320 Meter lang, 80 Meter breit, 40 Meter hoch: Wie ein Raumschiff liegt das ICC neben dem Stadtring.
320 Meter lang, 80 Meter breit, 40 Meter hoch: Wie ein Raumschiff liegt das ICC neben dem Stadtring. dpa/Paul Zinken

Jetzt aber! Oder vielleicht wieder nicht? Seit April 2014 ist das ICC zwischen Stadtring und Messegelände geschlossen, diente seither zeitweilig als Flüchtlings-Unterkunft und Corona-Impfstation. Weil das  Gebäude aber unübersehbar ist, seit 2019 unter Denkmalschutz steht und Geld kostet (2017 rechnete man mit 1,7 Millionen Euro Unterhaltskosten pro Jahr), will die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wieder über eine Nutzung sprechen.

Eine Milliarde DM Baukosten für das ICC

Das 1979 eröffnete, für eine knappe Milliarde Mark errichtete Internationale Congress Centrum (ICC) im Eigentum Berlins ist sanierungsbedürftig, enthält Asbest und konnte wegen hoher Betriebskosten Zeit seiner Existenz als Tagungs- und Veranstaltungsort kein Plus machen, obwohl es mit seinen 80 großen und kleinen Räumen sowie zwei großen Sälen eigentlich immer ausgebucht war. Das Ende besiegelt der TÜV wegen Baumängeln.

Lesen Sie auch, welche Folgen Kabeldiebstahl für Berliner S-Bahn-Fahrgäste hat >>

Seither wurde hin und her überlegt, was man mit dem Riesen anstellen könnte.  Giffey befand jetzt: „Für viele Berlinerinnen und Berliner und auch für mich ist das ICC eines der ikonischen Gebäude der Stadt.“ Es verfüge es über viel Platz und damit über viel Potenzial. „Wir werden bald im Senat darüber sprechen, wie wir das Gebäude wieder gut nutzen und weiterentwickeln können.“

ICC-Sanierung: Wer soll das bezahlen?

Nur: Das seit 2014 existierende Hauptproblem ist immer noch größer geworden – wer soll das bezahlen? Berlin allein könne das nicht.

Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos): „Die Sanierung war bisher für jeden Senat verständlicherweise ein ziemlich dickes Brett.“ Die letzte Kostenschätzung, gut 330 Millionen Euro, stamme aus dem Jahr 2012. „Das hat sich natürlich längst überlebt.“ Doch nichts zu tun, nur Unterhaltungskosten reinstopfen? „Das ist weder ökonomisch, noch wird der Stillstand dieser Architekturikone gerecht. Ich will alles dafür tun, damit wir vorankommen und dieses großartige Gebäude den Berlinern zurückgeben.

Schön viel Platz, leider ungenutzt: Einer der beiden großen Säle des ICC. Einer hat 3000, der andere 5000 Sitzplätze.
Schön viel Platz, leider ungenutzt: Einer der beiden großen Säle des ICC. Einer hat 3000, der andere 5000 Sitzplätze. Benjamin Pritzkuleit

In Schwarz' Augen sollte Berlin „davon wegkommen, das ICC als Sorgenkind zu betrachten und es als das sehen, was es wirklich ist: eine große Chance für unsere Stadt. Jeder, der seinen Fuß ins ICC setzt, ist doch fasziniert.“ Im vergangenen Jahr habe die Kunstveranstaltung „The Sun Machine Is Coming Down“ regelrechte Begeisterungsstürme ausgelöst.

Lesen Sie auch, welche Bauwerk bald ins Wasser fällt ... >>

Für die Nutzung des ICC gibt es viele Ideen

Begeisterung allein reiche natürlich nicht aus. „Wir brauchen für das ICC ein überzeugendes Nutzungskonzept und die notwendigen Investitionen“, sagte der Senator. Bereits 2019 habe es ein erstes Interessenbekundungsverfahren gegeben, bei dem 13 Vorschläge eingereicht worden seien – vom Kongresshotel über ein Gewächshaus.

Andere wollten es zur Berliner Zentralbibliothek machen, wieder andere zu einer Berliner Entsprechung des Pariser Kulturorts Centre Pompidou, das baulich dem ICC entfernt ähnelt und aus der gleichen Bauepoche stammt.

Brücke an Maschinenraum ... Mancher Saal im ICC wirkt wie aus einem Science-Fiction-Film.
Brücke an Maschinenraum ... Mancher Saal im ICC wirkt wie aus einem Science-Fiction-Film. Benjamin Pritzkuleit

Die Wirtschaftsverwaltung bekommt trotz der acht Jahre Leerstand immer noch Anfrage. Deshalb bereite sie ein erneutes Konzeptverfahren vor. Senator Schwarz „Wir werden Eckpunkte vorschlagen, die zunächst politisch mit dem Senat und Abgeordnetenhaus abgestimmt werden müssen.“

Lesen Sie auch, warum die BVG weitermacht, was Hamburg aufgibt >>

Pariser Vorbild für die Nutzung des  ICC

Dazu gehörten eine freie Zugänglichkeit des Gebäudes, genauso wie die Möglichkeit zur Nutzung für Kunst, Kultur, und Kongresse. „Ich habe keinen Zweifel, dass das ICC ein regelrechter Magnet werden kann, wie es das Centre Pompidou in Paris seit den 70er Jahren sehr erfolgreich vorlebt.“ Er hoffe darauf, dass es in ein bis zwei Jahren verbindliche Ideen und Angebote für das ICC gibt.

„Bis dann eine Sanierung beginnen kann, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass wir die ICC-Türen im Rahmen der Möglichkeiten einen Spalt aufmachen“, sagte der Senator. Ein Beispiel dafür sei die Metropolenkonferenz Q Berlin, die dort vom 15. bis 16. September mit Teilnehmern aus der ganzen Welt geplant sei.

Das Centre Pompidou in Paris, 1977 eröffnet.
Das Centre Pompidou in Paris, 1977 eröffnet. AFP/Francois Guillot

Viel Hoffnung auf eine Lösung sollte niemand hegen. Schon in der rot-roten Koalition bis 2011, während der sich der Sanierungsbedarf immer deutlicher abzeichnete, hatten sich die damaligen Senatoren Harald Wolf (Linke, Wirtschaft)  und Ingeborg Junge-Reyer (SPD, Stadtentwicklung) einen Gutachten-Wettstreit um Zustand und Zukunft des ICC geliefert.

Kein Puff im ICC ...

2018 hatte die seinerzeitige Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) für Spott gesorgt, als sie für das genannte Interessenbekundungsverfahren verfügt hatte, es dürfe im ICC keinen Puff, keine Spielbank und keinen Waffenhandel geben. Andere von ihr vorgesehene Regeln ließen die  CDU-FDP-Opposition zweifeln, dass sich ein Investor finden würde, der Abermillionen in die Sanierung steckt, weil man unter Pops Bedingungen kein Geld mit dem ICC verdienen könne.