Die Messe Berlin in Westend: Hier sollte die ITB 2020 am Mittwoch starten.
Die Messe Berlin in Westend: Hier sollte die ITB 2020 am Mittwoch starten. Foto: Gerd Engelsmann

Berlin - Diese dramatische Nachricht versetzt  die Berliner Wirtschaft in große Sorge: Seit nun feststeht, dass die weltgrößte Reisemesse ITB in der nächsten Woche nicht stattfindet, bangen Aussteller und Unternehmen der ganzen Stadt um Umsätze in Milliarden-Höhe. Grund für die kurzfristige Absage der Messe Berlin ist die Angst vor einer Massen-Ansteckung mit dem Corona-Virus.

Olaf Hinricas (50) aus Hannover: „Ich fürchte, dass wir Messebauer vor  einer auftragslosen Zeit stehen und hoffe, dass  uns die Regierung nicht hängen lässt. Ich bin gelernter Elektriker und überlege, ob ich künftig lieber wieder in meinen früheren Job einsteigen soll.“
Foto: Eric Richard
Olaf Hinricas (50) aus Hannover: „Ich fürchte, dass wir Messebauer vor einer auftragslosen Zeit stehen und hoffe, dass uns die Regierung nicht hängen lässt. Ich bin gelernter Elektriker und überlege, ob ich künftig lieber wieder in meinen früheren Job einsteigen soll.“

Vor allem kleine selbstständige Handwerker, die einen Job auf der Messe hatten, bangen jetzt um ihre Existenz. Denn: Noch steht nicht fest, wer für die immensen Verdienstausfälle aufkommt – und ob es überhaupt Entschädigungen geben wird. Die ITB war in den vergangenen Jahren immer ein Garant für sichere   Einnahmen, natürlich vor allem   für die Aussteller. Die Reise-Branche machte auf der ITB 2019 sieben Milliarden Euro Umsatz. Dieses Mega-Geschäft   fällt dieses Jahr flach.

Schätzungen zufolge geht der Stadt nun 80 Millionen Euro durch die Lappen

„Der Frust und die Verunsicherung gerade unter uns Messebauern ist sehr groß“, sagt Stanley G. (37) dem KURIER. Das Problem, das ihn und seine Kollegen beschäftigt, sind vor allem auch die Vorleistungen, die sie schon aus eigener Tasche gezahlt haben. Der Veranstalter, die Messe Berlin, konnte sich dazu auf KURIER-Anfrage noch nicht äußern. Jede Anfrage von Betroffenen werde derzeit individuell bearbeitet, so Sprecherin Britta Wolter.

Dem selbstständigen Veranstaltungstechniker Paul E. (35) aus Friedrichshain ist aufgrund der Absage der ITB 2020  ein Schaden von rund 2000 Euro entstanden. Er hofft, dass die Geschädigten Unterstützung seitens der Politik erfahren.
Foto: Gerd Engelsmann
Dem selbstständigen Veranstaltungstechniker Paul E. (35) aus Friedrichshain ist aufgrund der Absage der ITB 2020 ein Schaden von rund 2000 Euro entstanden. Er hofft, dass die Geschädigten Unterstützung seitens der Politik erfahren.

Ums Geld bangen jetzt nicht nur die Firmen auf der Messe, darunter die 10.000 Aussteller. In ganz Berlin rechnen Hotels, Restaurants, Geschäfte und Taxi-Unternehmen mit Umsatz-Einbußen. Schätzungen zufolge hätten die 160.000 erwarteten ITB-Besucher mehr als 80 Millionen Euro in der Stadt ausgegeben. „Das Berliner Hotelgewerbe ist wahrscheinlich am schwersten betroffen“, sagt IHK-Sprecherin Claudia Engfeld dem KURIER. Aussteller und auswärtige Besucher kommen oft in Hotelketten wie Ibis, Hampton by Hilton und Motel One unter. Diese Hotelzimmer bleiben nun großenteils leer.

Nils Busch-Petersen, Chef des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, schätzt die Umsatzausfälle für den Einzelhandel auf 20 bis 25 Millionen Euro. Er sagt: „Die Konsequenzen der ITB-Absage sind noch nicht in Gänze absehbar. Bis jetzt hat die Messe ja immer stattgefunden.“ Fest steht: Im Gegensatz zu den ITB-Ausstellern, die womöglich auf Entschädigung hoffen dürfen, guckt der Handel ganz sicher in die Röhre.

ITB für Taxi-Gewerbe immer „eines der Highlights des Jahres“ gewesen

Besorgt ist auch Detlev Freutel, Chef des Taxi-Verbands Berlin-Brandenburg. Er sagt: „Wir verlieren jetzt Tausende und Abertausende Fahrten. Die Taxifahrer sind enttäuscht.“ Die ITB sei für das Gewerbe sonst immer „eines der Highlights des Jahres“ gewesen. Die Absage treffe die Branche zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt – mitten im Streit um die Konkurrenz von Fahrdiensten wie Uber (KURIER berichtete).

Für Messebauer Stanley G. (37) war alle Arbeit umsonst. „Ich hatte 80 Prozent aufgebaut, muss jetzt alles wieder abreißen“, sagt er. Hinzu käme der Verdienstausfall von fünf Tagen. Trotzdem  findet er die Absage der Messe vernünftig.
Foto: Eric Richard
Für Messebauer Stanley G. (37) war alle Arbeit umsonst. „Ich hatte 80 Prozent aufgebaut, muss jetzt alles wieder abreißen“, sagt er. Hinzu käme der Verdienstausfall von fünf Tagen. Trotzdem findet er die Absage der Messe vernünftig.

Eine ungeklärte Frage ist, ob nach der ITB-Absage jetzt weitere Großveranstaltungen in Berlin flachfallen. Unter Messebauern geht das Gerücht um, dass bis Ende Mai keine Messen mehr stattfinden sollen. Das erfuhr der KURIER hinter vorgehaltener Hand von einem Handwerker. In Gegensatz dazu hieß es gestern bei der Messe Berlin: „Die Entscheidung über die ITB betrifft keine andere unserer Veranstaltung.“

Ein Veranstaltungstechniker, der für die ITB gebucht war, sagte dem KURIER, dass es für ihn nicht der einzige Ausfall in den kommenden Wochen sei. „Ich war für eine Veranstaltung von Airbus gebucht. Sie wurde auch wegen der Seuchengefahr abgesagt.“