Kein „Riverboat“: RBB streicht 100 Stellen und 49 Millionen Euro aus dem Etat! Was will der Sender mit diesem Sparprogramm noch zeigen?
Der Krisensender plant Einsparungen, die auch drastische Veränderungen bei den Sendungen bedeuten.

Noch vor Monaten warf die einstige RBB-Führungsriege für ausgewähltes Personal mit dem Geld nur so um sich. Jetzt muss der öffentlich-rechtliche Sender nach der Chefetagen-Affäre drastisch sparen. Etwa 100 Stellen sollen gestrichen werden – so sieht es das Sparprogramm von 49 Millionen Euro vor. Das wirkt sich auch auf die Programme des ARD-Senders aus – etwa bei der Berliner Ausgabe der Talk-Show „Riverboat“.
Die neue RBB-Chefriege spricht von „Misswirtschaft der vergangenen Jahre“, die nun zu Konsequenzen führe. Interims-Intendantin Katrin Vernau, seit Herbst im Amt, erklärt: „Ohne unser entschiedenes Handeln noch in der laufenden Beitragsperiode würden wir spätestens Ende 2024 in einen finanziellen Abgrund blicken. Die Zahlungsfähigkeit wäre nicht mehr ohne Weiteres sichergestellt.“ Mit anderen Worten: Der RBB stand kurz vor dem Ruin.
Lesen Sie auch: „SchleFaZ“ ist zurück: Oliver Kalkofe und Peter Rütten bringen „Bierfest“ ins Fernsehen >>
Krisensender RBB am finanziellen Abgrund
Jetzt müsse man neue Wege bestreiten, um den Sender aus der tiefen Krise zu führen. „Ziel des nun entwickelten Maßnahmenpakets ist es, ungeachtet der angespannten Finanzlage alle strategischen Voraussetzungen zu schaffen, um das regionale Profil des RBB in Fernsehen, Radio und Online zu schärfen“, heißt es weiter.
Die Maßnahmen im Einzelnen: Die Programmdirektion senkt ihre Ausgaben gegenüber der bisherigen Planung in diesem und im nächsten Jahr um insgesamt 21 Millionen Euro. Man wolle sich beim TV-Programm mehr auf Sendungen zwischen 18 und 22 Uhr konzentrieren. „Die Nachrichten-Flaggschiffe ,Abendschau‘ und ,RBB 24 Brandenburg aktuell‘ werden wir dabei weiter pflegen.“

Lesen Sie auch: Ökonom fordert: Kassenpatienten sollen für Behandlung bis 2000 Euro Selbstbeteiligung zahlen >>
Erste Schritte haben Zuschauer bereits gemerkt. Die im Herbst 2021 begonnene Berliner Ausgabe der Talkshow „Riverboat“, die einst im Wechsel mit der MDR-Ausgabe aus Leipzig lief, wurde schon im Vorfeld der Einsparungen Ende 2022 eingestellt. Eine offizielle Begründung gab es nicht. Insider berichteten dem KURIER, dass die Berliner „Riverboat“-Sendungen aus Spargründen wegfiel – und weil kaum Zuschauer den RBB einschalteten, wenn die Talk-Show aus der Hauptstadt gezeigt wurde.
Kürzer treten: Dafür soll ein von 2024 an geltendes neues Programmschema sorgen. „Strategisch folgt es der Idee, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in Berlin und Brandenburg sowohl mit traditionellen als auch modernen Erzählweisen abzubilden“, heißt es wolkig in einer Mitteilung des Senders.

Sparprogramm betrifft auch das ARD-Mittagsmagazin
Fester Bestandteil sollen demnach Thementage und dialogorientierte Sendungen, aber auch Übernahmen aus den Angeboten der ARD werden. In den zuschauerschwächeren Zeiten nach 22 Uhr wird der Programmaufwand minimiert, in der unter anderem auch die RBB-Ausgabe von „Riverboat“ lief.
Laut Medienberichten soll die Sendung „RBB-Praxis“ ebenfalls entfallen. Die Sendung „Thadeusz und die Beobachter“ wird der RBB ab 2024 nicht mehr produzieren.
Offenbar will man auch bei der Produktion von Filmen sparen. Dazu heißt es: „Erhebliche Einsparungen ergeben sich darüber hinaus bei fiktionalen Produktionen.“ Ebenfalls nicht mehr unter RBB-Regie ist das ARD-Auslandsstudio Warschau. Der WDR übernimmt, die RBB-Journalisten bleiben.
Fraglich ist auch die Zukunft des ARD-Mittagsmagazins unter RBB-Regie, das der Sender bisher produziert. Der Sender erklärt dazu: „Nicht weiter aus eigener Kraft leisten wird sich der RBB die weitere Finanzierung des ARD Mittagsmagazins im Ersten. Da der ARD die MiMa-Kooperation mit dem ZDF sehr wichtig ist, wird es über die Fortführung Gespräche zwischen ARD und ZDF geben.“
Bei der Programmgestaltung wolle man sich mehr auf Berichte aus der Region konzentrieren. Auch der Ausbau des digitalen Bereichs stehe im Fokus. Insgesamt wolle die Produktions- und Betriebsdirektion ihre Budgets im Laufe der Jahre 2023 und 2024 um 7 Millionen Euro senken.

100 Stellen weg: RBB will elf Millionen Euro beim Personal sparen
Knapp elf Millionen Euro will man im Bereich Personal und Organisation bis Ende 2024 einsparen. „Insgesamt wird die Personalplanung im Sinne des nachhaltigen Sparens der künftig kleineren Organisationsstruktur des RBB angepasst. Dazu werden bis zum 1. Januar 2025 insgesamt 100 Stellen abgebaut“, heißt es. Auch die Chefetage wird verschlankt, nur zwei Direktoren soll es künftig geben.
Der RBB war im Sommer 2022 in eine beispiellose Krise gestürzt, als durch Medienberichte Vetternwirtschafts- und Verschwendungsvorwürfe gegen die Spitze aufgekommen waren. Die gesamte damalige Geschäftsleitungsriege ist nicht mehr im Amt.
Das löste die RBB-Krise aus
Im Zentrum des Skandals stehen die fristlos entlassene Intendantin Patricia Schlesinger und der Sender-Chefaufseher Wolf-Dieter Wolf. Beide wiesen Vorwürfe zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung. Rechnungshöfe prüfen derzeit ebenfalls, eine externe Anwaltskanzlei arbeitet zudem an einem Bericht.
ARD, ZDF und Deutschlandradio werden durch Rundfunkbeiträge finanziert, die Haushalte und Firmen zahlen. Die Höhe liegt bei monatlich 18,36 Euro, die aktuelle Beitragsperiode dauert noch bis Ende 2024. Auf den RBB entfielen 2021 nach Angaben des Sender-Beitragsservices im Jahre 2021 rund 436 Millionen Euro Erträge.