Jemand 'ne Idee fürs ICC? Der nächste Senat versucht, eine Nutzung für den leerstehenden Riesen zu finden
Seit 2014 steht das Raumschiff am Messegelände weitgehend ungenutzt herum. Der Streit um seine Zukunft dauert noch länger.

Jetzt aber! Oder vielleicht wieder nicht? Seit April 2014 ist das ICC zwischen Stadtring und Messegelände geschlossen, diente seither zeitweilig als Flüchtlings-Unterkunft und Corona-Impfstation. Weil das Gebäude aber unübersehbar ist, seit 2019 unter Denkmalschutz steht und Geld kostet (2017 rechnete man mit 1,7 Millionen Euro Unterhaltskosten pro Jahr), will die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wieder über eine Nutzung sprechen.
Eine Milliarde DM Baukosten für das ICC
Das 1979 eröffnete, für eine knappe Milliarde Mark errichtete Internationale Congress Centrum (ICC) im Eigentum Berlins ist sanierungsbedürftig, enthält Asbest und konnte wegen hoher Betriebskosten Zeit seiner Existenz als Tagungs- und Veranstaltungsort kein Plus machen, obwohl es mit seinen 80 großen und kleinen Räumen sowie zwei großen Sälen eigentlich immer ausgebucht war. Das Ende besiegelt der TÜV wegen Baumängeln.
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Seither wurde hin und her überlegt, was man mit dem Riesen anstellen könnte. Giffey befand jetzt: „Für viele Berlinerinnen und Berliner und auch für mich ist das ICC eines der ikonischen Gebäude der Stadt.“ Es verfüge es über viel Platz und damit über viel Potenzial. „Wir werden bald im Senat darüber sprechen, wie wir das Gebäude wieder gut nutzen und weiterentwickeln können.“
ICC-Sanierung: Wer soll das bezahlen?
Nur: Das seit 2014 existierende Hauptproblem ist immer noch größer geworden – wer soll das bezahlen? Berlin allein könne das nicht.
Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos): „Die Sanierung war bisher für jeden Senat verständlicherweise ein ziemlich dickes Brett.“ Die letzte Kostenschätzung, gut 330 Millionen Euro, stamme aus dem Jahr 2012. „Das hat sich natürlich längst überlebt.“ Doch nichts zu tun, nur Unterhaltungskosten reinstopfen? „Das ist weder ökonomisch, noch wird der Stillstand dieser Architekturikone gerecht. Ich will alles dafür tun, damit wir vorankommen und dieses großartige Gebäude den Berlinern zurückgeben.

In Schwarz' Augen sollte Berlin „davon wegkommen, das ICC als Sorgenkind zu betrachten und es als das sehen, was es wirklich ist: eine große Chance für unsere Stadt. Jeder, der seinen Fuß ins ICC setzt, ist doch fasziniert.“ Im vergangenen Jahr habe die Kunstveranstaltung „The Sun Machine Is Coming Down“ regelrechte Begeisterungsstürme ausgelöst.
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Für die Nutzung des ICC gibt es viele Ideen
Begeisterung allein reiche natürlich nicht aus. „Wir brauchen für das ICC ein überzeugendes Nutzungskonzept und die notwendigen Investitionen“, sagte der Senator. Bereits 2019 habe es ein erstes Interessenbekundungsverfahren gegeben, bei dem 13 Vorschläge eingereicht worden seien – vom Kongresshotel über ein Gewächshaus.
Andere wollten es zur Berliner Zentralbibliothek machen, wieder andere zu einer Berliner Entsprechung des Pariser Kulturorts Centre Pompidou, das baulich dem ICC entfernt ähnelt und aus der gleichen Bauepoche stammt.

Die Wirtschaftsverwaltung bekommt trotz der acht Jahre Leerstand immer noch Anfrage. Deshalb bereite sie ein erneutes Konzeptverfahren vor. Senator Schwarz „Wir werden Eckpunkte vorschlagen, die zunächst politisch mit dem Senat und Abgeordnetenhaus abgestimmt werden müssen.“
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Pariser Vorbild für die Nutzung des ICC
Dazu gehörten eine freie Zugänglichkeit des Gebäudes, genauso wie die Möglichkeit zur Nutzung für Kunst, Kultur, und Kongresse. „Ich habe keinen Zweifel, dass das ICC ein regelrechter Magnet werden kann, wie es das Centre Pompidou in Paris seit den 70er Jahren sehr erfolgreich vorlebt.“ Er hoffe darauf, dass es in ein bis zwei Jahren verbindliche Ideen und Angebote für das ICC gibt.
„Bis dann eine Sanierung beginnen kann, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass wir die ICC-Türen im Rahmen der Möglichkeiten einen Spalt aufmachen“, sagte der Senator. Ein Beispiel dafür sei die Metropolenkonferenz Q Berlin, die dort vom 15. bis 16. September mit Teilnehmern aus der ganzen Welt geplant sei.

Viel Hoffnung auf eine Lösung sollte niemand hegen. Schon in der rot-roten Koalition bis 2011, während der sich der Sanierungsbedarf immer deutlicher abzeichnete, hatten sich die damaligen Senatoren Harald Wolf (Linke, Wirtschaft) und Ingeborg Junge-Reyer (SPD, Stadtentwicklung) einen Gutachten-Wettstreit um Zustand und Zukunft des ICC geliefert.
Kein Puff im ICC ...
2018 hatte die seinerzeitige Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) für Spott gesorgt, als sie für das genannte Interessenbekundungsverfahren verfügt hatte, es dürfe im ICC keinen Puff, keine Spielbank und keinen Waffenhandel geben. Andere von ihr vorgesehene Regeln ließen die CDU-FDP-Opposition zweifeln, dass sich ein Investor finden würde, der Abermillionen in die Sanierung steckt, weil man unter Pops Bedingungen kein Geld mit dem ICC verdienen könne.