Jürgen Flimm ist tot: Der Theater-Künstler, der die Welt eroberte, starb mit 81 Jahren
Jürgen Flimm, Multi-Talent und ehemaliger Intendant der Staatsoper Unter den Linden, starb 81-jährig bei Hamburg

Ein künstlerischer Wanderer hat seine letzte Reise angetreten: Der Regisseur und Intendant Jürgen Flimm ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 81 Jahren in seinem 345 Jahre alten Haus in Hamelwörden bei Hamburg. Flimm war von 2020 bis 2018 der Intendant der Staatsoper Unter den Linden, durchlebte optimistisch die endlose Sanierung im Ausweichquartier Schillertheater. Er leitete das Hamburger Thalia-Theater, die Ruhrtriennale und die Salzburger Festspiele, arbeitete an der Mailänder Scala, am Royal Opera House Covent Garden London, an der Wiener Staatsoper, an der Metropolitan Opera New York und wagnerte bei den Bayreuther Festspielen.
Lesen Sie auch, warum Daniel Barenboim nicht mehr Generalmusikdirektor der Staatsoper sein wird >>
Karriere-Beginn hinter dem blauen Vorhang des Kasperletheaters
2012 berichtete er dem Berliner KURIER, dass seine Bühnenkarriere früh begonnen hatte. Als Kind stand das Kasperletheater (mit blauem Vorhang) auf dem Dachboden. Der kleine Jürgen schrieb Geschichten für die Puppen, besetzte Freunde für die Rollen. Den Kasper gab es damals noch. Er wachte über die 3000 Bücher der Bibliothek in Flimms Haus: „Er liegt neben Goethe.“
Irgendwann sterbe ich leider.
Jürgen Flimm, Intendant, Regisseur, Schauspieler
Seine Geduld wurde schwer geprüft. „Ich will nicht unbegrenzt hierbleiben!“, sagte er damals über das 2010 angetretene Bühnenexil der Oper in der Charlottenburger Bismarckstraße. „Irgendwann sterbe ich leider – ich bin 71! Das Gebäude gehört Berlin, wenn wir bleiben müssen, bleiben wir. Aber nicht bis ans Ende aller Tage, das wäre ja furchtbar. Wir sind nicht unglücklich hier, es ist ein sehr schönes Haus, aber wir wollen schon zurück. Wenn die Staatsoper dann fertig wird, wird es eines der modernsten Theater der Welt. Dann werden wir das alles hier schnell vergessen, diese Querelen.“
Die dauerten dann noch weitere fünf Jahre, aber die Voraussage stimmte: Das Haus ist toll geworden.

Lesen Sie auch, warum am Schillertheater ein Flohmarkt stattfand >>
Olaf Scholz preis Flimms großes Herz und seine Zuversicht
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdigte Flimm, der quasi nebenher noch für Film und Fernsehen Regie führte und selbst schauspielerte. „Ob Theater, Oper, TV oder Kino – Jürgen Flimm hat die Bühnen als Regisseur und Intendant erneuert und geprägt, sein großes Herz, seine Zuversicht und sein feiner Humor werden nun fehlen.“
Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) schrieb auf Twitter: „Obwohl in der ganzen Welt künstlerisch zuhause und beruflich mit vielen deutschen Bühnen verbunden, strahlte er immer das offene und humorvolle Naturell seiner rheinischen Heimat aus. Gerade sein Humor und seine Offenheit machten Jürgen Flimm in meinen ersten Jahren als Senator zu einem engen Berater und guten Freund.“
Der Intendant des Hamburger Thalia-Theaters, Joachim Lux, sprach von einem leidenschaftlichen Theatermenschen. „Jürgen Flimm war einer der herausragenden Intendanten der Republik, kunstsinnig, schlitzohrig und publikumsverliebt. Er hat sich vor sein Thalia geworfen wie ein Löwe, wann immer es notwendig war, und das war nicht selten. In Köln wie in Hamburg ermöglichte er immer wieder Künstler, die seinen eigenen beträchtlichen Ruhm sogar noch überstrahlten – dazu gehört Größe.“
Hamburgs Thalia-Theater: Unter Flimm bestbesuchte Bühne Deutschlands
Am 17. Juli 1941 als Kind einer protestantischen Ärztefamilie in Gießen geboren, studierte Flimm in Köln Theaterwissenschaft, Germanistik und Soziologie. Seine Regiekarriere startete er 1968 als Assistent bei Fritz Kortner und Claus Peymann an den Münchner Kammerspielen. Als Theaterleiter verdiente er sich in Köln von 1979 bis 1985 Meriten. Das Thalia-Theater machte er als Intendant zur bestbesuchten Bühne Deutschlands.