Jana Ferrari (44) teilt das Schicksal von 3,8 Millionen Frauen in Deutschland: „Ich bin auch mit meinem Lipödem eine schöne Frau“
Die 44-jährige Berlinerin leidet seit der Pubertät an einer Fettverteilungsstörung und musste erst lernen, ihren Körper so anzunehmen.

In der Pubertät begann das Leid. Damals bemerkte Jana Ferrari zum ersten Mal, dass ihre Beine symmetrisch nicht zum restlichen Teil ihres Körpers passen. Oben herum war sie sehr schlank, unten herum eher pummelig. Sie bekam schnell blaue Flecken an den Schenkeln und ihr Hautgewebe schmerzte schon beim geringsten Druck.
Doch es dauerte mehr als 20 Jahre, bis die 44-jährige aus Mariendorf herausfand, was die Ursache ihres Problems ist. Sie ist wie eine von schätzungsweise 3,8 Millionen Frauen in Deutschland, die unter einem Lipödem, einer Fettverteilungsstörung leiden.
„In meiner Familie wurde über meine dicken Beine oft gewitzelt. Gurkenstamper nannten sie meine Unterschenkel“, erinnert sich Jana Ferrari. Doch solche dahergesagten Sprüche bereiteten ihr tiefen Schmerz. Denn sie blickte unglücklich auf anderen Mädchen in ihrem Alter, die schlankere Beine hatten und kurze Röcke tragen konnten.
Aus Verzweiflung begann sie schon als Teenager ihre erste Diät. „Ich nahm 15 Kilo ab und mein Oberkörper wurde immer dünner, aber meine Beine waren im Vergleich dazu immer noch dick“, so die medizinische Fachangestellte.
Lipödem-Diagnose mit Anfang 20
Erst mit Anfang 20 bekam sie per Zufall eine Diagnose. Eine Freundin betrieb eine Praxis für Lymphdrainage und sprach sie vor einer Kollegin auf ihre Beine an: „Guckt Dir doch mal Janas Beine an.“ Sie selbst sei peinlich berührt gewesen, erklärt Jana Ferrari, aber auch froh gewesen, endlich den Grund ihres Leidens zu kennen.
Ein Lip-Lymphödem (umgangssprachlich: Wasser in den Beinen) diagnostizierte die Physiotherapeutin ihr 2003. Ein Glück für die junge Frau, denn mittels einer Entstauungstherapie verlor sie 1,5 Liter Flüssigkeit an den Beinen. Das Lymphödem verschwand, doch das Lipödem ist unheilbar und kann nur mit konservativer Therapie wie Lymphdrainage und Kompressionsstrümpfen eingedämmt werden.
Allerdings bietet die Liposuktion (Fettabsaugung) eine Option, dass die Symptome weitgehend und dauerhaft verschwinden. Die Kosten hierfür (ab ca. 4000 Euro) werden aber nur in schweren Fällen seit 2020 übernommen.
„Leider kennen sich bis heute nicht alle Hausärzte und sogar Fachärzte mit einem Lipödem aus“, sagt Jana Ferrari. Sie selbst sei sogar von einer Phlebologin (Gefäßspezialistin, die Red.) sogar als psychisch krank abgestempelt worden.
„Die Medizinerin hat mir gesagt, sie wird mir mal eine Überweisung für die Psychiatrie ausstellen, damit ich nicht ständig an meine Beine denke.“ Diese Aussage habe sie empört. Bei einem Lipödem bildet sich krankhaft Unterhautfettgewebe an verschiedenen Körperstellen, meistens an den Beinen (auch Elefantenbeine genannt), Arme und auch am Bauch.
Lipödem: Kaum Männer betroffen
Für Jana Ferrari kommt keine Operation infrage. „Ich habe Angst, dass sich die Fettzellen später mal an anderer Stelle meines Körpers vermehren könnten, wenn ich wieder an Gewicht zunehme“, sagt sie. Inzwischen habe sie das Lipödem auch am Unterbauch bekommen. Kaum Männer sind von der chronischen Erkrankung betroffen, die wohl genetisch bedingt ist und durch eine hormonelle Umstellung des Körpers in der Pubertät, Schwangerschaft und in den Wechseljahren entsteht.

Lipödem: Kompressionsbehandlung und Low-Carb
Die Kompressionsbehandlung und auch eine Umstellung der Ernährung, haben Jana Ferrari geholfen, ihre Druckempfindlichkeit an ihren Beinen zu lindern. „Ich ernähre mich Low-Carb, verzichte weitestgehend auf Zucker und Kohlenhydrate. Seitdem ich mein Wunschgewicht habe, hat sich auch der Umfang an meinen Beinen reduziert“, sagt sie.
Doch ein Schönheitsmakel wird ihr Lipödem ihr Leben lang bleiben. Allerdings hat sie gelernt, besser damit umzugehen. Früher habe sie immer gedacht, sie müsse sich besonders anstrengen, damit ihr Partner sie attraktiv findet und habe sich schnell abgelehnt gefühlt.
Dass sei auch in der Sexualität ein Problem gewesen, weil sie ihren Körper nicht annehmen konnte und auch sehr schmerzempfindlich an den Beinen war. „Heute weiß ich, dass ich auch mit meinem Lipödem eine schöne Frau bin und meine Kurven verleihen mir ja auch einen besondere Form der Weiblichkeit“, sagt Jana Ferrari.
Um auch anderen Frauen zu helfen, einen Weg zu finden, mit ihrer Erkrankung klar zu kommen, schreibt sie regelmäßig auf ihren Instagram-Profilen jana_ferrari_lipoedem und lipoedemheldinnen. Hilfe finden Betroffene auch beim Verein Lipödem Hilfe Deutschland.