einige der Beteiligten mit Baseballschlägern aufeinander los. Auf einem Handy-Video sei  zu sehen, wie ein dunkelgrüner Mercedes GT AMG angefahren kommt und mehrere Personen schnell aussteigen. Dann beginnt eine wilde Prügelei.

Zwei Brüder im Alter von 23 und 26 zwei andere Brüder im Alter von 24 und 17 Jahren gerieten mit Schlägen und Tritten aneinander. Den Angaben zufolge schlug gleichzeitig ein 25-Jähriger mit einem Baseballschläger gegen den Kopf eines am Boden knienden Gleichaltrigen. Der fiel dadurch nach vorne und schlug mit dem Kopf auf den Asphalt, so die Polizeimeldung. 

Plattenbauten in der High-Deck Siedlung in Neukölln.
Plattenbauten in der High-Deck Siedlung in Neukölln.imago images/Schöning

Als die Polizei eintrifft, werden die Einsatzkräfte dem Bericht zufolge, von einer immer größer werdenden Menschenmenge attackiert. Schaulustige feuern das Ganze an. Die Polizei soll die Beteiligten aufgefordert haben, voneinander abzulassen. Als das nicht geschah, soll ein Polizist Pfefferspray eingesetzt haben, hieß es. Zwei weitere Polizisten brachten schließlich den 25-jährigen Angreifer zu Boden und nahmen ihn fest. Währenddessen rannte ein 43-Jähriger auf den am Boden sitzenden 25-jährigen Verletzten zu und trat diesen mit einem Fuß ins Gesicht.

Laut Polizei feuerten Schaulustige die Auseinandersetzung an, acht Tatbeteiligte wurden festgenommen, ein Baseballschläger sichergestellt.

Die alarmierte Feuerwehr stand bereit um Verletzte zu versorgen. Klar ist: erst mit Hilfe von einem massiven Polizeiaufgebot, dem Einsatz von Hunden und Pfefferspray konnte die Situation geklärt werden. 

Das Thema Sicherheit spielt diese Woche eine wichtige Rolle beim Berliner Senat sowie der Feuerwehr, es drängt wie der neuerliche Vorfall zeigt.

Kurz vor 23 Uhr kam es in der berüchtigten High-Deck-Siedlung in Berlin-Neukölln zu einer Auseinandersetzung zwischen mehreren Männern. 
Kurz vor 23 Uhr kam es in der berüchtigten High-Deck-Siedlung in Berlin-Neukölln zu einer Auseinandersetzung zwischen mehreren Männern. BK

Am Freitag trifft sich der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) mit seinen zuständigen Senatorinnen, Polizei, Feuerwehr und Bezirksvertretern zu einem „Sicherheitsgipfel“ im Roten Rathaus. Der neueste Vorfall in Neukölln wird dort auch Thema sein, generell geht es um die allgemeine Sicherheitslage in der Hauptstadt, die einige Stadtteile mit sozialen Brennpunkten und hoher Kriminalitätsrate aufweist.

Berlins kriminelle Hotspots: Drogenhandel im Görli und am Leopoldplatz

So soll es um den Drogenhandel im Görlitzer Park in Kreuzberg ebenso gehen wie um die Drogenszene am Leopoldplatz in Wedding.  Auch die letzte und die nächste Silvesternacht könnten Themen sein. Nachdem in der letzten Silvesternacht auch in der High-Deck Siedlung junge Männer randalierten und Böller und Raketen auf Polizei und Feuerwehrleute warfen und schossen. An den Gesprächen nehmen daher auch Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Feuerwehrchef Karsten Homrighausen teil.

Einsatzkräfte der Feuerwehr löschen in der Silvesternacht an der Sonnenallee im Bezirk Neukölln einen brennenden Bus, der von Unbekannten angezündet worden war.  
Einsatzkräfte der Feuerwehr löschen in der Silvesternacht an der Sonnenallee im Bezirk Neukölln einen brennenden Bus, der von Unbekannten angezündet worden war. Paul Zinken/dpa

Die High Deck Siedlung gilt als heißes Pflaster, fest in der Hand von Kriminellen. Polizistinnen würden sich bei Ermittlungen in Zivil ein Kopftuch umbinden, heißt es. Die Siedlung befinden sich am unteren Ende de Sonnenallee, Europas größte arabische Straße. 

Berlins Problemviertel Görli, Leopoldplatz, Teile Neuköllns

Nach einer Vergewaltigung im Görlitzer Park hatte Berlins Regierender Bürgermeister die Situation dort als inakzeptabel bezeichnet und ein Maßnahmenpaket für mehr Sicherheit in Berlin angekündigt.

Seit vielen Jahren sind Dutzende Drogendealer in dem Park und dem umliegenden Stadtviertel unterwegs. Viele Anwohner sind genervt, besorgt oder auch verunsichert. CDU-Politiker fordern eine Schließung des Parks in der Nacht, Videoüberwachung und noch mehr Polizeikontrollen. Die Grünen lehnen das ab und wollen mehr Geld für Sozialarbeiter. Auch der Leopoldplatz in Wedding gilt seit Langem als Anlaufpunkt für Drogensüchtige.

Schon im Koalitionsvertrag hatten CDU und SPD im Frühjahr mehr Rechte für die Polizei und weitere Maßnahmen gegen Kriminalität beschlossen. Für den Herbst hatten sie entsprechende Änderungen im Polizeirecht angekündigt. Das betrifft etwa die Verlängerung des vorbeugenden Einsperrens von möglichen Straftätern auf bis zu fünf Tage (Präventivgewahrsam), den verstärkten Einsatz von Bodycams, also Kameras an Uniformen von Polizisten, sowie die Rechtsgrundlagen für den Einsatz sogenannter Elektroschock-Waffen (Taser). Grüne und Linke kritisierten die Pläne scharf.

Wie kann Berlin sicherer werden

Schon an diesem Donnerstag geht es bei einem Feuerwehr-Kongress ebenfalls um Sicherheit, Gewalt und exemplarisch die Berliner Silvesternacht. „Gewalt gegen Einsatzkräfte“ ist eines der Themen bei der Tagung des Deutschen Feuerwehrverbandes in Berlin-Mitte. Geplant ist ein Bericht eines Berliner Feuerwehrmanns: „So war mein Silvester“. Der bekannte Psychologe Ahmad Mansour analysiert: „Woher kommt der Hass auf Einsatzkräfte? Ein Erklärungsversuch zu den Ereignissen der Berliner Silvesternacht.“ Zu Wort kommen auch weitere Feuerwehrvertreter und die Innenpolitik.

Kriminalität, Drogen und Krawalle in Berlin sorgen immer wieder für Schlagzeilen, allein weil sie in der mit Abstand größten Stadt Deutschlands mit fast vier Millionen Einwohnern häufiger vorkommen als in Hamburg oder München. Allerdings gibt es Probleme mit Drogenhandel auch in Frankfurt und Hamburg, Clankriminalität ebenso in Bremen und Essen und Ausschreitungen zu Silvester nicht nur in Berlin-Neukölln, sondern auch in vielen anderen deutschen Städten mit sozialen Brennpunkten.