Corona-Schock: ITB-Absage kostet Milliarden
Händler, Messebauer und Hoteliers in Angst – sie sehen ihr Geschäft bedroht. Auch das Taxi-Gewerbe stöhnt.

Berlin - Diese dramatische Nachricht versetzt die Berliner Wirtschaft in große Sorge: Seit nun feststeht, dass die weltgrößte Reisemesse ITB in der nächsten Woche nicht stattfindet, bangen Aussteller und Unternehmen der ganzen Stadt um Umsätze in Milliarden-Höhe. Grund für die kurzfristige Absage der Messe Berlin ist die Angst vor einer Massen-Ansteckung mit dem Corona-Virus.

Vor allem kleine selbstständige Handwerker, die einen Job auf der Messe hatten, bangen jetzt um ihre Existenz. Denn: Noch steht nicht fest, wer für die immensen Verdienstausfälle aufkommt – und ob es überhaupt Entschädigungen geben wird. Die ITB war in den vergangenen Jahren immer ein Garant für sichere Einnahmen, natürlich vor allem für die Aussteller. Die Reise-Branche machte auf der ITB 2019 sieben Milliarden Euro Umsatz. Dieses Mega-Geschäft fällt dieses Jahr flach.
Schätzungen zufolge geht der Stadt nun 80 Millionen Euro durch die Lappen
„Der Frust und die Verunsicherung gerade unter uns Messebauern ist sehr groß“, sagt Stanley G. (37) dem KURIER. Das Problem, das ihn und seine Kollegen beschäftigt, sind vor allem auch die Vorleistungen, die sie schon aus eigener Tasche gezahlt haben. Der Veranstalter, die Messe Berlin, konnte sich dazu auf KURIER-Anfrage noch nicht äußern. Jede Anfrage von Betroffenen werde derzeit individuell bearbeitet, so Sprecherin Britta Wolter.

Ums Geld bangen jetzt nicht nur die Firmen auf der Messe, darunter die 10.000 Aussteller. In ganz Berlin rechnen Hotels, Restaurants, Geschäfte und Taxi-Unternehmen mit Umsatz-Einbußen. Schätzungen zufolge hätten die 160.000 erwarteten ITB-Besucher mehr als 80 Millionen Euro in der Stadt ausgegeben. „Das Berliner Hotelgewerbe ist wahrscheinlich am schwersten betroffen“, sagt IHK-Sprecherin Claudia Engfeld dem KURIER. Aussteller und auswärtige Besucher kommen oft in Hotelketten wie Ibis, Hampton by Hilton und Motel One unter. Diese Hotelzimmer bleiben nun großenteils leer.
Nils Busch-Petersen, Chef des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, schätzt die Umsatzausfälle für den Einzelhandel auf 20 bis 25 Millionen Euro. Er sagt: „Die Konsequenzen der ITB-Absage sind noch nicht in Gänze absehbar. Bis jetzt hat die Messe ja immer stattgefunden.“ Fest steht: Im Gegensatz zu den ITB-Ausstellern, die womöglich auf Entschädigung hoffen dürfen, guckt der Handel ganz sicher in die Röhre.
ITB für Taxi-Gewerbe immer „eines der Highlights des Jahres“ gewesen
Besorgt ist auch Detlev Freutel, Chef des Taxi-Verbands Berlin-Brandenburg. Er sagt: „Wir verlieren jetzt Tausende und Abertausende Fahrten. Die Taxifahrer sind enttäuscht.“ Die ITB sei für das Gewerbe sonst immer „eines der Highlights des Jahres“ gewesen. Die Absage treffe die Branche zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt – mitten im Streit um die Konkurrenz von Fahrdiensten wie Uber (KURIER berichtete).

Eine ungeklärte Frage ist, ob nach der ITB-Absage jetzt weitere Großveranstaltungen in Berlin flachfallen. Unter Messebauern geht das Gerücht um, dass bis Ende Mai keine Messen mehr stattfinden sollen. Das erfuhr der KURIER hinter vorgehaltener Hand von einem Handwerker. In Gegensatz dazu hieß es gestern bei der Messe Berlin: „Die Entscheidung über die ITB betrifft keine andere unserer Veranstaltung.“
Ein Veranstaltungstechniker, der für die ITB gebucht war, sagte dem KURIER, dass es für ihn nicht der einzige Ausfall in den kommenden Wochen sei. „Ich war für eine Veranstaltung von Airbus gebucht. Sie wurde auch wegen der Seuchengefahr abgesagt.“