Die Notrufzentrale der Polizei war nicht nur in Berlin am Morgen nicht erreichbar.&nbsp;&nbsp;<br><br>
Die Notrufzentrale der Polizei war nicht nur in Berlin am Morgen nicht erreichbar.  

Foto: Paulus Ponizak

Jeder hofft darauf, dass er schnell Hilfe bekommt, wenn er die  Notrufnummern von Polizei (110) und Feuerwehr (112) wählt. Am frühen Morgen war das in weiten Teilen Deutschlands nicht der Fall. Die Nummern waren tot. In Berlin war zunächst die Polizei erst gegen 5.45 Uhr wieder erreichbar, um 7.48 Uhr wurde Entwarnung für die Feuerwehr gegeben. Die ersten Meldungen über Ausfälle hatte es in Deutschland gegen 4.30 Uhr gegeben. Feuerwehr und Polizei in Berlin hatten nach dem Ausfall keine Hinweise, dass die zeitweise Unerreichbarkeit Notfälle verschärft hat.

Normalerweise wird morgens einmal pro Minute die 110 und 112 gewählt

Eine Polizeisprecherin sagte dem KURIER, normalerweise gebe es in den Morgenstunden einen Notruf pro Minute, bestenfalls zwei. In der Dreiviertelstunde, in der die 110 in Berlin nicht erreichbar war, riefen also etwa 45 bis 50 Leute vergeblich an. Die Polizei hatte kurz nach dem Ausfall einen Internet-Link getwittert, über den die Nummern ihrer Abschnitte zu finden waren.

Nach Wiederaufnahme des Notrufs gab es laut Polizei weder Beschwerden noch ein Anschwellen der Anrufzahlen. Die Feuerwehr teilte mit, sie sei von etwa 6.15 Uhr an wieder erreichbar gewesen, meldete aber erst 90 Minuten später Entwarnung: Sie wartete aus Vorsicht, weil sie erst sicher sein wollte, dass der Notruf wieder stabil funktioniert. Die hatte kurz nach dem Ausfall die Ersatznummer 387112 verbreitet. Die sei  gut hundert Mal angerufen worden, unter anderem, weil Berliner sie auch noch benutzten, als die 112 wieder funktionierte.

Nutzer der Alarm-Apps NINA und KATWARN wurden von ihren Handys über den Ausfall informiert.  Armin Schuster, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), hob deshalb gegenüber dem RND die Bedeutung der Warn-Apps hervor. „Wir waren in der Lage, alle unsere Partner zu informieren. Denn das Lagezentrum der Telekom ist mit uns sehr schnell in Kontakt getreten. Und die regionalen Leitstellen konnten anschließend unsere Warn-App NINA zur weiteren Verbreitung der Information nutzen.“  

Neue Software der Telekom kappte die Verbindungen

 Der Ausfall hatte neben Berlin mindestens auch Brandenburg, Hamburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Bayern und das Saarland betroffen. In einigen Regionen war nur die Feuerwehr nicht erreichbar.

Ein Telekom-Sprecher sagte dem KURIER, es habe beim „Aufspielen“ einer neuen Software, wie es in vielen Nächten geschieht, einen Fehler gegeben. Trotz problemloser Tests vorher unter Begleitung externer Fachleute seien die Verbindungen in die Notrufzentralen um 4.30 Uhr gekappt worden. Die sogenannten Redundanzsysteme, also Parallelverbindungen, seien gleichfalls außer Gefecht gesetzt worden. Daraufhin habe man die Software wieder entfernt, von 5.40 Uhr an sei das System wieder gelaufen.

Erste Kritik an der Telekom

Nach dem Vorfall breitete sich Unbehagen aus, dass eine Störung so gravierende Folgen haben kann. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU): „Natürlich werden wir dieses Problem gemeinsam mit der Telekom nachbereiten - das geht so nicht!“

Irene Mihalic, Innenexpertin der grünen Bundestagfraktion, sagte dem KURIER: „Es muss  konsequent aufgeklärt werden, wie es zu einem so großflächigen Ausfall kommen konnte, um etwaige Schwachstellen abzustellen. Das war ja nicht das erste Mal.  Wir müssen feststellen, ob es an ähnlichen Ursachen lag. Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass sie im Notfall schnellstmöglich Hilfe erreichen.“

Ihr SPD-Kollege Sebastian Hartmann: „Die Entwarnung der Telekom, dass es sich um keinen Hackerangriff gehandelt habe, ist auf den ersten Blick positiv. Auf den zweiten Blick stellt sich die Frage, wie dem größten Telekomanbieter Deutschlands seit September zum zweiten Mal ein solcher technischer Fehler passieren konnte. Es ist sicherlich eine höhere Anzahl von Notrufen ins Leere gelaufen. Die Warnkette über die leider noch nicht weit verbreiteten Apps wie KATWARN und NINA haben funktioniert. Die Telekom ist aufgefordert, eine restlose Aufklärung zu betreiben. Solche Fehler müssen in Zukunft ausgeschlossen werden. Wir brauchen redundante Systeme und bessere Routinen.“

Die Abgeordneten nehmen Bezug darauf, dass es bereits am 29. September einen 40-minütigen Ausfall der Notrufnummern in weiten Teilen des Landes gegeben hatte. Grund war auch da eine Störung im Telekom-Netz.

Die Senats-Innenverwaltung erklärte, dass sich eine bundesweite, bereits ständig besetzte Expertengruppe der Innenministerkonferenz  des Themas angenommen habe.