Senat drückt auf die Abriss-Tube
Plötzlich will die Verwaltung von Sportsenator Andreas Geisel ein Gesamtkonzept vorlegen, damit im Winter die Bagger anrücken können.

Seit fast neun Jahren doktert der Senat bereits am 160 Millionen Euro teuren Umbau des Jahn-Sportparks herum. Zu einer modernen Sportstätte, die auch dem Berliner Behindertensport und dem Schulsport in Pankow und Mitte neue Möglichkeiten bietet. Das marode Jahn-Stadion soll weg. Außer einer Machbarkeitsstudie (2014), die den Bau einer neuen Arena favorisiert, wurden bisher keine weiteren Pläne vorgelegt. Doch nun hat es die Senatssportverwaltung recht eilig. Sie will endlich das längst fällige Gesamtkonzept zum Umbau noch Ende Juli vorlegen, um die 14 Millionen Euro für den Stadion-Abriss zu bekommen. Die Bagger sollen im Winter anrücken.
Mit dem Gesamtkonzept wäre der Abriss der alten Arena und der Stadion-Neubau „zu fast 100 Prozent durch“, heißt es aus der Behörde. Das Papier, das auch eine überarbeitete Machbarkeitsstudie beinhalten soll, wird zunächst die Senatsbauverwaltung erhalten, die seit Mai quasi als Dienstleister die Jahn-Sportpark-Pläne für die Sportverwaltung realisieren soll. „Nach der parlamentarischen Sommerpause wird das Gesamtkonzept den Abgeordneten zur Abstimmung vorgelegt“, sagt Sportverwaltungssprecher Tino Brabetz dem KURIER.
Warum auf einmal die Behörde so gewaltig auf die Stadion-Abriss-Tube drückt? Der Grund liegt bei Sportsenator Andreas Geisel (SPD). Denn er will, dass 2023 ein Teil der Special Olympics World Summer Games für Sportler mit Behinderungen in einer modernen Arena im Jahn-Sportpark stattfinden. Die Zeit drängt. Damit der Stadion-Neubau rechtzeitig fertig wird, müssen die Arbeiten bereits im kommenden Jahr beginnen.
Koalition kritisiert Geisels Stadion-Pläne
Doch Geisels ehrgeiziges Vorzeigeprojekt ist bereits vor Monaten ins Wanken geraten. Nicht nur Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) ist dem Vernehmen nach gegen einen Abriss des Jahn-Stadions. Auch die Abgeordneten aus den Reihen der regierenden rot-rot-grünen Koalition stehen dem Vorhaben des Sportsenators skeptisch gegenüber.
Mit ihrer Hilfe ließ schon im Dezember 2019 der Haushaltsausschuss die 14 Millionen Euro für den Stadion-Abriss im Landesetat 2020/2021 sperren. Man wolle nicht die Katze im Sack kaufen, heißt es aus den Reihen der Koalitions-Abgeordneten. „Wir können doch keine Millionen für einen Stadion-Abriss freigegeben, wenn seit Jahren die Pläne dafür fehlen, was danach hinkommt“, sagt SPD-Sportexperte Dennis Buchner. Daher wolle man die Gelder erst dann freigeben, wenn ein Gesamtkonzept vorliegt. So steht es im Landeshaushaltsplan.
Andere Vertreter der Koalition, wie der Abgeordnete Andreas Otto (Grüne), sind strikt gegen einen Abriss. Er fordert, dass die Sportverwaltung prüft, ob eine Sanierung des maroden Stadions nicht kostengünstiger als der 120 Millionen Euro teure Neubau wäre. Sportstaatssekretär Aleksander Dzembritzki (SPD) hatte gerade erst auf eine parlamentarische Anfrage von Otto erklärt, dass „auf eine weitergehende Prüfung des Erhalts ... verzichtet wurde“.
Kritische Stimmen zum Stadion-Abriss in der Koalition
Dies sei jetzt aber aufgrund der durch die Corona-Krise entstandenen Mehrausgaben im Berliner Haushalt notwendig, so Otto. „Allerdings kann eine Sanierung auch teurer als ein Neubau werden“, gibt SPD-Kollege Buchner zu Bedenken.
Dennoch, die kritischen Stimmen zum Stadion-Abriss in der Koalition mehren sich. Daher baten die Haushalts- und Sportexperten von SPD, Grüne und Linkspartei die Senatssport- und die Senatsbauverwaltung um ein Gespräch. Das Treffen fand am Dienstag im Abgeordnetenhaus bei Sportstaatssekretär Dzembritzki statt.

Das Fazit der Runde: Laut der anwesenden Senatsverwaltungen wurde nur das weitere Verfahren abgestimmt. Aus den Reihen der teilnehmenden Abgeordneten hört man deutlich Anderes. Demnach wurden mehrere Varianten für das Jahn-Stadion diskutiert. Neben Neubau oder Komplettsanierung wäre auch ein Teilerhalt der Arena möglich. Etwa, wenn man die baufällige Tribüne abreißt, dafür aber das Stadionrund und die Flutlichtanlagen saniert. Es wurde verabredet, dass es im August ein weiteres Treffen geben soll. Möglich, dass an der Runde dann auch die Senatoren Geisel und Lompscher teilnehmen, die am Dienstag aufgrund der Senatssitzung verhindert waren.
Dieses geplante Treffen könnte durchaus für die Zukunft des Jahn-Stadions entscheidend sein. Denn für die Freigabe der Abrissgelder reicht die Vorlage des nun angekündigten Gesamtkonzeptes alleine nicht aus. Das letzte Wort haben die Abgeordneten. Dafür sorgt ein Vermerk im Landeshaushalt: „Nur mit Einwilligung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses“ kann die Sperre für die Abriss-Millionen aufgehoben werden.