Menschen, die mit Zetteln nach einer Wohnung suchen. Ein vertrautes Bild in Berlin, das uns auch in Zukunft begegnen wird. Die Mietensteuer ist abgeblasen.
Menschen, die mit Zetteln nach einer Wohnung suchen. Ein vertrautes Bild in Berlin, das uns auch in Zukunft begegnen wird. Die Mietensteuer ist abgeblasen. imago/Stefan Zeitz

Mietendeckel, Mietenstopp und schließlich sogar eine Mietensteuer. Was wurde in Berlin nicht schon alles diskutiert, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Pustekuchen! Jetzt landet auch die letzte große Idee in der Tonne: Der Berliner Senat bläst die Mietensteuer endgültig ab.  

Der Berliner Senat hält die Idee einer Mietensteuer für nicht umsetzbar. Man sehe „nach Prüfung keine Möglichkeit, eine Sonderabgabe zur Abschöpfung hoher Mieten verfassungskonform auszugestalten“, heißt es in einer Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine parlamentarische Anfrage des Linke-Abgeordneten Niklas Schenker, über die die Zeitung nd.DerTag (Dienstag) zuerst berichtete.

Zur Begründung wird auf eine Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages verwiesen, wonach die Länder für eine Mietensteuer keine Gesetzgebungskompetenz haben. Der Senat schließe sich dieser Rechtsauffassung an, schreibt die von Andreas Geisel (SPD) geführte Senatsverwaltung. Dass Rechtsauffassungen umstritten sein können, spielte hier offenbar kein Thema. Berlin gibt den Kampf ohne Kampf auf. Das ist ziemlich ungewöhnlich. Aber es soll ja noch weitere Gründe geben.

Progressive Mietensteuer verwaltungstechnisch nicht umsetzbar

So hieß es: „Darüber hinaus ist das Konzept einer progressiven Mietensteuer verwaltungstechnisch nicht umsetzbar.“ Das betreffe die Erhebung aller notwendigen Wohnwertmerkmale zur Ermittlung der konkreten ortsüblichen Vergleichsmiete wie auch die Einzelprüfung von rund 1,67 Millionen Mietwohnungen in Berlin auf Steuerpflicht.

In der Debatte über steigende Mieten in Berlin hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Herbst 2021 eine Mietensteuer vorgeschlagen. Diese sei eine interessante Alternative zur Enteignung großer Immobilienkonzerne, wie sie der Volksentscheid vom 26. September 2021 gefordert hatte.

Mietensteuer würde 200 Millionen Euro im Jahr bringen

Dem Vorschlag zufolge könnten Nettokaltmieten oberhalb von 110 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete mit 10 bis 30 Prozent besteuert werden, je höher die Miete, desto höher der Steuersatz. Berlin könne damit gut 200 Millionen Euro im Jahr einnehmen und diese in Mietsenkungen für 100.000 Wohnungen oder den Neubau von 7500 Wohnungen investieren. Das würde den Wohnungsmarkt in Berlin entspannen und Mieten für alle senken, argumentierte das DIW.

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„Offensichtlich hat sich die Rechtsprüfung des Senats darauf beschränkt, die Ausarbeitung des wissenschaftlichen Diensts des Bundestages zu lesen. Das ist zu wenig“, sagte Schenker der Zeitung. „Die Darstellung, dass es sich bei der ortsüblichen Vergleichsmiete quasi um ein kaum zu verstehendes Mysterium handelt, über das der Senat keine Kenntnis erlangen könnte, halte ich nicht für nachvollziehbar“, ergänzte der Sprecher für Mieten und Wohnen der Linksfraktion auf dpa-Nachfrage.

Für echten Mieterschutz und mehr bezahlbaren Neubau seien vor allem schärfere Gesetze und Regulierung nötig. „Dieser Wille lässt sich aus der Antwort des Senats schwerlich ablesen.“