Betrüger vor Gericht

Kfz-Experte: 1000 Euro für ein Schummel-Gutachten

Bande fingiert Unfälle und kassiert Versicherungen ab. Der Boss kann nicht mehr angeklagt werden: Er wurde ermordet.

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Vor Gericht: der Kfz-Gutachter Frank J. (59, r.) und der Jurist Magedy M. (61) im Rollstuhl mit ihren Anwälten
Vor Gericht: der Kfz-Gutachter Frank J. (59, r.) und der Jurist Magedy M. (61) im Rollstuhl mit ihren AnwältenPressefoto Wagner

Nicht nur langsam, sondern im Schneckentempo haben die Mühlen der Justiz gearbeitet: Dreiste Betrüger landeten vier Jahre nach Anklageerhebung vor Gericht. Es geht um eine Bande, die mit falschen Unfällen echtes Geld kassierte. Rund 90 fingierte Auto-Unfälle von 2008 bis 2014. Bei Versicherungen wurden rund eine Million Euro eingestrichen. Boss in dem Krimi: Dariusz S., 2015 in Polen ermordet.

Nun wegen Betrugs auf der Anklagebank: Kfz-Sachverständiger Frank J. (59) und Jurist Magedy M. (61) im Rollstuhl. Der eine fälschte 57 Gutachten, der anderem meldete Autos an, die für sieben Blechschäden genutzt wurden.

Ein und derselbe Luxus-Mercedes wurde 20-mal angefahren

2014 wurde eine Versicherung misstrauisch. Eine Anzeige. Es liefen Ermittlungen an. 2016 eine Durchsuchung bei M., die sich auf einen seiner Söhne bezog. Eine Festplatte wurde sichergestellt. Darauf eine Liste über Auto-Crashs.

Die Masche: Unfälle zwischen den jeweiligen Beteiligten wurden abgesprochen. Teure Blechschäden, um viel Geld rauszuschlagen. Ein Schrottauto kracht in eine Nobel-Karosse. Ein und derselbe Luxus-Mercedes sei rund 20-mal angefahren worden. Tatorte europaweit, oft in Polen, auch in Deutschland, Luxemburg, Bulgarien, Tschechien.

Frank J. als Kfz-Experte aus Hannover bekam 1000 Euro für ein Schummel-Gutachten. „Stets gleiche Schadensbilder“ wurden laut Anklage angestrebt. Vorschäden seien verschwiegen worden.

Die Staatsanwaltschaft erhob nach langwierigen Ermittlungen 2019 Anklage gegen vier Männer und eine Frau. Doch lange passierte nichts. Denn bei Gericht stapelten sich Haftsachen. Die haben Vorrang. Die mutmaßlichen Auto-Trickser aber waren auf freiem Fuß – vergeblich hatte die Polizei 2016 angeregt, Haftbefehle zu erwirken.

Wegen der langen Verfahrensdauer kommen die Angeklagten mit Bewährung davon

J. gestand nun pauschal. M. jammerte: „Wollte mit dem Geld, das ich erhielt, meinen Sohn unterstützen, er hatte finanzielle Probleme.“

Wie im ersten Prozess vor drei Wochen gegen zwei andere Mitglieder der Bande gab es Bewährung – wegen der Geständnisse und der langen Verfahrensdauer. 21 Monate für J., M. erhielt 15. Außerdem sollen bei J. 57.000 Euro, bei M. 23.578 Euro unrechtmäßig erlangtes Vermögen eingezogen werden.