Zoff im Impfzentrum

Junge Mutter empört: „Ich sollte mein Kleinkind draußen allein vor der Tür stehen lassen!“

Zoff wegen Babyverbots: Josefine Gläsel durfte ihre Tochter (1) nicht mit zum Impfen nehmen. Kassenärztliche Vereinigung rudert zurück und entschuldigt sich öffentlich.

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Josefine Gläsel (32) durfte ihr Kleinkind nicht mit ins Impfzentrum nehmen.
Josefine Gläsel (32) durfte ihr Kleinkind nicht mit ins Impfzentrum nehmen.Sabine Gudath

Josefine Gläsel (32) ist empört: Vergangenen Donnerstag hatte die junge Mutter einen Termin im Impfzentrum in Potsdam. Sie wartete eine Dreiviertelstunde draußen in der Kälte, Tochter Clara (1) lag in ihrem Kinderwagen. Doch als sie endlich an der Reihe war, wurde sie bereits am Eingang von einer Security-Mitarbeiterin abgewiesen, wie die junge Frau berichtet. Der Grund: Kleinkinder dürften nicht mit ins Impfzentrum.

„Die Mitarbeiterin wollte, dass ich den Kinderwagen mit Clara draußen vor der Tür abstelle, da ich das Gebäude nicht mit Kind betreten darf“, sagt Gläsel. Das habe sie richtig aufgeregt, da sie doch ein einjähriges Mädchen nicht einfach unbeaufsichtigt in der Kälte zurück lassen könne. Ihr Kleinkind könne die älteren Menschen gefährden, habe die Dame vom Sicherheitsdienst gesagt. Das sei in ihren Augen völlig abwegig, da ihre Tochter im Kinderwagen lag und schlief. 

Josefine Gläsel ist selbst Risikopatientin und muss drei Mal pro Woche zur Dialyse.
Josefine Gläsel ist selbst Risikopatientin und muss drei Mal pro Woche zur Dialyse.Bernd Friedel

Sie könne nicht verstehen, dass Senioren eine Begleitperson zum Impfen mitbringen könnten, ein Kleinkind, das keine Kontakte habe und noch nicht mal in der Kita sei, aber nicht zugelassen werde. „Ich bin gefragt worden, ob ich keine Betreuung für mein Kind habe“, erinnert sich die junge Mutter. Wenn vorher klar kommuniziert worden wäre, dass Kinder nicht zugelassen seien, hätte sie sich darum auch gekümmert. Das habe weder auf der Seite gestanden, über die sie sich online angemeldet habe, noch in der Terminbestätigung, die sie anschließend per Mail erhalten habe.

Gläsel ist selbst Risikopatientin und wird daher bevorzugt geimpft, da sie seit 12 Jahren auf eine Spenderniere wartet und drei Mal pro Woche zur Dialyse nach Berlin muss. Besonders ärgere sie, dass das Sicherheitspersonal sie schon eine Dreiviertelstunde lang mit Kinderwagen in der Schlange stehen gesehen habe und sie nicht eher auf das Kinder-Verbot hingewiesen habe. „Es kann nicht sein, dass Menschen, die zur Hochrisikogruppe zählen wieder weg geschickt werden, weil ein Kleinkind nicht mit ins Impfzentrum darf.“

Kassenärzliche Vereinigung: Babys und Kinder hätten nicht ins Impfzentrum gedurft

Der KURIER hat bei der Kassenärztlichen Vereinigung nachgefragt, die für die Organisation der Impfzentren in Brandenburg zuständig ist: Warum durfte die Mutter ihr Kleinkind nicht mit zum Impfen nehmen? „Der konkrete Einzelfall ist vor Ort niemandem bekannt“, sagt eine Sprecherin. Babys beziehungsweise Kinder hätten bislang generell nicht in Impfzentren gedurft. Das sei aus Sicherheitsgründen sinnvoll. Gerade in den Impfzentren werde sehr auf die Abstands- und Hygieneregeln geachtet, hier werde mit medizinischem Gerät hantiert und es sei immer nur ein begrenzter Platz vorhanden.

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„Wir haben aber nun das Anliegen der jungen Mutter zum Anlass genommen, intern noch einmal über das Problem nachzudenken. In Absprache mit allen Beteiligten wird diese bisherige Regelung mit sofortiger Wirkung gekippt. Das heißt: Wir werden unsere Impfzentren anweisen, Kinderwagen selbstverständlich mit zuzulassen“, so die Sprecherin. Ab sofort seien Impfende mit Kinderwagen in den Impfzentren zugelassen. „Ich entschuldige mich für mögliche Unannehmlichkeiten.“

Josefine Gläsel hat sich nun einen neuen Impftermin am kommenden Sonnabend in Brandenburg  an der Havel geben lassen. Nach Potsdam will sie nach ihrem Erlebnis nicht mehr. Ihr Mann passt dann auf ihre gemeinsame Tochter auf. Sie sagt: „Ich bin immer noch fassungslos und hoffe, dass das nicht noch einer anderen Mama passiert.“